Volker Mayer-LayCDU/CSU - Verteidigung
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Frau Wehrbeauftragte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal: Sehr geehrte Frau Kollegin Becker, auf was für einer Schule waren denn Sie? Hat die Waldorfschule eine neue Sprachregelung? Da haben wir irgendwas verpasst, glaube ich.
Die politische Weltlage, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, zeigt uns deutlich auf, dass wir als Deutschland, dass wir als Europa geeinter, schneller und besser werden müssen. Die USA entwickeln sich zu einer illiberalen Demokratie. Sie sind unter Präsident Trump kein verlässlicher Partner mehr. Er belächelt Europa als politisch gescheitert und betrachtet es als ökonomischen Gegner. Das amerikanische Interesse ist isolationistisch und ideologiegeleitet. Das derzeitige amerikanische Verständnis von Außenpolitik widerspricht unseren Werten und Vorstellungen; aber das ist eben ein nicht zu verleugnender Fakt, auf den wir reagieren müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Und Russland? Russland zeigt nicht erst seit dem völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine, dass es Europa als seine Einflusszone sieht. Naiv ist, wer glaubt, dass die Ukraine ein Endpunkt der russischen Bestrebungen sei. Wir befinden uns nicht mehr in einem Zustand des klassischen Friedens mit Russland. Die aktuelle Bedrohung durch Russland ist dreistufig: Erstens: politische, hybride Kriegführung unterhalb der Schwelle zum bewaffneten Konflikt; nehmen wir nur mal die Sabotageakte der Schattenflotte in der Ostsee als Beispiel. Zweitens: Destabilisierung ohne Gewaltanwendung. Drittens: Informationskriegsführung; werfen wir mal einen Blick in die sozialen Netzwerke, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Uns allen klingen die Worte des Generalinspekteurs in den Ohren, dass wir bis spätestens 2029 verteidigungs- und kriegstüchtig sein müssen, um keinen Zweifel daran zu lassen, dass man uns nicht angreifen kann. Es ist unsere Aufgabe, die Aufgabe von Regierung und Parlament, die Bundeswehr in die Lage zu versetzen, ihren Auftrag der Landes- und Bündnisverteidigung zu erfüllen. Wir müssen besser, wir müssen schneller werden. Die Zeiten von „man könnte“ und „man sollte“ sind endgültig vorbei, und zwar schon lange.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir können uns politische Unentschlossenheit nicht mehr leisten, meine Damen und Herren.
Jetzt gilt es, die größten Herausforderungen für unsere Truppe – Beschaffung, Ausrüstung und Personal – anzugehen. Bei der seit Jahren überfälligen Neuorganisation des Beschaffungswesens der Bundeswehr und der Schließung der gravierenden Ausrüstungslücken müssen wir jetzt schneller und stärker Fortschritte erreichen. Zu beschaffen ist nicht das, was ins Budget passt; zu beschaffen ist das, was die Truppe braucht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auch wenn wir nach dem Motto „boots on the ground“ Panzer, Artilleriesysteme und Flugabwehr brauchen, steht die schnelle Beschaffung von Drohnen und Drohnenabwehr deutlich im Fokus. Die Industrie kann das leisten; wir könnten es also auch anfordern.
Eine moderne, wettbewerbs- und leistungsfähige nationale wehrtechnische Industrie mit ihren Schlüsseltechnologien ist für Deutschland sicherheitspolitisch, militärisch, technologisch und auch arbeitsmarktpolitisch notwendig. Sie verhindert ungewünschte Abhängigkeiten im Rüstungssektor und ist eine zwingende Voraussetzung zur internationalen Rüstungskooperation.
Die industrielle und technologische Basis ist ein unverzichtbares Element der Glaubwürdigkeit deutscher Verteidigungspolitik. Die deutsche wehrtechnische Industrie ist ein wichtiges Gestaltungsinstrument im Rahmen der europäischen und transatlantischen Rüstungsbeziehungen. Die deutsche wehrtechnische Industrie gehört mit ihren Systemfirmen, Ausrüstern und Zulieferern zu den technologisch führenden und international anerkanntesten Innovationstreibern. Dabei handelt es sich neben einigen Systemhäusern zumeist um kleine und mittelständische Unternehmen, zum Beispiel aus der Luft- und Raumfahrt, dem Maschinen- und Anlagenbau, den KI-Häusern oder auch der Elektro- und Fahrzeugindustrie. Lassen Sie uns also die wehrtechnische Industrie von Hemmnissen befreien, liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber auch die beste Ausrüstung, die besten Systeme benötigen das befähigte Personal. Spätestens nach einem Jahr sollten wir das Prinzip der Freiwilligkeit überprüfen. Denn können wir damit die steigenden NATO-Anforderungen überhaupt erfüllen? Wie es aussieht: Nein. – Die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber muss noch mehr gesteigert werden. Menschen, die sich freiwillig melden, auch als Reservisten, müssen besser und professioneller abgeholt werden.
Und wenn wir nicht nur Lücken in der Personallage der Bundeswehr, sondern auch in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen schließen und zudem ein Wir-Gefühl, den Solidaritätsgedanken, in diesem Land wieder verankern wollen, sollten wir vielleicht auch nochmals laut über ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr nachdenken, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nur mit dem Drehen an vielen Stellschrauben können wir Menschen für einen Dienst in der Truppe animieren. Deshalb sollten wir diese Schrauben nun schnell drehen, meine Damen und Herren.
Nein, wir wollen keine Ängste schüren, nein, wir wollen um Gottes willen keinen Krieg; aber wir müssen die Wahrheit aussprechen. Wir müssen die Resilienz in allen Bereichen unserer Gesellschaft stärken, und wir müssen diese unbequeme Verantwortung übernehmen. Lassen Sie uns also loslegen!
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie sehen, der Vorsitz hat gewechselt. Ich darf Sie von diesem Stuhl aus jetzt sehr herzlich begrüßen. Es ist für mich ebenfalls das erste Mal, dass ich die Sitzung leiten darf. Ich danke für Ihr Vertrauen und im Voraus für Ihre Unterstützung. Ich hoffe, dass ich mich nicht verdrücken werde.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Linken)
Wir setzen die Debatte fort und kommen zu dem Themenbereich Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Ich darf das Wort erteilen für die Bundesregierung der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Frau Reem Alabali-Radovan, Sie haben das Wort.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7631078 |
Wahlperiode | 21 |
Sitzung | 3 |
Tagesordnungspunkt | Verteidigung |