15.05.2025 | Deutscher Bundestag / 21. WP / Sitzung 4 / Tagesordnungspunkt 2.4

Felix BanaszakDIE GRÜNEN - Finanzen und Haushalt

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Klingbeil, auch ich möchte Ihnen in aller Freundlichkeit und Ehrlichkeit eine Zusammenarbeit anbieten, so wie Sie sie umgekehrt uns angeboten haben. Seien Sie sicher: Wir als Bündnis 90/Die Grünen werden eine Opposition sein, die die Regierung an der richtigen Stelle unterstützt, die dort unterstützt, wo es richtig für das Land ist. Und wir werden die Regierung auch dabei unterstützen, einen anderen Weg zu finden, wenn der von Ihnen eingeschlagene noch nicht der richtige ist. In diesem Sinne: Auf gute Zusammenarbeit!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Ich will Sie zunächst beglückwünschen. Sie haben etwas geschafft, was gestern nicht allzu vielen gelungen ist – ich habe hingeschaut –: Bei Ihrer Rede haben tatsächlich häufig beide Koalitionspartner geklatscht. Gestern haben wir erlebt, dass Friedrich Merz eine Rede für die Unionsfraktion gehalten hat und daraufhin Matthias Miersch eine Rede für die SPD-Fraktion. Ich habe mich an vielen Stellen gestern und heute ein bisschen auch bei Ihnen, Herr Middelberg, an die Ampelzeit erinnert gefühlt – allerdings nicht an den Start, sondern eher an das Ende. Offensichtlich wohnt nicht jedem Anfang ein Zauber inne.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Quatsch!)

Ich als jemand, der die letzten Jahre Mitglied im Haushaltsausschuss war, freue mich über Ihr neues Interesse an Haushalts- und Finanzpolitik. Das ist ein spannendes Feld, auf dem man einiges bewegen kann. Haushalts- und Finanzpolitik bedeutet ja nicht einfach, so lange Excel-Tabellen hin und her zu schieben, bis am Ende null rauskommt; vielmehr ist das Finanzministerium tatsächlich ein Gestaltungsministerium, das die Möglichkeit hat, Prioritäten zu setzen.

(Uwe Schulz [AfD]: Es geht auch um Inhaltliches! – Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Beim Prioritätensetzen ist es allerdings so, dass man auch ab und an damit leben muss, nicht Everybody’s Darling sein zu können. Sie müssen sich nicht an Ihrem Vorvorgänger orientieren, der sich ja ganz wohl dabei gefühlt hat, Nobody’s Darling zu sein. Aber Sie werden in der Koalition, vielleicht auch in der eigenen Partei, doch auch in den einen oder anderen Konflikt gehen müssen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei, solche Konflikte gut für dieses Land aufzulösen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deutschland steht in der Tat vor sehr, sehr großen Herausforderungen. Diese Herausforderungen sind nicht kleiner dadurch geworden, dass wir zu Beginn dieser Wahlperiode – ehrlicherweise ja zum Ende der letzten – sehr gerne mit die Möglichkeit gegeben haben, das Geld zu mobilisieren, das jetzt investiert werden muss in eine Infrastruktur, die hält, was sie verspricht; in eine Schieneninfrastruktur, die dafür sorgt, dass Fahrpläne nicht nur grobe Orientierungen sind, sondern ein verlässlicher Hinweis darauf, dass man mit der Bahn auch ankommt, wenn man einsteigt; in eine Infrastruktur, die dafür sorgt, dass Brücken auch befahren werden können, wenn man mit dem Auto unterwegs sein will.

Aber ehrlicherweise habe ich heute festgestellt, dass, genau wie vor einigen Wochen, ein Thema in all Ihren Investitionsplänen weiterhin eine untergeordnete Rolle spielt, nämlich die Investitionen in den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Ich habe noch mal versucht, mich in die Situation im Februar und im März hineinzuversetzen, als Sie eine lange Liste von Dingen aufgeschrieben hatten, wofür die 500 Milliarden Euro, die an neuem Sondervermögen geschaffen wurden, ausgegeben werden sollen. Vermutlich saßen Sie irgendwo zusammen und dachten sich: Irgendwas fehlt da doch noch, irgendwas. – Ach, der Klimaschutz! Stimmt. Gut, dass die Grünen mich daran noch mal erinnert haben.

Sie können sich sicher sein, dass wir Sie auch in den nächsten Jahren daran erinnern werden, dass mit dem Geld, das Sie jetzt zur Verfügung haben, auch eine Verantwortung einhergeht;

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

eine Verantwortung, dieses Land aufzustellen für die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft; eine Verantwortung, unsere Verteidigungsfähigkeit, ja, unsere Friedensfähigkeit damit zu sichern; eine Verantwortung, Klima-, Umwelt- und Naturschutz mit dem Geld zu hinterlegen, das es braucht, damit unsere Kinder und Enkel noch einen lebenswerten Planeten vorfinden können, und, ja, auch eine Verantwortung dafür, dass der Reichtum in unserer Gesellschaft gerechter verteilt ist, als wir das bisher erlebt haben. Ich war überrascht, dass Sie dazu gerade als Sozialdemokrat nichts gesagt haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Klingbeil, Sie haben ja nicht nur diese Aufgabe übernommen. Sie haben sich auch dazu entschieden, in Ihrer Partei eine zentrale Rolle zu übernehmen. Mein Wunsch und meine Bitte sind, dass Sie dieses Amt als Finanzminister nicht als Nebentätigkeit begreifen und dass zwischen zwei Landesparteitagen vielleicht ab und an die Zeit bleibt, sich mit Cum-Cum und Cum-Ex zu beschäftigen

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und tatsächlich das Geld einzutreiben, das verloren gegangen ist.

(Kay Gottschalk [AfD]: Das ist geklaut worden, Herr Kollege!)

Ob die Rückkehr der Sozialdemokratischen Partei ins Finanzministerium dafür ausschließlich hilfreich ist, werden wir sehen. Sie können sich sicher sein: Wir helfen gerne dabei mit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Wir werden in den nächsten Jahren auch dafür sorgen müssen, dass dieses Land wieder mehr zusammenwächst. Sie haben gerade viele Botschaften mitgebracht, die ich teile, die wir teilen: dass Deutschland sich in einer Phase der Polarisierung befindet, dass wir befürchten müssen, dass unsere Demokratie von innen ausgehöhlt wird, von innen bekämpft wird. Seien Sie sicher, dass Sie uns da an Ihrer Seite haben. Aber nehmen Sie bitte auch mit, dass auch das eine Frage der Finanzen ist.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Aha! – Dr. Alice Weidel [AfD]: Bitte eine Zahl! Bisher keine einzige Zahl!)

Leider, leider, leider ist es in Zeiten der Ampel nicht gelungen, alle Herausforderungen aufzugreifen,

(Zuruf der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD])

die mit Inflation, mit Energiepreissteigerungen, mit den großen wirtschaftlichen Herausforderungen einhergegangen sind. Sie haben jetzt die finanziellen Möglichkeiten.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Bisher keine einzige Zahl!)

Wenn am Ende dieser Wahlperiode der Klimaschutz, die wirtschaftliche Gesundung und der soziale Zusammenhalt nicht geglückt sind, dann ist es nicht am Geld gescheitert, sondern am fehlenden politischen Willen

(Zuruf der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD])

oder an der fehlenden politischen Einigkeit in der Koalition. Ich wünsche mir, dass es Ihnen gelingt, dass Sie wunderbar getragen werden. Von guten Freunden sind Sie ja jetzt schon treu und still umgeben.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dann rufe ich die nächste Rednerin auf: für die Fraktion Die Linke Frau Ines Schwerdtner. Es ist ihre erste Rede.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7631121
Wahlperiode 21
Sitzung 4
Tagesordnungspunkt Finanzen und Haushalt
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