Stefan NackeCDU/CSU - Arbeit und Soziales
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Koalitionsvertrag haben Union und SPD den Grundstein gelegt für die Regierungsarbeit in den kommenden vier Jahren. So wie beim Hausbau von der Grundsteinlegung bis zur Fertigstellung viel Disziplin, Geduld und Hingabe nötig sind, braucht es genau diese Fähigkeiten, um am Ende dieser Legislaturperiode folgende drei Dinge sagen zu können:
Erstens. Junge Menschen realisieren ihre Berufswünsche, qualifizieren sich und steigen ein in den Prozess des lebenslangen Lernens.
Zweitens. Ältere sehen ihr Potenzial, aus eigener Motivation ein wenig länger im Erwerbsleben zu bleiben und ihre Erfahrungen einzubringen und weiterzugeben.
Drittens. Ausländische Fachkräfte entdecken ihre Lebensperspektive in Deutschland, packen an, fühlen sich bei uns und mit uns wohl.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen wir das Ampelgehampel hinter uns, und starten wir etwas demütiger
(Dr. Tanja Machalet [SPD]: Ach, das muss jetzt aber nicht sein! – Claudia Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war jetzt wenig demütig!)
als Arbeitskoalition mit Sachverstand und Pragmatismus! Im Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ haben wir gesagt, was wir machen wollen. Nun geht es darum, wie wir es machen wollen und wie wir darüber debattieren.
Eine aktuelle, im April 2025 veröffentlichte Civey-Umfrage mit 5 000 Befragten ergab: Die Deutschen sorgen sich vor einem finanziell unsicheren Ruhestand. Zwei Drittel der Menschen glauben nicht, dass ihre gesetzliche Rente im Alter ausreichen wird. Unter den Wählerinnen und Wählern am linken und rechten Rand sind es sogar 80 Prozent. Das sind alarmierende Zahlen.
Unsere Aufgabe ist es nun, unsere politischen Ideen so umzusetzen, dass die Menschen die berechtigte Hoffnung haben dürfen, dass sich ihr Leben zum Besseren wendet. Dafür müssen wir jetzt Rentenpolitik machen – für die nächsten 15 Jahre; für längere Zeiträume sind Prognosen unseriös. Jede Politikergeneration hat die Aufgabe, hier auf die Entwicklung zu reagieren und für Stabilität und Sicherheit zu sorgen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich warne vor Populismus in der Rentendebatte. Wer in Zeitungsinterviews die Einbeziehung von Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung vorschlägt, sollte sich vorher bei den Landesfinanzministerien erkundigt haben, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass deren Haushalte in der Lage sind, aus beamteten Lehrern und Polizisten Angestellte zu machen.
(Ricarda Lang [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das klingt fast nach „Ampelgehampel“, wie Sie damit umgehen! – Gegenruf des Abg. Peter Aumer [CDU/CSU]: Nach Fakten!)
Wir müssen eine transparente, ehrliche Debatte über die Finanzierung der Rentenversicherung führen, Stichwort „nicht beitragsgedeckte Leistungen“. Die Höhe der Bundeszuschüsse ist kein Maßstab für Erfolg oder Misserfolg des umlagefinanzierten Rentensystems. Die Bundeszuschüsse sind Ausdruck des politischen Willens. Wir alle haben die Leistungskataloge, die damit finanziert werden, gemeinsam beschlossen.
Die Rente hat als Alterssicherung die Funktion, wegfallendes Erwerbseinkommen zu kompensieren, das aufgrund fortgeschrittenen Alters am Arbeitsmarkt nicht mehr erzielt werden kann. Wenn die Rentenkommission, auf die wir uns im Koalitionsvertrag geeinigt haben, ihre Arbeit aufnimmt, muss sie die Funktionsfähigkeit aller Sozialversicherungen in den Blick nehmen: die Absicherung der allgemeinen Lebensrisiken durch Alter, Krankheit und Pflegebedürftigkeit. Anreizstrukturen müssen so gesetzt sein, dass sie dem Zweck unserer Sozialversicherungen dienen und ihm nicht zuwiderlaufen. Ich denke dabei zum Beispiel an die Themen „Frühverrentung“ und „Rentenabschläge“.
Als Rentenpolitiker der Union und Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe sage ich ganz deutlich: Unionssozialpolitik ist vorrangig Sozialversicherungspolitik. Das ist die besondere Architektur des deutschen Sozialstaats: Trotz KI und Automatisierung bleiben wir primär eine Arbeitsgesellschaft. Arbeit ist Ausdruck von Menschenwürde.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Annika Klose [SPD])
Der zentrale Wert ist die Leistungsgerechtigkeit. Soziale Sicherheit organisieren wir in Deutschland durch Versicherungslogik, Stichwort „Äquivalenzprinzip“. Das ist die besondere Qualität des deutschen Sozialstaats: Wer Beiträge zahlt, erwirbt Ansprüche. Wer Leistungen in Anspruch nimmt, ist kein Almosenempfänger; er hat sich diese selbst erwirtschaftet.
Zur Leistungsgerechtigkeit gehört aber auch, dass jede Generation ihren Beitrag leistet. Das gilt nicht nur für die Einnahmenseite, sondern auch für die Ausgabenseite. Eine einseitige Sicht verbietet sich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer ein Haus baut, schafft Platz für Neues; er muss aber auch mit Unwägbarkeiten rechnen. Auch die muss man meistern, und die werden wir meistern. Der Grundstein der Arbeitskoalition ist gelegt. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass mit den richtigen Reformen unsere Sozialversicherungen am Ende auf Stein und nicht auf Sand gebaut sind!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich darf nun für Bündnis 90/Die Grünen Dr. Armin Grau das Wort erteilen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/cvid/7631252 |
Wahlperiode | 21 |
Sitzung | 4 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |