Stephan PilsingerCDU/CSU - Gesundheit
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man mit den Krankenkassenvertretern spricht, dann sagen die einem schlichtweg ganz kurz und knapp: Es ist kein Geld mehr da, und die Liquiditätsreserve ist bis auf ein Minimum abgeschmolzen. Ohne den Bundeszuschuss von 800 Millionen Euro – da hat der Kollege Dahmen recht – hätte kleineren Krankenkassen durchaus die Insolvenz drohen können. Deswegen ein Dank an die Ministerin für dieses beherzte Eingreifen. Es war notwendig, jetzt kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, um die Stabilität der Krankenkassen in Deutschland zu schützen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, bei aller Wichtigkeit des Gesundheitssystems darf man bei dieser ganzen Debatte die Kostenfrage nicht außer Acht lassen. Wir hatten 2022 pro Patient Ausgaben im GKV-System in Höhe von 3 923 Euro, 2023 waren es 4 126 Euro und 2024 4 388 Euro. Die Gesamtausgaben der GKV betrugen 327 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Staatsausgaben von Belgien lagen laut Statista im Jahr 2024 bei 334 Milliarden Euro. Das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen: Wir geben für unser Gesundheitssystem so viel Geld aus, wie die gesamten Staatsausgaben Belgiens betragen, ein westeuropäisches Land, das mit 12 Millionen Einwohnern durchaus im Mittelfeld der europäischen Staaten angesiedelt ist.
Meine Damen und Herren, bei all den Ausgaben muss man auch im Blick behalten, wie denn die Kostenentwicklung wäre, wenn wir jetzt nicht eingreifen. Wir hätten Kostensteigerungen von 1,2 Prozent Beitragspunkten im Krankenkassensystem und von 0,5 Prozent im Pflegebereich. Das wäre eine massive Kostensteigerung. Man muss darüber nachdenken, wie man diesen Kostenanstieg dämpfen kann. Wenn man mit Wirtschaftsexperten spricht, dann sagen die einem, dass die Lohnnebenkosten in Deutschland ein großes Problem für unsere Wettbewerbsfähigkeit sind. Ohne entsprechende Arbeitsplätze in der Zukunft werden wir in Deutschland keine Einnahmen in der Pflegeversicherung und in der Krankenversicherung haben, um deren Kosten auch in der Zukunft finanzieren zu können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, es gibt verschiedene Lösungsansätze. Ich freue mich in der nächsten Wahlperiode darauf, wenn wir diese hier gemeinsam im Parlament diskutieren werden. Aber wenn ich mir die Redner der Opposition anhöre, dann sage ich Ihnen: Wir sind hier nicht bei „Wünsch Dir was“. Ich habe natürlich ein gewisses Verständnis dafür. Wenn man mit guten Vorsätzen aus der Opposition kommt und dann feststellt: „Es ist kein Geld da“, dann versteht man natürlich, was die Kollegen in der Opposition aktuell bewegt. Aber sie machen es sich zu leicht.
Ich denke, wir müssen darüber nachdenken, wie wir unser Gesundheitssystem langfristig weiterentwickeln können. Man kann über die Bilanz von Karl Lauterbach geteilter Meinung sein, aber er hat in einem Punkt völlig recht: Wir geben sehr viel Geld für unser Gesundheitssystem aus, aber der Output passt nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Gerade an verschiedenen Parametern – Lebenserwartung und auch andere Voraussetzungen – sehen wir: Wir geben sehr viel Geld aus, aber die Bilanz, das, was am Ende herauskommt, ist nicht zufriedenstellend. Deswegen muss ich Ihnen sagen: Wir haben kein reines Einnahmen- und Ausgabenproblem, wir haben in unserem deutschen Gesundheitssystem auch ein Effizienzproblem, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Albert Stegemann [CDU/CSU]: So ist es!)
Deshalb brauchen wir eine Gesundheitspolitik, die echte Strukturreformen angeht; Herr Kollege Dahmen, ich gebe Ihnen da vollkommen recht. Da sind aus meiner Sicht verschiedene Punkte sehr wichtig.
Erstens: das Thema Prävention. Wir geben nur 3 Prozent der Gesamtausgaben des GKV-Systems für Prävention aus. Ich sage Ihnen: Prävention spart langfristig Kosten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zweitens. Wir brauchen mehr Qualität und Effizienz. Wenn man Patienten fragt, wo sie sich die Hüfte machen lassen, dann sagen sie oft: Im Krankenhaus vor Ort. Ich sage Ihnen: Wir brauchen auch mehr Bündelung. Wer nämlich mehr Operationen macht, der kann das auch besser.
Herr Abgeordneter, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage von Bündnis 90/Die Grünen.
Ja, natürlich.
Herzlichen Dank, Herr Pilsinger. – Sie haben das Wort „Prävention“ kurz angesprochen. In der letzten Legislatur haben Sie ja unter anderem im Gesundheitsausschuss das Thema „Drogen- und Suchtpolitik“ bearbeitet. Das ist tatsächlich ein Thema, zu dem die Ministerin nichts gesagt hat und das auch im Koalitionsvertrag sehr dünn behandelt wird. Von daher würde mich schon interessieren, wie Ihre Linie in der Drogen- und Suchtpolitik im Gesundheitsbereich in dieser Legislaturperiode aussehen wird.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Frau Kollegin, vielen Dank für die Zwischenfrage. – Ich glaube, Prävention im Drogenbereich ist sehr wichtig.
(Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alkoholwerbeverbot zum Beispiel!)
Gerade Menschen, die drogensüchtig sind, brauchen unsere Hilfe. Sie dürfen nicht ausgegrenzt werden, sondern die Gesellschaft muss sich um sie kümmern. Deswegen ist es uns wichtig, dass wir alle miteinbeziehen.
(Zuruf der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Alkoholsüchtige Menschen oder auch andere Drogensüchtige dürfen nicht an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt werden, sondern man muss ihnen helfen. Man muss ihnen die Möglichkeit bieten, auch wieder in die Mitte der Gesellschaft zu kommen. Deswegen bin ich Ihnen sehr dankbar, dass Sie das Thema aufgeworfen haben.
Wissen Sie, man kann nicht alles in den Koalitionsvertrag schreiben, was einem am Herzen liegt. Aber das Thema „Drogen- und Suchtpolitik“ liegt mir sehr am Herzen, und wir werden es in der nächsten Wahlperiode – da bin ich mir sicher –
(Martin Sichert [AfD]: Aber nicht in dieser?)
auch nicht aus dem Blick verlieren. Wir arbeiten mit Ihnen natürlich sehr gerne zusammen, um in Deutschland etwas in die richtige Richtung zu bewegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich muss zum Ende kommen, ich möchte aber noch eins sagen: Wir müssen über das Thema „Priorisierung und Steuerung“ nachdenken. Wir haben da verschiedene Projekte vor uns. Aber eins dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren: das Thema Eigenverantwortung. Ich war in den Koalitionsverhandlungen mit dem alten Sozialpolitiker Karl-Josef Laumann. Er hat da gesagt – und das nehme ich für diese Wahlperiode mit –: Für große Probleme brauchen wir große Solidarität, um kleine Probleme muss man sich auch selber kümmern. – Das muss unser Grundsatz sein. Wir haben eine super Koalition, eine super Ministerin und superspannende Aufgaben. Ich freue mich darauf, dass wir diese in der nächsten Wahlperiode
(Zurufe von der AfD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
gemeinsam lösen.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich gehe im Interesse des Abgeordneten mal davon aus, dass wir gemeinsam von dieser Wahlperiode sprechen.
(Dr. Stephan Pilsinger [CDU/CSU]: Ja! Oh ja!)
Ich darf aufrufen für die AfD-Fraktion Herrn Thomas Dietz.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7631284 |
Wahlperiode | 21 |
Sitzung | 4 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |