Ralph BrinkhausCDU/CSU - Digitales und Staatsmodernisierung
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal einen ganz, ganz herzlichen Glückwunsch an Herrn Dr. Wildberger zu dem neuen Amt! Wir wünschen Ihnen das notwendige Glück, aber auch die Durchsetzungskraft und das Beharrungsvermögen, die man für diese Aufgabe braucht. Herzlichen Glückwunsch auch an uns alle! Das haben Gott sei Dank alle Rednerinnen und Redner hier gesagt: Es ist super, dass wir jetzt ein Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung haben. Ehrlicherweise hätte ich mir den Titel gerne umgekehrt gewünscht, weil „Digitales“ ja ein Teil der Staatsmodernisierung ist. Aber wir haben jetzt dieses Ministerium, und dieses Ministerium hat eben nicht nur ein Türschild, sondern tatsächlich auch Kompetenzen: Es hat Gestaltungsspielraum und einen Gestaltungsanspruch. Sie können sich sicher sein, dass die meisten Abgeordneten, die in diesem Saal sitzen, einen ebensolchen Gestaltungsanspruch haben wie Sie, Herr Minister.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es war aber auch überfällig, dass wir dieses Ministerium bekommen; denn die Mängel in der Staatsmodernisierung und in der Digitalisierung haben dazu geführt, dass wir auf internationalem Parkett an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, was ganz schlecht für eine Exportnation ist, wie Deutschland sie ist. Wir mussten uns überlegen: Kriegen wir die ambitionierten Großprojekte, die uns alle am Herzen liegen, überhaupt ohne Staatsmodernisierung und vernünftige Digitalisierung durch? Da geht es um die Verteidigungsfähigkeit des Landes, die Steuerung der Migration, aber vor allen Dingen auch um den Kampf gegen den Klimawandel. Dafür brauchen wir mehr.
Wenn Sie noch ein Argument benötigen, warum wir dieses Ministerium brauchen, dann ist das unsere Demokratie. Ja, wir machen hier Demokratieförderung. Die Menschen verlieren Tag für Tag Vertrauen in unser Land, weil dieser Staat, der im Übrigen besser funktioniert, als wir es manchmal meinen, eines macht: Er vergiftet jeden Tag durch ganz kleine Dinge unser Leben: durch das Antragsformular, das keiner versteht, durch langwierige Genehmigungsverfahren, durch die ewige Baustelle. Da sind Probleme im sozialen und Pflegebereich, an denen die Menschen verzweifeln. Jeder dieser einzelnen Punkte mag für sich klein sein, aber er bestimmt den Alltag der Menschen. Ich hatte neulich das Erlebnis, dass mir ein Vater gesagt hat: Es ist gut, dass ihr über die große Weltpolitik redet. Aber mein Problem ist morgens um 7 die WhatsApp aus der Kita, in der es heißt: Der kleine Paul kann heute wegen Personalmangel nicht kommen. – Das sind die Dinge, die die Menschen in den Extremismus oder zumindest zu den extremistischen Parteien treiben. Deswegen ist es gelebte Demokratieförderung, wenn wir an dieser Stelle besser werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie haben ja eine Latte an Aufgaben im Bereich Digitalisierung – Sie haben sie genannt, Herr Minister –, aber wir haben auch viel im Bereich Staatsmodernisierung zu tun. Bei der Staatsmodernisierung können wir natürlich sagen: Wir betreiben jetzt mal Bürokratieabbau. – Ja, aber das ist genauso richtig, wie es auch falsch ist; denn Bürokratie ist ein Symptom eines Staates, der nicht funktioniert, aber nicht die Ursache. Die Ursache liegt tiefer. Wir sind nicht in der Lage, ziel- und wirkungsorientiert zu arbeiten, weder in der Verwaltung noch in der Politik. Wir haben Probleme, vernünftig mit unserem Geld umzugehen, und, jetzt mal ganz ehrlich – schauen wir uns in die Augen –, wir haben auch Probleme, gute, praktikable und umsetzbare Gesetze zu machen. Wenn das so ist, dann brauchen wir uns auch nicht zu wundern, dass die Strukturen, die die Menschen täglich beim Staat erleben, einfach nicht passen, weil sie sich an historischen Gegebenheiten – das betrifft Bundesländer, Kommunen, Regierungspräsidien, Landschaftsverbände – orientieren und eben nicht an dem Menschen und seinen Bedürfnissen. Deswegen ist es sehr wichtig, dass wir bei dem Thema Staatsmodernisierung tiefer greifen.
Ich glaube, der Schlüssel zu dem Ganzen ist etwas, das uns bisher nur sehr schlecht gelungen ist, nämlich der Aufbau von Vertrauen. Haben wir als Staat wirklich Vertrauen zu den Menschen, oder misstrauen wir ihnen? Ist staatliches Handeln davon geleitet, dass wir den Menschen nichts zutrauen? Oder ist staatliches Handeln davon geleitet, dass wir an die Menschen in diesem Land glauben? Ich meine, wir müssen wesentlich mehr an die Menschen in diesem Land glauben und dieses Vertrauen immer wieder, Tag für Tag, in das Verwaltungshandeln und auch in die Digitalisierung – die Punkte sind gerade von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern angeführt worden – einbringen.
Es besteht eine Gefahr bei diesem Ministerium, nämlich dass jetzt alle sagen: Digitalisierung, Staatsmodernisierung, Bürokratieabbau – dafür haben wir Dr. Wildberger, dafür sind wir nicht mehr zuständig. – Aber Staatsmodernisierung und Digitalisierung ist Führungsaufgabe für jedes Ministerium, ist Führungsaufgabe für jeden Minister, insbesondere, Herr Weimer, für das Bundeskanzleramt. Ich erwarte, dass der Bundeskanzler seine Richtlinienkompetenz nutzt, um unser Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung zu unterstützen; denn wir erleben jetzt schon, dass ein Kampf zwischen den Häusern stattfindet: Was gibt man ab? Was behält man? Wie arbeitet man zusammen? – Wir müssen da raus aus den Silos.
Das gilt auch für uns als Parlament: Wir müssen raus aus den Silos. Wir müssen ganz viel zusammenarbeiten. Wenn ich in die Augen der Kolleginnen und Kollegen schaue, dann sehe ich, dass es viel Willen dafür gibt. Ich würde mich freuen, wenn wir in den nächsten Jahren gut zusammenarbeiten. Ich glaube, wir alle haben eines gemeinsam: Wir wollen ein besseres Land, auch wenn wir vielleicht unterschiedliche Wege dahin haben. Lassen Sie uns leidenschaftlich diskutieren, aber lassen Sie uns auch gemeinsam an guten Lösungen arbeiten!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ich darf für die AfD-Fraktion Herrn Edgar Naujok aufrufen.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7631519 |
Wahlperiode | 21 |
Sitzung | 5 |
Tagesordnungspunkt | Digitales und Staatsmodernisierung |