Sara NanniDIE GRÜNEN - Jahresbericht 2024 der Wehrbeauftragten
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Bundeskanzler! – Oh, jetzt ist er gerade wieder weg; er war aber eigentlich da bei der Debatte.
(Zuruf von der AfD: Wegen der Rednerin! – Maximilian Kneller [AfD]: Ist vielleicht was Persönliches!)
Sehr geehrter Herr Minister! Die fünf Jahre, die Eva Högl Wehrbeauftragte war, waren eine Zeit der Umbrüche. Wir haben erlebt, wie der Einsatz in Afghanistan zu Ende ging, wie der Einsatz in Mali zu Ende ging. Und wir haben den Anfang der Zeitenwende erlebt. Die Wunden nach Afghanistan und Mali sind noch nicht ganz verheilt, da stellen sich schon wieder ganz neue Fragen für die Truppe; das scheint auch im Jahresbericht auf.
Wir haben in dieser Zeit auch ein neues Kapitel im Verhältnis von Gesellschaft und Bundeswehr aufgeschlagen, und darüber bin ich sehr dankbar; Sie hatten gerade selber schon den Veteranentag angesprochen. Aber auch die Tatsache, dass wir bald mit einer ganzen Brigade nach Litauen gehen werden – morgen ist die Aufstellung –, macht einen großen Unterschied für diese Truppe.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Falko Droßmann [SPD])
Der Jahresbericht benennt neue, aber auch alte Herausforderungen. Eine aus diesem Jahr betraf die Frage, ob man es noch schafft, nachdem so schnell Neuwahlen anberaumt wurden, die Briefe mit den Wahlunterlagen rechtzeitig zur Wahl nach Deutschland zu schicken. Eine weitere betrifft die Frage, was eigentlich mit einer Brigade Litauen passiert, die zwar politisch gewollt ist, operativ aber viele Umsetzungsprobleme mit sich bringt. Wie gehen wir um mit Überstunden, die sich durch eine hohe Einsatzlast ergeben haben? Und nach wie vor ein Dauerbrenner: der Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Einsatz.
Ein anderer Dauerbrenner ist die Frage nach der Qualität der Liegenschaften.
Und das größte Problem – Sie haben es selber angesprochen – ist die Frage des Personals. Das ist die größte Herausforderung der Zeitenwende, die wir vor uns haben. Im Juni werden wir aus Den Haag offiziell die neuen Zahlen zur Truppengröße in Deutschland bekommen. Da fragt man sich wirklich: Woher sollen all diese Soldatinnen und Soldaten kommen? Ja, es ist richtig: Wir müssen Soldatinnen und Soldaten neu gewinnen, aber wir müssen auch die ertüchtigen und halten, die schon in der Truppe sind. Und eins muss klar sein: Werbung von Mund zu Mund ist die beste Werbung für die Bundeswehr.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU])
Deswegen ist der Jahresbericht, der ja auch ein bisschen eine Mängelliste ist, so wichtig. Kein anderer Organismus, der so groß ist wie die Bundeswehr, lässt sich so tief ins Innere gucken, weil der Wunsch nach Verbesserung so groß ist.
Aber ich will auch sagen: Nicht alles kann mit mehr Geld gelöst werden. Insbesondere beim Personal geht es auch ganz viel um Haltung. Es geht um die Haltung der Vorgesetzten, die eine sehr große Verantwortung dafür tragen, dass Soldatinnen und Soldaten sich wohlfühlen, dass Wehrdienstleistende sich in der Truppe wohlfühlen. Sie fühlen sich wohl, wenn es ein Raum ohne Chauvinismus und ohne Rassismus ist, in dem Kameradschaft gelebt wird, auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Falko Droßmann [SPD])
Und Soldatinnen und Soldaten fühlen sich dann wohl, wenn sie das Gefühl haben, dass Vorgesetzte sie als Mensch im Blick haben und ihre Bedürfnisse ernst nehmen.
(Zuruf von der AfD)
Jetzt komme ich zu Ihnen, Frau Högl. Das ist etwas, das Sie allen, die sich mit der Truppe beschäftigen, gut vorgelebt haben. Sie hatten ein tiefes, ernsthaftes Interesse für die Belange der Bundeswehr. Sie hatten die Neigung, ich sage mal so, uns Parlamentarierinnen und Parlamentariern und der Regierung freundlich, aber auch deutlich die Leviten zu lesen und Forderungen aufzustellen. Trotzdem ist das alles nicht zu einer Erzählung à la „Pleiten, Pech und Pannen der Bundeswehr“ verkommen. Das ist ein schmaler Grat, den Sie perfekt gemeistert haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Bleibt mir nur zu sagen: Danke für die gute Zusammenarbeit! Alles Gute für Sie persönlich! Wir bleiben dran, jetzt aus der Opposition. Wir werden die Truppe in der Breite sehen, ernst nehmen und Bürokratie, ich sage mal so, aktivieren. In diesem Sinne: Weiter geht’s!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Zu ihrer ersten Rede darf ich aufrufen für die Fraktion Die Linke die Kollegin Zada Salihović.
(Beifall bei der Linken)
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Electoral Period | 21 |
Session | 6 |
Agenda Item | Jahresbericht 2024 der Wehrbeauftragten |