Dunja KreiserSPD - Deindustrialisierung - Verbrenner-Verbot
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD bringt hier heute eine Vorlage ein mit der Behauptung, sich für die deutsche Wirtschaft einsetzen zu wollen, und benennt mit ihren vier Spiegelstrichen gerade mal einen Punkt, und das ist das angebliche Verbrenner-Aus. Das zeigt vor allen Dingen, Herr Holm, dass Sie – das haben Sie ja zu Anfang gesagt – anscheinend noch nie in einem VW-Werk waren.
Die deutsche Wirtschaft ist stark von der Automobilindustrie geprägt. 2023 erwirtschaftete diese wichtige Branche mit 4,5 Prozent einen bedeutenden Anteil am deutschen Bruttoinlandsprodukt, und das wollen wir als Koalition natürlich stärken und halten, verehrte Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Ich sage Ihnen ganz klar: Diese Vorlage ist keine Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit, sondern ein Rückfall in überholte Denkmuster. Unsere deutsche Wirtschaft geht den Weg der Transformation, zielgerichtet
(Raimond Scheirich [AfD]: … in ein Negativwachstum!)
und mit einem klaren Kurs.
Ja, unsere Wirtschaft steht vor Herausforderungen; aber die Gründe dafür liegen nicht allein in der Antriebstechnologie. Geopolitische Spannungen, Pandemie, Fachkräftemangel, Lieferkettenengpässe, eine abgeschwächte Weltwirtschaft, Klimawandel, gestiegene Energiekosten infolge von Putins Angriffskrieg und der notwendige digitale und ökologische Umbau, den Sie in Ihrer Vorlage völlig außer Acht lassen: All das sind wichtige Gründe.
In meinem Wahlkreis, in Salzgitter, sehe ich täglich, wie Transformation gelingt. Die Salzgitter AG, der Bund und das Land Niedersachsen investieren Milliarden in grünen Stahl. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass die inländische Wertschöpfung umgesetzt wird und dieser Stahl mit dem Investitionspaket in Brücken, in Schienen, in Windkraftanlagen zum Einsatz kommt – und nicht der günstige Stahl aus China.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Linken)
Deshalb werden wir Vergaberichtlinien vereinfachen und die Vergabe beschleunigen. Wir werden die Unternehmen in der Dekarbonisierung unterstützen, in Standortsicherung investieren und ein marktgerechtes Instrument für klimafreundliche Produkte schaffen. Wir machen die Stahlindustrie gemeinsam mit den Unternehmen und den Betriebsräten zukunftsfit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In meinem Wahlkreis hat einer der größten Automobilkonzerne Deutschlands mehrere Standorte: in Wolfsburg, in Salzgitter. Schon vor Jahren hat sich das Unternehmen auf den Weg gemacht, zu elektrifizieren. In der Zeit von Ministerpräsident Stephan Weil sind drei Vorstände gegangen, und die haben bei Weitem nicht gerade immer die beste Arbeit geleistet. Auch das ist eine Ursache eines fehlenden Aufschwungs. Aber das VW-Gesetz und der intensive Einsatz des Landes Niedersachsen haben dafür gesorgt, dass Schlimmeres abgewendet wurde. Der Konzern steht weiterhin auf sicheren Füßen, und das wird auch mit dem neuen Ministerpräsidenten Olaf Lies bestätigt, fest an der Seite der Beschäftigten und des Konzerns.
(Beifall bei der SPD)
Milliarden wurden investiert, Produktionsketten aufgebaut, Mitarbeitende aus- und fortgebildet. Eine eigene Batteriefertigung ist im Bau und geht bald an den Start. Und das wollen Sie mit diesem Antrag zugrunde richten.
(Enrico Komning [AfD]: Quatsch!)
Dazu kommen massive Investitionen in Circular Economy. Batterien werden künftig auch an der Batterieproduktionsstätte recycelt. Eine Zellfertigung in Salzgitter entsteht, die als Blaupause für die ganze Welt gilt.
(Lachen des Abg. Enrico Komning [AfD] – Enrico Komning [AfD]: „Blaupause für die ganze Welt“! Ich lache mich tot!)
Auch das wollen Sie mit diesem Antrag vermeiden. Autotüren werden zukünftig auch mit wertvollen Rohstoffen aus Hochvoltbatterien gefertigt. Das zeigt, wie groß die Wertschöpfungskette ist, die sich aus der Elektromobilität ergibt. Sie ist insgesamt der richtige Weg.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Franziska Hoppermann [CDU/CSU])
Es werden und müssen mehr Kleinwagen mit elektrischem Antrieb produziert werden, und zwar schnell, weil der Markt leergefegt ist und uns sonst asiatische batteriebetriebene Flotten überrollen. Wir werden aber selbstverständlich auch Technologieoffenheit ermöglichen. Wir werden noch mehr in Ladeinfrastruktur investieren.
(Enrico Komning [AfD]: Was hat denn Ladeinfrastruktur mit Technologieoffenheit zu tun?)
Hamburg ist das beste Beispiel: Elektrofahrzeuge können gebührenfrei in der Innenstadt parken. Eine steuerliche Vergünstigung für Dienstwagen wird eingeführt, die Kfz-Steuerbefreiung weiterentwickelt. Wir schaffen Entlastungen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen. Wir werden Sonderabschreibungen für E-Fahrzeuge einführen.
(Enrico Komning [AfD]: Dann fördern Sie doch nur eine Technologie! Was hat denn das mit Offenheit zu tun?)
Und Investitionen in Wasserstoff-Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge werden wir fördern.
Wir werden Voraussetzungen dafür schaffen, dass autonomes Fahren zum Regelbetrieb wird. Das stärkt insbesondere die Mobilität im ländlichen Raum.
(Beifall bei der SPD)
In der Nähe meines Wahlkreises, in Helmstedt, entsteht dazu gerade eines der ersten Testzentren für autonomes Fahren in Deutschland, errichtet durch die PTB, unsere Bundesanstalt.
Das sind die Antworten, die unsere Industrie braucht, und nicht ein Papier, dessen Tinte es nicht wert ist, in dieses Haus zu kommen.
(Enrico Komning [AfD]: Wir brauchen einen freien Markt und nichts anderes!)
Wir investieren in die Zukunft, und wir investieren in die Demokratie.
(Zuruf von der AfD: Gucken Sie doch mal in den Saal!)
Das, was Sie mit dieser Vorlage eigentlich versuchen, ist die Zerschlagung der sozialen Sicherheit. Politischer Populismus fördert Protektionismus und spiegelt auch oft die Unzufriedenheit mit der Globalisierung und deren realen Verteilungseffekten wider. Das beste Beispiel ist Großbritannien mit dem Ausstieg aus der EU. Glücklicherweise gibt es dort inzwischen erste Ansätze der Kehrtwende. Warum?
(Zuruf des Abg. Bernd Schattner [AfD])
Weil Demokraten regieren!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ein weiteres Beispiel ist das Wahlergebnis in den USA, der Erfolg von Donald Trump – ein Autokrat,
(Enrico Komning [AfD]: Guter Mann!)
der jeden Tag mit neuen, teils absurden Ideen um die Ecke kommt. Und Sie, die AfD, paktieren mit einem seiner Berater,
(Enrico Komning [AfD]: Eijeijei! Jetzt paktieren wir schon mit den USA und Russland!)
einem Mann, der nichts anderes im Sinn hat, als sein eigenes Imperium zu vergrößern. Die Bevölkerung hat er dabei nicht im Blick, kein einziges Fitzelchen, und schon gar keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
(Beifall bei der SPD)
Ihre Vorlage ist von daher irreführend. Sie ist vor allem leer von Ideen. Deshalb ist sie abzulehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Linken – Enrico Komning [AfD]: Den Redenschreiber sollten Sie rausschmeißen! – Gegenruf der Abg. Dunja Kreiser [SPD]: Ich habe meine Rede allein geschrieben!)
Die nächste Rednerin in der Debatte ist Frau Agnes Conrad, Fraktion Die Linke; es ist ihre erste Rede.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 21 |
Session | 7 |
Agenda Item | Deindustrialisierung - Verbrenner-Verbot |