23.05.2025 | Deutscher Bundestag / 21. WP / Sitzung 8 / Tagesordnungspunkt 15

Tobias WinklerCDU/CSU - 75 Jahre Mitgliedschaft Deutschlands im Europarat

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Sehr verehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Lucks, dass Sie eine Debatte, in der wir 75 Jahre Mitgliedschaft Deutschlands im Europarat würdigen wollen, so missbrauchen würden, hätte ich nicht gedacht. Wir hatten zwischenzeitlich Kontakt mit Katherina Reiche. Sie hat diese Aussage nie getätigt. Sie hat nie eine Reise nach Aserbaidschan durchgeführt. Sie hat sich so nie geäußert. Die Quelle, auf die Sie sich beziehen, ist ein azerisches Nachrichtenportal. Das sind die Einzigen, die unsere Wirtschaftsministerin durch den Kakao, durch den Dreck ziehen wollen, und Sie sind darauf reingefallen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wollen Sie sie hier infam beschuldigen? Wir erwarten von Ihnen, wir erwarten von Ihrer Fraktion: Stellen Sie das klar!

(Armin Laschet [CDU/CSU]: In dieser Debatte!)

Entschuldigen Sie sich für diesen Missgriff! Das war ein klarer Fall von Desinformation. Die Bekämpfung dessen ist genau das, für das der Europarat steht. Sie waren heute in dieser Debatte das Negativbeispiel.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der Abg. Sonja Eichwede [SPD])

Wir erwarten, dass die Entschuldigung unverzüglich erfolgt. Prüfen Sie Ihre Quellen!

Wir sehen, wie die Demokratie unter Druck gerät, allerdings in der Regel von rechts und von links. Wofür der Europarat steht, dazu wurde heute schon viel gesagt. Ich möchte ergänzen, was noch nicht angesprochen wurde: Wenn wir auf das Datum „75 Jahre Mitgliedschaft Deutschlands im Europarat“ blicken, dann müssen wir daran erinnern, dass diese Errungenschaften unseren Landsleuten in der DDR erst 40 Jahre später zuteilwurden. Als Deutschland 1950 beitrat, tat das nur die Bundesrepublik. Für die DDR, die sich nie um einen Beitritt bemühte, wäre die Tür verschlossen gewesen – aus gutem Grund, weil das SED-Regime den grundlegenden Prinzipien des Europarats widersprach. Wer diesen Unrechtsstaat heute verherrlicht, wird auch dadurch widerlegt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Doch lassen Sie mich die deutsche Perspektive erweitern und auch aus Mittel- und Osteuropa nach Straßburg blicken. Der Europarat war ein Hoffnungsträger für viele Völker und Nationen, die aus Unfreiheit kamen: für Estland, Lettland, Litauen, für Polen, die Slowakei, Rumänien, für die Ukraine. Der Europarat war oft der erste Ort, an dem diese Länder als gleichberechtigte Mitglieder in einer Gesellschaft demokratischer Staaten willkommen waren. Noch bevor sie EU-Mitglieder wurden, waren sie Teil des Europarats. Noch bevor sie wirtschaftlich aufholen konnten, wurden sie rechtlich anerkannt. Und noch bevor die eigene Demokratie widerstandsfähig war, fanden sie Schutz unter dem Mantel der Rechtsstaatlichkeit.

Der Europarat bietet aber nicht nur Schutz, sondern auch Unterstützung. Er ist eine Schule der Demokratie. Gerade deshalb gewinnt er wieder an Bedeutung. Wir sehen, wie unsere Demokratien unter Druck geraten, von innen, von außen, von links und von rechts. Auch in Europa sind rechtsstaatliche Prinzipien keine Selbstverständlichkeit mehr: politische Eingriffe in Justizsysteme, Angriffe auf die Pressefreiheit, Wahlmanipulation durch Desinformation,

(Peter Boehringer [AfD]: Fast alles aus Brüssel und Straßburg!)

Aushöhlung von Minderheitenrechten. Um es klar zu sagen: Die Angriffe auf die Demokratie kommen nicht aus der Mitte der Parlamente.

(Peter Boehringer [AfD]: Doch, genau da kommen sie her!)

Sie kommen von den politischen Rändern. Sie kommen von rechts, und sie kommen von links.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe der Abg. Peter Boehringer [AfD] und Nicole Höchst [AfD])

Wir sind ein Land, das aus eigener Geschichte weiß, wie wichtig internationale Verantwortung ist. Heute feiern wir den Tag des Grundgesetzes. In der Präambel heißt es:

„Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, […] als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, […].“

Dieser Satz genügt, um klarzustellen: Ein wahrer Patriot ist immer auch ein überzeugter Europäer.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wer dagegen nur sein Land sieht, ist ein Nationalist.

(Zuruf des Abg. Jörn König [AfD])

Und Nationalismus hat uns in den Abgrund geführt, aus dem uns vor 75 Jahren die europäische Staatengemeinschaft wieder emporgeholfen hat. Dieses Land darf nie wieder dem Nationalismus verfallen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Die Mitgliedschaft im Europarat ist ein großes Glück für unser Land und ein starkes Bekenntnis gegen diesen Nationalismus; denn Völkerrecht kennt keine Landesgrenzen. Die Würde des Menschen gilt universell, und wer Menschenrechte für andere verteidigt, schützt langfristig auch die eigene Demokratie.

Die europäische Integration ist das Fundament unseres Friedens, unserer Freiheit, unseres Wohlstands, im Europarat und in der Europäischen Union, gestern, heute und hoffentlich für die nächsten 75 Jahre. Herzlichen Glückwunsch und Gottes Segen!

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7631977
Wahlperiode 21
Sitzung 8
Tagesordnungspunkt 75 Jahre Mitgliedschaft Deutschlands im Europarat
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