23.05.2025 | Deutscher Bundestag / 21. WP / Sitzung 8 / Tagesordnungspunkt 18

Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Faire-Mieten-Gesetz

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Steffen, also, ich weiß nicht, ob Sie der Debatte gestern beigewohnt haben.

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch, ich war hier!)

Ich habe jedenfalls sehr genau zugehört, was Sie jetzt gerade gesagt haben. Sie haben der Union vorgeworfen, dass wir argumentieren würden: Der Markt regelt alles. – Ich habe gestern gesprochen, der Kollege Moser hat gestern gesprochen. Von uns hat das keiner gesagt.

Ganz im Gegenteil: Wir haben ausdrücklich gesagt: Wir wollen und wir brauchen starke soziale Leitplanken im Mietrecht, weil wir als Union davon überzeugt sind, dass wir Mieterinnen und Mietern selbstverständlich einen guten Schutz angedeihen lassen müssen.

Deswegen bitte ich Sie sehr, hier nicht mit falschen Zitaten zu kommen. Das verdirbt unsere Debatte, die wir hier wirklich sachlich miteinander führen wollen. Ich bitte Sie wirklich sehr darum, das einzuhalten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hendrik Bollmann [SPD])

Wenn wir jetzt aber mal einen Blick auf den Markt werfen – das sollten wir in der Tat tun; wir haben heute die Zahlen vom Statistischen Bundesamt zu den Fertigstellungszahlen des letzten Jahres bekommen –, dann stellen wir fest: Es wurden 252 000 Wohnungen im letzten Jahr gebaut. Das ist ziemlich wenig. Das ist viel zu wenig, wenn wir unsere Märkte wieder ausgleichen wollen. Wenn wir dann noch auf die Zahlen der Baugenehmigungen schauen, werden wir feststellen, dass diese in den letzten zwei Jahren um gut 40 Prozent eingebrochen sind.

(Zuruf der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mit dieser Situation müssen wir uns auseinandersetzen. Wenn wir jetzt immer mehr regulieren, die Standards hochschrauben und immer strenger werden, wird es am Ende nicht gelingen, mehr Wohnungen fertigzustellen und am Ende Mieterinnen und Mietern auch eine bezahlbare Wohnung anbieten zu können.

Sie konzentrieren sich nämlich immer nur auf den Bestand, auf die Regulierung. Aber die Menschen, die bei den Wohnungsbesichtigungen Schlange stehen, haben überhaupt nichts davon, wenn Sie die Mietpreisbremse verschärfen. Sie haben überhaupt nichts davon, wenn Sie einen Mietendeckel beschließen, weil von den 700 Leuten, die in der Schlange stehen, am Ende 699 nach Hause gehen und keine Wohnung haben, weil es nur diese eine Wohnung gibt.

Deswegen bitte ich wirklich: Lassen Sie uns alle miteinander starke soziale Leitplanken im Mietrecht machen und uns bitte nicht nur darauf konzentrieren, immer mehr zu regulieren! Vielmehr müssen wir mehr, schneller und kostengünstiger bauen. Das ist das Gebot der Stunde, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Jetzt will ich Ihnen mal was zur Mietpreisbremse sagen. Wir haben als Koalition vereinbart, dass wir die Mietpreisbremse verlängern wollen, weil wir sehen, dass die Märkte noch angespannt sind. Das werden wir auch tun; darüber reden wir gerade in der Koalition. Das, was Sie jetzt aber vorschlagen, ist, die Mietpreisbremse zu entfristen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hakan Demir [SPD] – Hanna Steinmüller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

– Ja, klatschen Sie ruhig! – Ich will noch mal in Erinnerung rufen: Wir haben die Mietpreisbremse 2015 ausdrücklich als befristetes Instrument eingeführt,

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war falsch!)

um einen Zeitraum zu schaffen, in dem wir mehr bauen können, in dem wir die Märkte entspannen können.

(Zuruf der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dann haben wir gesehen: Es hat noch nicht funktioniert. Deswegen haben wir die Mietpreisbremse noch einmal verlängert. Aber was ist in der Zwischenzeit passiert? Es gab einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes, das uns als Politik sehr genau und sehr konkret ins Stammbuch geschrieben hat: Diese Mietpreisbremse ist nur deshalb verhältnismäßig, weil sie als befristetes Instrument konstruiert wurde.

Wenn wir die ad infinitum verlängern würden, so wie Sie das jetzt vorhaben, dann bekommen wir arge Probleme mit Artikel 14 Grundgesetz, dem Eigentumsgrundrecht. Das wird nicht funktionieren, wenn wir die Mietpreisbremse als dauerhaftes Instrument einführen. Das wird nicht funktionieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hendrik Bollmann [SPD])

Sie gehen ja noch einen Schritt weiter. Die bestehenden Ausnahmen von der Mietpreisbremse haben Sie gerade als Schlupflöcher bezeichnet. Ich kann Ihnen sagen: Jede einzelne dieser Ausnahmen ist wohlerwogen, insbesondere was die Ausnahme für den Neubau anbelangt. Wer soll denn in unserem Land Wohnungen bauen? Wer soll denn Neubau generieren, den die Menschen wirklich dringend brauchen, wenn man immer davon bedroht ist, dass am Ende reguliert wird? Das wird nicht funktionieren, wenn Sie nicht Planungssicherheit und Investitionssicherheit geben. Deswegen ist das, was Sie machen, wirklich kontraproduktiv. Sie werden am Ende den Neubau in unserem Land abwürgen, wenn Sie – wie geplant – die Ausnahmen von der Mietpreisbremse abschaffen. Das wird es mit uns nicht geben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder eine Anmerkung der Kollegin Steinmüller von Bündnis 90/Die Grünen?

Sehr gern.

Vielen Dank, Herr Kollege. Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Luczak, wir wohnen ja beide in Berlin. Ich weiß nicht, wie Sie wohnen. Aber ich gucke immer wieder bei gängigen Immobilienportalen nach, und da fällt schon auf, dass auch in Berlin – das haben Sie gerade erwähnt – schätzungsweise ein Drittel der Anzeigen möblierten Wohnraum betrifft. Möblierter Wohnraum mag sinnvoll sein, wenn man nur temporär in der Stadt wohnt, aber er nimmt eindeutig überhand.

Sie haben gerade über die Sondertatbestände gesprochen, die wir als Schlupflöcher bezeichnen. Warum ist es aus Ihrer Sicht angemessen, dass es bei möbliertem Wohnraum überhaupt keine Preisbegrenzung gibt,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Linken)

dass man die Miete verdoppeln kann, dass nicht ausgewiesen werden muss, wie hoch der Möblierungspreis ist, und dass es eine Abschreibungsmöglichkeit gibt, weil alte Couches an Wert abnehmen? Warum ist es aus Ihrer Sicht gerechtfertigt, dass geltendes Recht – die Mietpreispreisbremse, die Sie so loben – einfach ausgehebelt wird, indem man einfach ein paar alte Möbel reinstellt, was mittlerweile der Regelfall in Berlin ist?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Frau Kollegin Steinmüller, das Gleiche wie Ihnen kann ich auch Herrn Kollegen Steffen sagen. Ich hätte zeitbedingt gar nicht mehr darauf zu sprechen kommen können; aber jetzt habe ich die Gelegenheit, dazu was zu sagen.

Sie haben gerade etwas völlig Falsches gesagt. Sie haben nämlich behauptet, dass möblierte Wohnungen nicht unter die Mietpreisbremse fallen würden.

(Hanna Steinmüller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Preis muss nicht ausgewiesen werden!)

Und das ist evident falsch. Selbstverständlich gilt die Mietpreisbremse auch für möbliertes Wohnen.

Das einzige Problem, das wir haben, ist, dass wir momentan ein Defizit haben, was die Transparenz anbelangt. Da geht es um die Möblierung.

(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das zentrale Argument!)

– Moment, das ist aber ein Unterschied. – Ihre Aussage, möbliertes Wohnen unterfällt nicht der Mietpreisbremse,

(Hanna Steinmüller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich nicht gesagt! – Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da wirkt sie nicht!)

ist falsch. Wir müssen mehr Transparenz schaffen. Wir haben im Koalitionsvertrag auch miteinander verabredet, dass wir uns im Rahmen einer Expertenkommission genau damit auseinandersetzen werden,

(Hanna Steinmüller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wir wissen es doch jetzt schon!)

wie wir mehr Transparenz auf dem Mietwohnungsmarkt beim möblierten Wohnen schaffen.

Aber – ein ganz wichtiger Punkt – natürlich gibt es gerade auch in einer Stadt wie Berlin einen Bedarf an möbliertem Wohnraum.

(Hanna Steinmüller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Drittel der Wohnungen?)

Es gibt unheimlich viele Arbeitskräfte, die für ein paar Monate nach Berlin kommen, um Projekte zu realisieren. Diese können sich nicht auf dem normalen Mietwohnungsmarkt umtun, weil sie eine vollmöblierte Wohnung brauchen, wo vom Teller bis zum Besteck alles da ist. Deswegen müssen wir klug regulieren: Umgehung der Mietpreisbremse verhindern, Transparenz schaffen, aber auch nicht das Angebot an möbliertem Wohnraum, wonach es eine große Nachfrage gibt, zunichte machen; das wird es nicht geben. Wir brauchen dieses Angebot.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lorenz Gösta Beutin [Die Linke]: Sie haben keine Ahnung von der Realität!)

Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt zur Mietpreisbremse sagen. Er betrifft die Planungssicherheit. Ich habe gerade etwas zu den Ausnahmen beim Neubau gesagt. Für Investoren, die Geld in die Hand nehmen und Neubauten – gerne auch bezahlbare – schaffen wollen, ist ganz zentral und wichtig, dass sie sich auf die Rahmenbedingungen verlassen können, die wir als Politik setzen. Wenn Sie nun die ursprünglich vereinbarte Befristung der Mietpreisbremse und Ausnahmen beim Neubau nicht mehr gelten lassen wollen, dann wird das nicht funktionieren; dann werden sich diejenigen, die Geld in die Hand nehmen und in bezahlbaren Wohnraum investieren wollen, vom Wohnungsmarkt zurückziehen. Und wer sind am Ende die Leidtragenden? Das sind die Mieterinnen und Mieter in unserem Land, die in den Schlangen bei den Wohnungsbesichtigungen stehen und dringend auf Wohnraum angewiesen sind.

Wir dürfen uns nicht immer nur auf diejenigen fokussieren, die schon eine Wohnung haben, sondern müssen auch diejenigen in den Blick nehmen, die eine Wohnung suchen, wie die Familien, die Sie gerade angesprochen haben. Deswegen sage ich noch mal: Wir müssen mehr bauen, wir müssen schneller bauen, wir müssen kostengünstiger bauen und dürfen nicht immer nur regulieren. Das führt uns nicht zum Ziel, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als Nächstes erteile ich das Wort Christoph Grimm für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7632016
Wahlperiode 21
Sitzung 8
Tagesordnungspunkt Faire-Mieten-Gesetz
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