23.05.2025 | Deutscher Bundestag / 21. EP / Session 8 / Zusatzpunkt 9

Sonja LemkeDIE LINKE - Reallabore-Gesetz

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Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Regulatorisches Lernen soll heißen, dass der Gesetzgeber durch Experimentierklauseln einfach mal Dinge in begrenztem Rahmen ausprobieren lässt und damit testet, wie Gesetze am besten aussehen sollen. Wenn man den Gesetzentwurf liest, stellt man aber fest, dass es bei diesen Experimentierklauseln immer nur darum gehen soll, Ausnahmen zuzulassen und Regulierungen abzubauen.

Aber regulatorisches Lernen müsste doch gerade darin bestehen, neue Regulierungsansätze auszuprobieren. Warum ermöglichen wir zum Beispiel nicht Kommunen, neue Ansätze zur Regulierung des Wohnungsmarkts auszuprobieren, Stichwort „Mietendeckel“?

(Beifall bei der Linken)

Wie wäre es denn mit einem Reallabor München, wo starke Regulierungen endlich Mieten wirksam senken – als Test für den Rest des Landes?

(Nicole Höchst [AfD]: Schauen Sie nach Kuba! Super Reallabor!)

Auch Modellprojekte für ein bedingungsloses Grundeinkommen oder andere soziale Verbesserungen sind aber gerade vom Gesetzentwurf ausgeschlossen. Oder wie sähe es zum Beispiel aus, wenn wir Standards erhöhen – sprich: mehr Regulation –, wenn wir Datenschutz ernster nehmen, wenn wir Softwaresicherheit ernster nehmen, wenn wir mehr betriebliche Mitbestimmung vorschreiben? Wer das alles ausschließt, der will nichts über die besten Regeln lernen, sondern stattdessen nur abbauen oder aussetzen.

(Beifall bei der Linken)

Damit betreibt man aber gerade kein regulatorisches Lernen, sondern regulatorisches Vergessen.

Es fehlt auch völlig eine strategische Ausrichtung des Lernens. Wollen wir es nutzen, um die Herausforderungen der Zukunft anzugehen, vor allen Dingen die Klimafolgenanpassung? Oder wollen wir nur völlig beliebig Standards aussetzen, weil irgendwelche Privatunternehmen irgendetwas ausprobieren wollen, wo sie sich Gewinne ausmalen, egal ob es gesellschaftlich sinnvoll ist oder nicht? Denn wir brauchen keine Experimente, um zu wissen, wie es sich ohne Regeln zu Arbeits- oder Datenschutz lebt. Wir brauchen auch keine Versuchsanordnungen, bei denen autonome Fahrzeuge oder Drohnen Unfälle produzieren und dafür niemand zur Verantwortung gezogen werden kann.

Dazu kommt: Wenn aus Experimenten valide Erkenntnisse gewonnen werden sollen, dann müssen sie wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden. Ohne wissenschaftliche Begleitung ist es kein Labor, sondern ein Spielplatz.

(Beifall bei der Linken)

Die Reallabore sollen zwar evaluiert werden, aber nirgendwo ist festgelegt, dass es sich tatsächlich um eine wissenschaftliche Evaluation handeln soll. Da reicht es dann am Ende auch, wenn die Bundesregierung oder eines der beteiligten Unternehmen sich selbst Erfolge bescheinigt.

Es braucht außerdem bei allen Verfahren die Beteiligung der Zivilgesellschaft, um alle Perspektiven miteinzubeziehen und das Gemeinwohl im Auge zu behalten. Auch das ist völlig optional.

Regulatorisches Lernen und Mut zum Experimentieren? Ja, gerne. Aber keine Reallabore ohne wissenschaftliche Begleitung und Evaluation, keine Reallabore ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft und keine Reallabore, die Standards oder Grundrechte aussetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)

Vielen Dank. – Ich erteile als Nächstes das Wort für die Bundesregierung der Parlamentarischen Staatssekretärin Frau Gitta Connemann.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

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Electoral Period 21
Session 8
Agenda Item Reallabore-Gesetz
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