23.05.2025 | Deutscher Bundestag / 21. WP / Sitzung 8 / Zusatzpunkt 10

Isabel Mackensen-GeisSPD - Aktuelle Stunde zur Dürre in Deutschland

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Minister Carsten Schneider! Wer in den letzten Tagen den gelben, verbrannten Rasen im Park gesehen hat, die trockene Erde aus dem eigenen Garten oder dem Blumenkübel auf dem Balkon in der Hand hatte

(Zuruf von der AfD: Wir verbrennen!)

oder sich mit Ackerbauern, Obstbäuerinnen oder Winzerinnen ausgetauscht hat, der spürt es ganz direkt: Wir befinden uns in einer extremen Dürrephase. Ein Blick auf den Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums zeigt das Ausmaß: Große Teile Deutschlands sind dunkelrot eingefärbt.

(Dr. Ingo Hahn [AfD]: Aber erst seit ein paar Jahren! Früher waren die Farben anders!)

Das bedeutet: extreme bis außergewöhnliche Dürre. Und laut Deutschem Wetterdienst war das Frühjahr 2025 das trockenste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

(Karsten Hilse [AfD]: Übrigens auch das kälteste!)

Das ist keine normale Wetterlage mehr. Das ist Klimawandel in Echtzeit.

(Beifall bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Auswirkungen des Klimawandels haben schon heute drastische Folgen für unserer Gesellschaft. Der Klimawandel lässt nicht nur die Mitteltemperatur steigen; viel relevanter sind die Extremwetterereignisse wie Dürren, Hitze und Starkregen.

(Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Schüren Sie doch keine Angst in der Bevölkerung!)

Die neue Realität: Entweder haben wir kein Wasser, und die Folge ist eine Dürrephase, oder wir haben zu viel Wasser, und es kommt zu Starkregen und Überflutungen.

Was wir erleben, ist ein Muster, das sich weltweit abzeichnet und bei uns konkret und spürbar wird: In der Landwirtschaft sehen wir Ertragsschwankungen oder die Ausbreitung von neuen Schädlingen wie der Schilf-Glasflügelzikade. Das kleine Insekt breitet sich durch den Klimawandel immer weiter aus und löst große Sorgen bei Bäuerinnen, gerade in der Pfalz, aus. Die Schilf-Glasflügelzikade überträgt Krankheiten, die in Rüben und Kartoffeln enorme Schäden anrichten.

Wir sehen es auch im Wald. Es gibt erhebliche Waldschäden, und durch die Dürre steigt auch das Waldbrandrisiko, wie wir es in diesem Jahr schon häufiger sehen mussten. Aus wertvoller Biomasse wird bei Hitze ein gefährliches Brennstofflager.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

– Ja, Zuhören bildet.

(Dr. Ingo Hahn [AfD]: Ist das dann keine Biomasse mehr? Das ist dann doch immer noch Biomasse!)

Für unsere Gesellschaft entstehen gesundheitliche Risiken. Hitzewellen treffen besonders Ältere und vorerkrankte Menschen. Allein 2024 hatten wir in Deutschland 3 000 Hitzetote.

Deshalb ist klar: Wir müssen jetzt entschlossen und engagiert Klimaschutz betreiben, für unsere Umwelt, unsere Wirtschaft und die Lebensgrundlagen kommender Generationen.

Ich begrüße ausdrücklich, dass unser Umweltminister Carsten Schneider die Themen Klima und Umwelt wieder ins Zentrum unserer Gesellschaft rücken wird,

(Dr. Ingo Hahn [AfD]: Das ist zu befürchten!)

als Gemeinschaftsprojekt, das sozial gerecht organisiert wird.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wie wollen wir das machen? Ein Beispiel: Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass wir die CO2-Einnahmen an die Menschen zurückgegeben werden, um die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen bei der Transformation zu unterstützen.

Der Minister hat es erwähnt: Wir bekennen uns als Koalition zu den nationalen und internationalen Klimazielen. Was wir jetzt brauchen, sind ambitionierter Klimaschutz, natürlicher Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel. An erster Stelle steht: Alle vermeidbaren Emissionen müssen wir konsequent reduzieren, Klimaschädliches verhindern und Klimafreundliches vorantreiben. Nur dort, wo Emissionen technisch unvermeidbar sind, etwa in bestimmten Bereichen der Landwirtschaft oder Industrie, darf kompensiert werden. Gleichzeitig müssen wir den natürlichen Klimaschutz gezielt stärken.

Ein Schlüssel liegt in unserem natürlichen Kapital, in den Wäldern, Mooren, Auen, Böden und Gewässern; denn intakte Ökosysteme sind die besten Klimaschützer.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Marcel Bauer [Die Linke] – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Warum holzen Sie sie dann ab? Warum werden sie abgeholzt?)

Sie binden CO2, speichern Wasser, fördern Artenvielfalt und schützen uns vor Extremwetter. Natürlicher Klimaschutz verbindet den Schutz von Klima und Natur.

Wie wichtig dieser Zusammenhang ist, zeigt uns beispielhaft der Wald. Einst ein verlässlicher Verbündeter im Klimaschutz, gerät er zunehmend unter Druck. Die letzte Bundeswaldinventur hat deutlich gemacht, dass unsere Wälder von einer CO2-Senke zu einer -Quelle geworden sind.

(Dr. Ingo Hahn [AfD]: Der Wald zu einer Quelle? Völlig absurd, was Sie da erzählen! Wer hat das aufgeschrieben?)

Besonders betroffen sind die labilen Nadelwälder, die stark unter den Folgen von Trockenheit, Stürmen und Schädlingen leiden. Seit 2018 sind rund 600 000 Hektar Schadfläche entstanden, die nun wiederbewaldet werden. Seit 2018 600 000 Hektar Schadfläche!

Um der Klima- und auch Diversitätskrise zu begegnen, müssen wir unsere Wälder zu arten- und strukturreichen Mischwäldern umbauen. Denn der klimaresiliente Mischwald ist die Voraussetzung dafür, dass unsere Wälder erhalten bleiben und auch zukünftig die Ökosystemleistungen für unsere Gesellschaft zur Verfügung stellen. Wir werden das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz fortführen. Dazu zählt auch das Förderprogramm Klimaangepasstes Waldmanagement, mit dem wir die Ökosystemleistungen des Waldes honorieren.

(Beifall der Abg. Dunja Kreiser [SPD])

Aber Klimaschutz allein reicht nicht. Wir werden in Zukunft lernen müssen, mit erhöhten Temperaturen und Wetterextremen umzugehen. Daher müssen wir die Land- und Forstwirtschaft sowie die Städte und Kommunen an die veränderten Bedingungen anpassen. In der Landwirtschaft heißt das: Humusaufbau, Anbau von tiefwurzelnden Pflanzen und Zwischenfrüchten sowie Etablierung von Agroforstsystemen.

Die Städte von morgen brauchen grüne Dächer, mehr Bäume und Grünflächen, Wasserrückhalt und weniger Bodenversiegelung. Genau dafür setzen wir unsere Klimaanpassungsstrategie um. Mit dem Sonderrahmenplan Naturschutz und Klimaanpassung unterstützen wir gemeinsam mit den Ländern gezielt die Kommunen bei der Anpassung an den Klimawandel.

Sie müssten zum Schluss kommen, bitte.

Was wir heute in den Händen halten, ist trockene Erde; was wir morgen daraus machen, liegt in unserer Hand. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, die Erde wieder fruchtbar zu machen!

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Marcel Queckemeyer [AfD]: Die Erde war noch nie fruchtbarer als heute! CO2 bringt Fruchtbarkeit!)

Liebe Kollegen, lassen Sie sich doch bitte einfach Redezeit geben, wenn Sie zusätzlich reden möchten.

Jetzt haben wir als nächste Rednerin in der Aktuellen Stunde Frau Julia Schneider. Es ist auch für sie ihre erste Rede hier.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7632059
Wahlperiode 21
Sitzung 8
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Dürre in Deutschland
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