Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Zulässige Miethöhe bei Mietbeginn
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Bezahlbares Wohnen ist für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft ein ganz zentrales Momentum. Wir alle wissen, auch aus Gesprächen mit unseren Freunden, mit unserer Familie, mit den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land, dass Wohnen mehr ist, als ein Dach über dem Kopf zu haben. Es geht auch darum, einen Raum für persönliche Entfaltung zu haben, für persönliche Freiheit. Es ist am Ende eben auch ein Stück Heimat. Deswegen ist für uns als Union ganz klar: Wir brauchen starke soziale Leitplanken im Mietrecht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Da haben wir ein gemeinsames Verständnis und auch ein gemeinsames Bekenntnis in dieser Koalition. Deswegen verlängern wir nun die Mietpreisbremse. Das setzen wir schnell um, weil wir den Menschen schnell Sicherheit geben wollen.
Aber für uns ist genauso klar, dass die Mietpreisbremse nur eine Zwischenlösung sein kann. Sie ist kein Allheilmittel. Sie wirkt schnell. Sie kann Linderung verschaffen, aber sie setzt eben nur bei den Symptomen an. Sie ändert überhaupt nichts an den Ursachen. Ich kleide das immer gerne in das folgende Bild: Wenn beispielsweise hier in Berlin eine Wohnung zur Besichtigung ausgeschrieben wird, bildet sich ganz schnell eine Schlange von 200, 300 oder 500 Menschen, die sich für diese Wohnung bewerben. Am Ende ist es egal, ob die Mietpreisbremse gilt, ob ein Mietendeckel vorhanden ist oder ob wir die bestehenden Bestimmungen noch verschärfen. Von den 500 Menschen werden 499 diese Wohnung nicht bekommen, weil es eben nur diese eine Wohnung gibt. Ich finde, das macht es so klar, so plastisch, so manifest. Wir müssen an die Ursachen ran. Wir müssen die Wohnungsbaukrise lösen. Wir müssen mehr Angebot an bezahlbaren Wohnungen schaffen. Da gehen wir jetzt ran, unter anderem mit dem Bauturbo. So kriegen wir die Probleme gelöst.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir sollten all unsere Kraft in der Koalition, aber auch in der Opposition darauf konzentrieren, die Wohnungsbaukrise zu lösen. Mit immer mehr Regulierung wird das nicht gelingen. Ganz im Gegenteil: Das ist an vielen Stellen sogar kontraproduktiv, weil wir privates Kapital benötigen. Wir werden – nicht nur wegen unserer angespannten Haushaltslage – gar nicht in der Lage sein, so viel Förderung auszuschütten, für so viel sozialen Wohnungsbau zu sorgen, dass wir das allein als Staat lösen können. Vielmehr brauchen wir private Investoren, die Geld in die Hand nehmen und bezahlbare Wohnungen schaffen. Deswegen dürfen wir Maß und Mitte nicht aus den Augen verlieren. Wohnungsbau in unserem Land muss sich lohnen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Isabelle Vandre aus der Linksfraktion zu?
Bitte, gern.
Bitte.
Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin, und auch vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter. – Ich finde es ja schon mal bezeichnend, dass die Union offensichtlich erkannt hat, dass wir ein großes Wohnraumversorgungsproblem in diesem Land haben. Ich selbst komme aus Potsdam, einem Ort, in dem die Angebotsmieten im Jahr 2023 um 31 Prozent gestiegen sind.
Die Frage, die mich interessiert, ist: Erkennen auch Sie die von Frau Lay dargestellten Schlupflöcher in der bestehenden Mietpreisbremse? Was werden Sie tun, um dagegen vorzugehen, und wird es ein soziales Wohnraumförderprogramm dieser Bundesregierung geben?
(Beifall bei der Linken)
Würden Sie bitte stehen bleiben, während Ihre Frage beantwortet wird, Frau Vandre.
Frau Kollegin, ich hatte ja gerade sehr klar gesagt, dass wir für starke soziale Leitplanken sind. Deswegen verlängern wir die Mietpreisbremse. Es ist dargestellt worden, dass wir noch andere Dinge im Koalitionsvertrag verabredet haben, über die wir miteinander sprechen werden. Es geht darum, wie wir die starken sozialen Leitplanken so ausgestalten können, dass sie auch wirken, dass wir ein starkes soziales Mietrecht haben.
Natürlich ist es so, dass es nicht sofort wirken wird, wenn wir bauen. Deswegen müssen wir schnell sein. Ich hatte den Wohnungsbauturbo angesprochen. Aber das, was Sie und auch die Kollegin Lay als Schlupflöcher in der Mietpreisbremse – ich will das ganz bewusst sagen – diffamieren, sind wohlerwogene Ausnahmen.
(Zuruf von der Linken)
Ich nenne ein Beispiel, das auch in Ihrem Antrag, über den wir heute ja ebenfalls sprechen, steht. Sie wollen die Ausnahme für die Modernisierung von Wohnungen abschaffen. Da frage ich Sie allen Ernstes: Wie wollen wir unsere Klimaschutzziele erreichen, wenn jemand, der eine Wohnung energetisch modernisiert, am Ende dafür kein Geld nehmen darf? Wie wollen wir den demografischen Wandel in unserem Land in den Griff kriegen, wenn jemand, der eine Wohnung saniert, sie alters- und seniorengerecht umgestaltet und vielleicht noch einen Fahrstuhl einbaut, damit auch ältere Menschen den Wohnraum nutzen können, dafür kein Geld nehmen kann? Wenn sich das nicht wirtschaftlich trägt, wie soll das alles funktionieren?
Das, was Sie als Schlupflöcher diffamieren, ist notwendig, um die großen Zielkonflikte, die wir in unserer Gesellschaft haben, zu lösen. Dabei geht es um bezahlbares Wohnen auf der einen Seite und auf der anderen Seite darum, die Klimaschutzziele zu erreichen und den demografischen Wandel einzuhegen. Das zusammenzubringen, das ist die Aufgabe, und das macht die Mietpreisbremse mit wohlerwogenen Ausnahmen. Deswegen werden wir an diesen Ausnahmen festhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich hatte ja gerade gesagt, dass wir mit immer mehr Regulierung nicht weiterkommen, weil das zum Teil kontraproduktiv ist.
Bevor Sie in Ihrer Rede fortfahren: Es gibt eine Zwischenfrage des Abgeordneten Bauer. Lassen Sie diese zu?
Immer gerne.
Bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielen Dank, Herr Abgeordneter, dass Sie die Frage zulassen. – Sie haben gerade die Klimaschutzziele erwähnt. Ich finde es sehr ehrenvoll von der Union, das mitzudenken. Jetzt wäre meine Frage: Wir sind ja momentan bei einem Flächenverbrauch von 50 Hektar pro Tag; das sind über 70 Fußballfelder. Wenn Ihre zentrale, Ihre einzige Lösung für das Mietenproblem das Bauen ist, wie wollen Sie bis 2030 das 30-Hektar-Ziel erreichen? Dies war erklärtes Ziel der vorherigen Bundesregierung. Gibt die Bundesregierung dieses Ziel auf, oder welche Vorschläge haben Sie, um dieses Ziel zu erreichen, wenn Sie nur auf das Bauen setzen wollen?
(Beifall bei der Linken – Zuruf von der AfD: Abschiebung!)
Herr Kollege, Ihrer Frage liegt ein fundamentales Missverständnis zugrunde. Natürlich sagen wir: Wir müssen mehr bauen. Wir müssen schneller bauen. Wir müssen kostengünstiger bauen. Natürlich wird das an vielen Stellen auch Neubau sein. Wir wollen zum Beispiel Eigentumsbildung für junge Familien. 80 Prozent der Menschen wollen in die eigenen vier Wände. Deswegen sagen wir zum Beispiel – anders als die Vorgängerregierung –: Wir finden es gut, wenn neue Einfamilienhäuser entstehen und wir den Menschen den Traum von den eigenen vier Wänden ermöglichen können. Das finden wir als Union gut.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Gleichzeitig sagen wir aber auch: Natürlich müssen wir den Bestand in den Blick nehmen. Wir müssen im Bestand nachverdichten. Wir müssen Aufstockungen und das Bauen in der zweiten Reihe ermöglichen. Das alles sind Dinge, die wir jetzt in der Koalition gemeinsam auf den Weg bringen. Die Vorschläge zu § 31 und § 34 Baugesetzbuch liegen schon auf dem Tisch.
Natürlich sehen wir, dass wir nicht unbegrenzt Flächen zur Verfügung haben. Aber die Vorstellung, dass Deutschland fertig gebaut ist und wir uns jetzt nur noch auf den Bestand konzentrieren können, trifft einfach nicht zu. Wir müssen beides machen: neu bauen, um insbesondere jungen Familien Eigentumserwerb und ein Einfamilienhaus zu ermöglichen, und im Bestand vorangehen. Genau das machen wir als Koalition.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kathrin Gebel [Die Linke]: Keine Familie kann sich Eigentum leisten!)
Ich hatte gerade schon davon gesprochen, dass immer mehr Regulierung kontraproduktiv ist, weil so der Wohnungsbau nicht gelingen kann. Es gibt aber auch verfassungsrechtliche Grenzen, die wir beachten müssen. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2019 ist ja schon angesprochen worden. Es hat uns sehr klare und durchaus enge Grenzen gesetzt. Die Befristung der Mietpreisbremse, die Ausnahmen, die hier als Schlupflöcher von den Linken diffamiert worden sind, das alles sind Punkte, die das Bundesverfassungsgericht sehr genau analysiert hat und zu denen es gesagt hat: Diese Ausnahmen sind notwendig, damit das ganze Instrument der Mietpreisbremse, welches einen starken Eingriff in die Eigentumsrechte der Vermieter darstellt, verhältnismäßig ist.
Mit der zweiten Verlängerung der Mietpreisbremse – das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahre 2019, also vor der ersten Verlängerung, entschieden – testen wir die Grenzen aus, die das Verfassungsgericht uns gesetzt hat. Nach meiner persönlichen Auffassung müssen wir im parlamentarischen Verfahren zum Beispiel über eine angeschärfte Begründungspflicht reden, also darüber, dass Kommunen und Länder, wenn sie die Mietpreisbremse noch einmal verlängern, auch darlegen, was sie getan haben, um an die Ursachen heranzugehen. Was haben sie denn getan, um Abhilfe zu schaffen? Was haben sie getan, damit mehr Wohnungen gebaut werden können? Was haben sie getan, damit mehr Bauland für den Wohnungsbau ausgewiesen wird? Was haben sie getan, um etwa das Bauordnungsrecht in den Ländern zu entschlacken? Bei all dem müssen wir als Bundesgesetzgeber auch ein paar Grenzen setzen. Das würde ich mir jedenfalls wünschen, wenn wir darüber in den Verhandlungen miteinander sprechen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Grenzen – darüber führen wir ja eine juristische Diskussion – möchte ich sagen: Die Vorstöße, die nun unternommen werden, um etwa von 2014 bis 2019 erstellte Neubauten in den Regelungsbereich der Mietpreisbremse zu überführen, wären ein krasser Vertrauensbruch gegenüber all denjenigen, die sich darauf verlassen haben, dass alles, was nach 2014 gebaut wurde, eben nicht der Mietpreisbremse unterliegt. Und „Vertrauensbruch“ ist nicht nur so dahingesagt. Denn es geht ja auch ganz konkret um die Wirtschaftlichkeit solcher Projekte. Wenn ich zur Bank gehe, um ein Wohnbauprojekt zu realisieren, kalkuliere ich mit anderen Mieteinnahmen, wenn keine Mietpreisbremse gilt. Verändert der Gesetzgeber rückwirkend die Rahmenbedingungen und die Spielregeln und sagt, dass man Pech hat, weil nun doch die Regelungen der Mietpreisbremse gelten, geht die Finanzierung am Ende nicht mehr auf. Dann tritt genau das ein, was wir nicht wollen: fehlende Planbarkeit, fehlende Investitionssicherheit, Vertrauensbruch. Am Ende wird niemand mehr neue Wohnungen bauen. Das wäre fatal für unser Land, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als letzten Punkt will ich noch sagen: Alles, was Die Linke vorschlägt – Entfristungen, bundesweite Geltung, Abschaffung des Modernisierungszuschlags, Mietenstopp, Mietendeckel, am Ende eine staatliche Wohnraumüberwachung –,
(Zuruf des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
führt am Ende dazu, dass jede geplante Mietpreiserhöhung von einer Behörde genehmigt werden muss.
Kommen Sie bitte zum Ende.
Bis zur Zuteilung von Wohnraum –
Danke schön.
– ist es dann nur noch ein kurzer Schritt. Das wollen wir nicht.
Ich bedanke mich und bitte Sie, die Rede zu beenden!
Das wäre Sozialismus und die Abschaffung des privaten Eigentums. Das ist mit uns nicht zu machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Abgeordnete Dr. Till Steffen das Wort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7632164 |
Wahlperiode | 21 |
Sitzung | 10 |
Tagesordnungspunkt | Zulässige Miethöhe bei Mietbeginn |