Steffi LemkeDIE GRÜNEN - Frühjahrsdürre und Hitzeprognosen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dürre ist eines der entscheidendsten Themen, die über die Zukunft in unserem Land entscheiden werden, sowohl wirtschaftlich, sozial, ökologisch als auch – Überraschung – sicherheitspolitisch. Ich frage Sie, liebe Bundesregierung und liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Haus: Hat das Hohe Haus diese Situation in ihrer Dramatik wirklich schon verstanden und erkannt, wie ernst die Lage ist? Oder wollen Sie weiter den Kopf in den Sand stecken und gleich in Ihren Reden darauf hinweisen, dass es ja heute ein bisschen geregnet hat?
Wir reden hier nicht über ein paar trockene Wochen im Jahr – das ist nicht das Thema –, sondern wir erleben das vierte Dürrejahr seit 2018. Die Böden sind trotz des bisschen Regens vielerorts schlichtweg leer, staubtrocken. Wälder sterben ab, Flüsse führen Niedrigwasser, die Grundwasserspiegel sinken, und das alles nicht irgendwo in Ländern fern von uns, sondern hier in unserer eigenen Heimat.
(Marcel Queckemeyer [AfD]: Und deswegen halten Sie an der Wasserstoffstrategie fest, oder wie?)
Seit dem Jahr 2000 – und jetzt hören Sie mal bitte genau hin! –
(Marcel Queckemeyer [AfD]: Besser nicht!)
verlieren wir in Deutschland jedes Jahr 2,5 Milliarden Tonnen Wasser.
(Stephan Brandner [AfD]: Aha!)
Zur Verdeutlichung: Das ist ungefähr die achtfache Menge des schönen Tegernsees.
(Zurufe der Abg. Stephan Brandner [AfD] und Martin Reichardt [AfD])
Selbstverständlich geht die Welt morgen nicht unter – ich weiß nicht, was das für eine dumme Binse ist; das hat auch nie jemand behauptet, außer möglicherweise Friedrich Merz –, aber die Wirtschaft und der Wohlstand in unserem Land, die werden den Bach runtergehen, wenn wir diese Themen, diese Problematik nicht ernst nehmen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb, lieber Herr Merz und lieber Herr Klingbeil: Nehmen Sie die Realität da draußen in der Natur, in den Wäldern und auf den Äckern ernst!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich erwarte schlichtweg von einer Wirtschaftsministerin, dass sie weiß, was es bedeutet, wenn die Pegel auf dem Rhein über Wochen zu niedrig sind, was das für Auswirkungen auf die Industrie, auf Chemieparks und auf die Logistik hat. Es hängt eben alles am Wasser.
(Marcel Queckemeyer [AfD]: Das spielt doch keine Rolle! Mit Ihrer Politik ist die Industrie eh bald weg!)
Ich erwarte, dass ein Verkehrsminister weiß, dass die Schifffahrt auf der Elbe wegen Niedrigwasser am Ende ist, dass eine Gesundheitsministerin etwas über die in die Höhe schnellenden Hautkrebszahlen zu sagen hat und dass man sich auf eine Hitzewelle im Sommer vorbereitet und die Bevölkerung informiert.
(Zuruf des Abg. Marcel Queckemeyer [AfD])
Die Forstwirtschaft steht mit dem Rücken zur Wand. Ich erwarte von einem Heimatschutzminister, dass er gemeinsam mit den Ländern Katastrophenvorsorge betreibt und sich auf eine verschärfte Waldbrandsaison vorbereitet, die immer früher im Jahr beginnt, statt der Hubschrauberrechnungen über 1,3 Millionen Euro, die die Bundeswehr nach Sachsen-Anhalt geschickt hat, weil sie dort geholfen hat.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Viele Landwirtschaftsbetriebe haben massive Verluste durch Dürre auf der einen und Starkregen und Hagel auf der anderen Seite. Ich erwarte, dass ein Landwirtschaftsminister dazu mehr zu sagen hat als: Dann essen wir eben mehr Fleisch.
(Marcel Queckemeyer [AfD]: Ketodiät!)
Auch Sie, liebe Union, sagen, dass Sie die Klimaziele einhalten wollen, dass Sie Wohlstand und Sicherheit in unserem Land bewahren wollen. Das freut mich sehr. Aber dann sage ich Ihnen: Ohne eine entschlossene Dürrebekämpfung und ohne dass wir mehr Wasser in der Landschaft zurückhalten, wird das nichts werden, weil unsere Böden und unsere Wälder die größten CO2-Speicher sind, die wir haben.
(Karsten Hilse [AfD]: Und deswegen holzen Sie die ab? – Marcel Queckemeyer [AfD]: Und deswegen kommen die Windenergieanlagen da rein?)
Wenn sie diese Speicherfunktion verlieren, dann können Sie die Klimaschutzziele nicht einhalten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marcel Queckemeyer [AfD]: Sie versiegeln die Fläche und klagen, dass Sie nicht genug Wasser haben!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Regierungslager, was ist zu tun? Erstens. Nehmen Sie die Realität da draußen in der Natur, auf den Feldern und das aufgeheizte Weltmeer genauso ernst wie die anderen Krisen, mit denen wir zu kämpfen haben! Zweitens. Es muss darum gehen, insbesondere für vulnerable Gruppen – wie chronisch Kranke mit Erkrankungen im Herz-Kreislauf-Bereich, Menschen, die Blutdrucksenker nehmen müssen, Schwangere, kleine Kinder – Vorbereitungen zu treffen und Hitzeschutzpläne aufzulegen, statt zu warten, bis die Hitze da ist.
Liebe Kollegin Lemke, die Redezeit.
Ich sage Ihnen: Stecken Sie den Kopf nicht in den Sand! Das wird zu heiß werden.
Danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörn König [AfD]: Wir machen den in die Regentonne, den Kopf!)
Für die CDU/CSU-Fraktion darf ich aufrufen Kollegen Christian Moser.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7632461 |
Wahlperiode | 21 |
Sitzung | 10 |
Tagesordnungspunkt | Frühjahrsdürre und Hitzeprognosen |