06.06.2025 | Deutscher Bundestag / 21. EP / Session 11 / Zusatzpunkt 10

Jürgen HardtCDU/CSU - Krieg in Gaza

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten ja bereits gestern Gelegenheit, das Thema hier im Rahmen einer Aktuellen Stunde zu besprechen. Und viele Kolleginnen und Kollegen aus der Außenpolitik, aus dem Menschenrechtsausschuss sowie aus dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hatten Gelegenheit, gestern und vorgestern mit dem Außenminister des Staates Israel, Gideon Sa’ar, zu sprechen, sich mit ihm direkt auszutauschen und zu hören, was die Sicht der israelischen Regierung auf die aktuelle Entwicklung ist.

Was wir bei diesen Gesprächen immer wieder betont haben: Wenn die Hamas ihren völkerrechtswidrigen Kampf, ihren Terrorkampf gegen Israel, ihr Ziel der Zerstörung Israels aufgeben und die verbleibenden Geiseln und die Leichname der verstorbenen Geiseln an Israel übergeben würde, würde sich natürlich die humanitäre Lage im Gazastreifen komplett anders darstellen.

Viele fragen sich ja, warum Israel nicht im Stil der amerikanischen Truppen nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland versucht, die Herzen der Menschen zu gewinnen – Stichwort „Kaugummi verteilen“. Ich behaupte, die Amerikaner hätten das in Berlin auch nicht getan, wenn aus jedem Keller irgendeine Waffen-SS-Truppe sie befeuert hätte. Erst wenn die Waffen niedergelegt sind, kann auch ein Neuanfang der Beziehungen und des Verhältnisses stattfinden. Wenn Waffen genutzt werden, ist immer die Gefahr groß – und das passiert leider auch im Gazastreifen allzu oft –, dass unschuldige Zivilisten mit in die Kämpfe einbezogen und getötet werden.

(Sören Pellmann [Die Linke]: Was folgt daraus?)

Das Erste, was wir tun können: Wir bleiben bei unserer klaren Mahnung an Israel, die humanitäre Hilfe deutlich zu erhöhen. Israel hatte ja anfänglich den Plan, das mit einer neuen privaten Organisation zu tun. Das funktioniert nicht so, wie wir das erwarten. Das funktioniert offensichtlich auch nicht so, wie die israelische Regierung das erwartet. Deswegen ist jetzt wohl vorgesehen, dass auch auf einem zweiten Weg – wiederum über die UN, das World Food Programme – tatsächlich wieder Hilfsgüter in den Gazastreifen kommen. Das werden wir uns in den nächsten Tagen genau anschauen. Und dass es geht, dass man deutlich mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen einführen und auch verteilen kann, zeigt ja die Situation zwischen Januar und März; denn in diesem Zeitraum sind ja bis zu 700 Lkws am Tag tatsächlich in den Gazastreifen gelangt.

Das Zweite, was wir als Freunde Israels in den Blick nehmen sollten, sind natürlich der große Hintergrund dieses Konfliktes und der große Akteur, der für diesen Konflikt maßgeblich verantwortlich ist, nämlich derjenige, der den Terror in der Region finanziert, der die Raketen finanziert, mit denen Israel sogar aus weit entfernten Ländern wie Jemen beschossen wird, der Staat, der eine Atombombe und Atomraketen mit dem Ziel baut, Israel zu zerstören; das hat der Iran als Staatsziel ausgegeben.

Ich glaube, dass die neue Bundesregierung entsprechend den Beschlüssen des Deutschen Bundestages bzw. der Anträge der damaligen Oppositionsfraktion CDU/CSU ihre Iranpolitik anpassen und verschärfen muss. Denn wir müssen alle gemeinsam unbedingt verhindern, dass der Iran in den Besitz einer Atombombe gelangt, die dann möglicherweise als Allererstes auf Israel abgefeuert werden könnte. Und das wäre natürlich das Allerschlimmste.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir brauchen also auch bei der deutschen Iranpolitik eine Weiterentwicklung und ein Umsteuern. Nicht alles, was Deutschland gemacht hat, war falsch; aber es war zu wenig, wenn ich zum Beispiel an die Terrorlistung der Revolutionsgarden denke. Das ist ein Thema, an dem wir arbeiten müssen.

Das Dritte, was ich an dieser Stelle sagen möchte: Wir sind natürlich sehr daran interessiert, was sich Israel für die Zukunft des Gazastreifens vorstellt. Wir sagen klipp und klar: Der Gazastreifen ist nicht Teil des Staatsgebietes von Israel und muss auch so von Israel behandelt werden. Deswegen wünsche ich mir eine Vision des Staates Israel, der israelischen Regierung, wie sie sich denn die Zukunft des Gazastreifens vorstellt,

(Cansin Köktürk [Die Linke]: Das haben sie doch schon geäußert! Sie wollen Gaza auslöschen!)

wenn es denn tatsächlich eines Tages so weit ist, dass die Waffen schweigen und die Hamas nicht mehr die Macht ausübt. Die Hamas darf die Macht über den Gazastreifen nicht mehr ausüben. Aber es bedarf letztlich einer Organisation unter maßgeblicher Führung der Palästinenser selbst, die die zivile Verwaltung übernimmt, und es bedarf vermutlich einer internationalen Unterstützung, damit die Sicherheit Israels insoweit gewährleistet wird, dass sicher ist, dass aus dem Gazastreifen heraus niemals mehr der Staat Israel in der Art und Weise angegriffen werden kann, wie das am 7. Oktober 2023 der Fall war.

Wenn wir gemeinsam mit Israel eine solche Diskussion über die Zukunft des Gazastreifens führen, dann wird es vielleicht auch leichter sein für die Menschen überall auf der Welt, zu verstehen, was dort geschieht und mit welchem Ziel es geschieht. Das ist etwas, was wir bei Gideon Sa’ar angemahnt haben: dass wir darüber mehr Klarheit wollen.

Wir als Deutschland – und da sollte der Deutsche Bundestag insgesamt dabei sein – sind gerne bereit: Wenn wir gebraucht werden, wenn unsere Hilfe beim zivilen Aufbau, beim Wiederaufbau gebraucht wird,

(Cansin Köktürk [Die Linke]: Die wird nicht gebraucht, wenn Sie keine Waffen liefern!)

wenn unsere Hilfe bei der Bereitstellung humanitärer Hilfe gebraucht wird, dann darf es weder an deutschem Geld noch an deutschem Willen scheitern; dann müssen Deutschland und die Europäische Union massiv daran mitwirken.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächstes erteile ich das Wort Dr. Alexander Gauland für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Data
Source Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
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Electoral Period 21
Session 11
Agenda Item Krieg in Gaza
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