06.06.2025 | Deutscher Bundestag / 21. WP / Sitzung 11 / Zusatzpunkt 11

Christian MoserCDU/CSU - Bekämpfung der Kinder- und Jugendkriminalität

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es stimmt, die Jugendkriminalität ist hoch. Wie kann man, wie muss man darauf reagieren? Eine Möglichkeit ist das Strafrecht. Bei uns wie in allen modernen Gesellschaften ist der Sinn von Strafe für junge Menschen vorrangig die Spezialprävention. Wir konzentrieren uns also auf die positive Einwirkung auf den einzelnen Täter, um vor allem Wiederholungsstraftaten zu vermeiden. Das ist richtig so.

Warum? Jugendliche und Kinder sind nicht kleine Erwachsene, sondern sie sind Persönlichkeiten, die ungefestigt sind und einstweilen noch eigenen Gesetzmäßigkeiten gehorchen. Jede Mutter und jeder Vater kann davon wahrscheinlich ein Lied singen. Gerade deswegen gibt es für Jugendliche und junge Erwachsene ein eigenes Strafrecht, welches diesen Erkenntnissen Rechnung tragen soll. Die Frage, die wir heute debattieren, ist: Trägt der Gesetzentwurf der AfD-Fraktion diesen Erkenntnissen Rechnung?

(Stephan Brandner [AfD]: Absolut!)

Dass wir gegen die steigende Jugendkriminalität etwas tun müssen, ist klar. Und wir werden etwas tun. Der AfD-Gesetzentwurf ist jedoch nichts anderes als billiger Populismus auf dem Rücken unserer Kinder.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Carmen Wegge [SPD] – Stephan Brandner [AfD]: Haben wir Herrn Linnemann nachgemacht!)

Schauen wir uns den Gesetzentwurf einmal genauer an: Die Altersgrenze soll ohne wissenschaftliche Unterfütterung von 14 auf 12 Jahre gesenkt werden. Können wir das guten Gewissens so mir nichts, dir nichts hopplahopp tun?

(Stephan Brandner [AfD]: Ja! Problemlos! Herr Linnemann macht das ja auch!)

Die AfD-Fraktion schreibt in ihrer Begründung selbst, es sei nicht zu befürchten, dass Kinder vermehrt wegen Fahrlässigkeitstaten belangt würden. Derartige Sachverhalte seien so komplex, da würde man schon zu dem Ergebnis kommen, dass die strafrechtliche Reife fehle. Die Sache ist nur die: Fahrlässigkeitstaten können auch Offizialdelikte sein; hier muss aufwendig ermittelt werden, hier muss gegebenenfalls Anklage erhoben werden. Wollen wir das wirklich? Unsere Staatsanwaltschaften sind ohnehin überlastet. Wollen wir wirklich Zwölfjährige, die ohne Vorsatz einen Fehler gemacht haben, vor den Strafrichter zerren? Das muss gut überlegt sein, das darf kein Schnellschuss sein.

Es ist deshalb richtig, dass die Koalition mit einer Studie den psychologischen Entwicklungsstand vor allem von 12- und 13-Jährigen wissenschaftlich fundiert aufarbeiten lässt und gerade auch die Umstände untersucht, unter denen Kinder zu Tätern werden. Das sind wir unseren Kindern schuldig. Wenn das Ergebnis vorliegt, kann man über die Strafmündigkeit diskutieren, aber dann eben differenziert und nicht mit einem Schnellschuss. Man kann über bedingte Strafmündigkeit diskutieren – dass der Jugendrichter im Einzelfall anhand der Einsichtsfähigkeit entscheidet –, man kann auch darüber diskutieren, die Strafmündigkeit auf besonders schwere Delikte zu beschränken – dann könnte man Fahrlässigkeitstaten und vor allem Bagatelldelikte von vornherein aussondern. Wie auch immer, es muss mit Maß und Vernunft erfolgen und nicht mit blindem Eifer, der für unsere Kinder nur neue Probleme schafft.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Carmen Wegge [SPD])

Noch ein wesentlicher Punkt im AfD-Entwurf: Jugendstrafrecht nur noch bis 17 Jahre. „ Warum?“, frage ich mich. Warum nehmen wir dem Jugendrichter, der gerade auf unreife Persönlichkeiten einwirken soll, Handlungsmöglichkeiten?

(Stephan Brandner [AfD]: Weil volljährig volljährig heißt! Fertig! Ganz einfach! Entweder ist mal volljährig, oder man ist nicht volljährig!)

Fakt ist doch: Bereits jetzt gilt nach § 105 JGG für Heranwachsende ab 18 Jahren im Regelfall das Erwachsenenstrafrecht. Es ist wichtig, dass der Jugendrichter im Einzelfall bei einem 18- oder 19-Jährigen den ganzen Instrumentenkasten, auch den des Jugendstrafrechts, zur Verfügung hat. Wir wollen doch gerade bei jungen Menschen, dass diese sich resozialisieren, dass diese keine Wiederholungstäter werden.

Ob und warum dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis derzeit in der Praxis eher umgekehrt gelebt wird, ist etwas, das wir uns anschauen müssen, aber fundiert und ohne Schnellschüsse. So wie Ihre Fraktion das will, nehmen wir dem Staat Handlungsoptionen. Damit erweisen Sie ihm und unserer Gesellschaft einen Bärendienst. Deshalb werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich darf Rainer Galla, dem Abgeordneten der AfD, für die letzte Rede in dieser Debatte das Wort erteilen.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/cvid/7632572
Wahlperiode 21
Sitzung 11
Tagesordnungspunkt Bekämpfung der Kinder- und Jugendkriminalität
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