26.06.2025 | Deutscher Bundestag / 21. WP / Sitzung 14 / Zusatzpunkt 11

Parsa MarviSPD - Steuerreform

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD tut ja gerne so, als ob sie mit ihrem Programm die kleinen Leute im Blick hat. In Wahrheit ist ihr Programm aber das glatte Gegenteil davon. Wer Ihren Antrag genauer anschaut und nicht nur querdenkt, sondern einmal nachdenkt, merkt schnell: Da kann etwas nicht stimmen. Eine turboradikale Erneuerung und Vereinfachung des Steuerrechts – daran scheiterte auch einst der Professor aus Heidelberg,

(Kay Gottschalk [AfD]: Er scheiterte an euch! Er scheiterte an euren Betonköpfen!)

nicht nur bei den Wählerinnen und Wählern, sondern schlichtweg an den Lebens- und Praxisrealitäten in unserem Land.

(Beifall bei der SPD)

Unbestritten bedarf unser Steuersystem Vereinfachung. Genau das haben wir auch in unserem Koalitionsvertrag geschrieben. Und Herr Dr. Hiller hat es gesagt: Genau das wollen wir jetzt auch als Koalition durchsetzen. Aber ich will eines aus sozialdemokratischer Sicht ganz klar sagen: Es ist sinnvoll und richtig, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in Form von Einkommen, Konsum oder Vermögen unterschiedlich zu besteuern. Sie wollen aber alles mit der Brechstange gleichsetzen, was nicht gleichzusetzen ist. Sie wollen die Gesellschaft spalten.

(Lachen bei der AfD)

Sie wollen allen Ernstes in einer Lage, in der das reichste Zehntel der Bevölkerung über 70 Prozent des Nettogeldvermögens besitzt, die Erbschaftsteuer rasieren und damit den Ländern – es ist eine Ländersteuer, liebe Kollegen – die Möglichkeit nehmen, mit diesen Mitteln Kitas, Hochschulen und Investitionen zu finanzieren. Sie sind nicht die Partei der kleinen Leute, sondern der Vermögenden und der Kapitalelite.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Martin Reichardt [AfD]: Aber die kleinen Leute wählen uns, Sie nicht!)

Was Sie mit Ihrem Antrag auf plumpe Weise bedienen wollen, ist eine romantische Sehnsucht nach einer vermeintlich überschaubaren Welt. Aber in der heutigen Welt gibt es eben Sachverhalte, die sich nicht wegdefinieren lassen, angefangen bei Abgrenzungsfragen der Betriebsausgaben und Werbungskosten, den privaten Lebenshaltungskosten bis zur Besteuerung von grenzüberschreitenden Transaktionen, Fusionen, Aufteilungen von Unternehmen. Ja, es gibt diese Komplexität in dieser realen Welt, in der Sie nicht sind. Diese ist auch zumutbar, und sie verschwindet nicht durch Ihren Brechstangenansatz.

(Beifall bei der SPD)

Und ein Letztes. Sie schreiben wörtlich in Ihrem Antrag:

„Außerdem sollen die Steuersubventionen und Ausnahmetatbestände sowie Sonderregelungen entfallen, die steuersystematisch nicht zu rechtfertigen […] sind.“

Freuen dürfen sich dann ganz konkret die Beschäftigten, die ihre Pendlerkosten oder die Kosten für doppelte Haushaltsführung nicht mehr anerkannt bekommen, freuen dürfen sich die Krankenschwestern oder Facharbeiter, die ihre Nacht-, Sonntags- oder Feiertagszuschläge nicht anerkannt bekommen, oder auch der Selbstständige, der seine echten Kosten nicht mehr von der Steuer abziehen darf. Von den Kommunen, an deren Existenzgrundlage Sie die Axt legen, will ich gar nicht sprechen.

(Jörn König [AfD]: Das steht doch gar nicht drin, Herr Marvi!)

Lassen Sie es mich auf den Punkt bringen: Dieser Antrag ist eine Mogelpackung: Familien im Titel, aber Kapitaleigner im Fokus,

(Lachen des Abg. Jörn König [AfD])

sozial im Anschein, aber ungerecht in der Wirkung – nein danke!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Vielen Dank. – Die nächste Rede hält die Abgeordnete Isabelle Vandre für Die Linke.

(Beifall bei der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7633254
Wahlperiode 21
Sitzung 14
Tagesordnungspunkt Steuerreform
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