Paula PiechottaDIE GRÜNEN - Verkehr
Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger und vor allen Dingen auch liebe Mitglieder der Regierung! Es sind jetzt ein paar Tage vergangen, seitdem diese Regierung besteht. Wenn wir auf die Schuldenbremse schauen: Viel versprochen, Wort gebrochen. Die Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge haben Sie auch versprochen. Diese Woche haben wir gelernt: Das Versprechen werden Sie auch brechen. Dann haben Sie den Menschen versprochen, Sie werden für alle die Stromsteuer senken. Versprechen auch gebrochen.
Und dann haben Sie nicht nur den Menschen im Land, sondern auch uns am vorletzten Tag der letzten Wahlperiode, als wir hier alle gemeinsam das Sondervermögen Infrastruktur beschlossen haben und Sie dafür auch unsere grünen Stimmen brauchten,
(Zurufe von der Linken)
300 Milliarden Euro für die Infrastruktur versprochen, um den Sanierungsstau in Deutschland endlich aufzulösen. Dieser Verkehrshaushaltsentwurf – und Herr Schnieder, ich habe das Gefühl, Sie können wenig dafür; da sind andere am Werke – zeigt: Auch dieses Versprechen werden Sie brechen.
Das ist ein verdammt schlechtes Signal für all die Menschen, die Sie gerade angesprochen haben. Ja, die Menschen in Deutschland sind genervt. Die sind gestresst von steigenden Preisen, von diesem viel zu heißen Sommer,
(Florian Oßner [CDU/CSU]: … von den Grünen!)
davon, dass dann auch noch überall Stau ist, dass die Bahn zu spät kommt und dass, wenn einmal ein Schiff an die Moselschleuse fährt, sich dann tagelang die Schiffe dahinter stauen. Das sind alles Zustände, die deswegen da sind, weil wir die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland jahrzehntelang unterfinanziert haben.
(Zuruf von der AfD: Genau!)
In der letzten Wahlperiode haben wir angefangen, Kraftanstrengungen zu unternehmen, um in einem Jahrzehnt endlich das aufzuholen, was davor jahrzehntelang an Sanierungsstau aufgebaut wurde.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Das habt ihr in der Ampel ja ganz hervorragend hingekriegt! Das ist überhaupt nicht glaubwürdig, was Sie da erzählen! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Unfug!)
Wir haben am vorletzten Tag der letzten Wahlperiode gesagt: Wir wollen Ihnen vertrauen, wir wollen gemeinsam mit Ihnen jetzt den nächsten, noch größeren Schritt gehen und 300 Milliarden Euro zusätzlich für die Infrastruktur freimachen. 300 Milliarden Euro für Infrastruktur waren aus unserer Sicht und aus der Sicht, glaube ich, von vielen Menschen in diesem Land, die im Stau stehen, 300 Milliarden Euro für zusätzliche Infrastruktur.
So, und jetzt schauen wir uns diesen Haushaltsentwurf an, Herr Schnieder. Sie wissen es ganz genau, und die Kollegen von den Regierungsfraktionen wissen es auch – ich hoffe, Sie machen da deutliche Verbesserungen –: Unterm Strich bekommen wir halt nicht 30 Milliarden Euro jährlich zusätzlich zu den bisherigen mehr – wenn wir 300 Milliarden Euro durch zehn Jahre rechnen, wären das 30 Milliarden Euro mehr für Infrastruktur pro Jahr zusätzlich zu den bisherigen – das bekommen wir nicht, wir bekommen gerade mal 5 Milliarden Euro mehr. Das ist ein verdammt niedriger Wirkungsgrad. Wie Sie mit Geld umgehen, wenn der durchschnittliche Deutsche so mit Geld umgehen würde, wie Sie mit Geld umgehen, dann wäre in diesem Land ganz schnell Schicht im Schacht.
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Das ist ja nett, dass eine Grüne das sagt!)
Und das ist ein Verrat an den Menschen in diesem Land, die auch Ihnen das Vertrauen dafür gegeben haben, dass Sie 300 Milliarden Euro für die Infrastruktur tatsächlich auch in die Infrastruktur fließen lassen. Das können Sie uns hier nicht schönrechnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
300 Milliarden Euro haben Sie zusätzlich, aber kein einziges Neubauprojekt im Bereich Schiene wird zusätzlich finanziert. Egal ob die Gäubahn, die Sachsen-Franken-Magistrale, der Tunnel zwischen Dresden und Prag, die Neubaustrecke Frankfurt–Mannheim oder der Brenner-Nordzulauf: Nichts zusätzlich finanziert, und das mit 300 Milliarden Euro! Das muss man erst mal schaffen, Herr Schnieder. Ich hoffe auf die Regierungskoalition, dass SPD und CDU/CSU an der Stelle, spätestens im Haushaltsentwurf 2026, deutlich machen, dass sie wie die Menschen in diesem Land das nicht akzeptieren können; denn das ist Verrat an den Menschen, die in diesem Land von A nach B kommen müssen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und es geht eben nicht nur um die Schiene so, sondern auch bei der Straße: Sie haben sehr lange und ausführlich und auch richtige Sachen über die bröckelnden Brücken in diesem Land gesagt. Ja, es ist eine Zumutung, dass wir in diesem Land, im reichen Deutschland, auch nach vielen Unionskollegen im Verkehrsministerium – und ich bin sehr froh, dass Sie zumindest nicht aus der CSU sind, Herr Schnieder –,
(Florian Oßner [CDU/CSU]: Sehr schwache Antwort! Sehr schwach!)
Brücken sperren müssen und einfach unglaublich viele Brücken saniert werden müssen, weil jahrzehntelang der Neubau vor den Erhalt gestellt wurde.
Jetzt sehen wir aber in Ihrem Entwurf: Wenn wir beispielsweise auf den Brückengipfel 2022 schauen, da wurde prognostiziert: 2025 brauchen wir 5,5 Milliarden Euro allein für den Erhalt der Brücken. Jetzt sehen wir aber in Ihrem Entwurf: Mit Ihren 300 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur on top schaffen Sie es nicht mal, das auszufinanzieren. Auch das ist eine Leistung. Und das zeigt: Sie reden viel über die Brücken, aber Sie meinen es am Ende nicht ernst. Sie kämpfen nicht dafür, dass an dieser Stelle diese Brücken wirklich schneller saniert werden als noch in der letzten Wahlperiode. Auch da können Sie sich diese schönen Worte sparen, wenn die Zahlen am Ende – und die Zahlen sind an der Stelle einfach ehrlicher – einfach nicht zu dem passen, was Sie hier versprechen.
Sie denken, dieser Haushalt ist so kompliziert, dass die Menschen im Land schon nicht merken werden, was Sie hier machen. Aber wie Sie hier das Geld verpulvern – und es kommt am Ende eben nicht bei der Verkehrsinfrastruktur an –, das werden die Menschen merken, weil spätestens in ein oder zwei Jahren exakt nichts besser ist, aber die 300 Milliarden Euro wegverplant sind, zum Beispiel für die Senkung der Gastrosteuer von McDonald’s:
(Michael Donth [CDU/CSU]: Hey! Hey! Hey!)
Dann werden die Menschen merken, dass diese Koalition die Reichen entlastet und die Brücken nicht saniert.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Donth [CDU/CSU]: Die Gastronomen bedanken sich! – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Was habt ihr gegen Gaststätten?)
Für die Fraktion Die Linke darf ich aufrufen den Abgeordneten Sascha Wagner.
(Beifall bei der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7633885 |
Wahlperiode | 21 |
Sitzung | 16 |
Tagesordnungspunkt | Verkehr |