30.01.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 11 / Tagesordnungspunkt 1

Andreas LenzCDU/CSU - Wirtschaft und Energie

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Menschen in Deutschland vertrauen auf eine gute Zukunft. 57 Prozent der Deutschen blicken laut Allensbach-Institut hoffnungsvoll, ja hoffnungsfroh in die Zukunft. Das sind so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr. Sie können optimistisch in die Zukunft blicken; denn die deutsche Wirtschaft steht in einem schwierigen europäischen und globalen Umfeld blendend da.

Ich brauche nicht zu betonen, dass die bayerische Wirtschaft noch blendender dasteht und im Rahmen des Wirtschaftswachstums, das seit 2009 – also nach der Krise – insgesamt 8 Prozent beträgt, die Wachstumslokomotive innerhalb Deutschlands ist und war.

Basis und Stütze dieser Entwicklung ist eine gute Situation auf dem Arbeitsmarkt. Seit 2009 wurden rund 1,5 Millionen neue, vor allem sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen. Die Zahl der Erwerbstätigen befindet sich auf einem Rekordniveau. Es ist zu erwarten, dass die Erwerbstätigkeit weiter zunehmen und die Zahl der Arbeitslosen im laufenden Jahr wieder unter 2,9 Millionen Menschen sinken wird. Die Jugendarbeitslosigkeit ist so niedrig wie sonst nirgendwo in der Europäischen Union. Die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt und höhere verfügbare Einkommen sorgen für eine steigende Binnennachfrage, die sich immer mehr zum Träger eines anhaltenden Wirtschaftswachstums entwickelt. All dies ist Ergebnis des Fleißes der Beschäftigten, der Unternehmer und des leistungsfähigen Mittelstandes.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nicht zuletzt hat auch die wachstumsorientierte Konsolidierungspolitik der unionsgeführten Bundesregierung in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, dass Deutschland mittlerweile Wachstumsmotor und, wie die Bundeskanzlerin gestern sagte, ein Anker der Stabilität in Europa ist. Klar muss sein, dass die Wirtschaft letztlich immer den Menschen zu dienen hat, nicht umgekehrt. Aber klar muss auch sein, dass nur eine starke Wirtschaft einen sozialen Ausgleich überhaupt ermöglicht. Das ist ein wesentlicher Wert der sozialen Marktwirtschaft, den es immer wieder zu betonen gilt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Einer der Gründerväter der sozialen Marktwirtschaft, Walter Eucken, meinte: Die soziale Marktwirtschaft hilft zur größtmöglichen Verwirklichung von Gerechtigkeit, Sicherheit und Freiheit im menschlichen Zusammenleben. – Um diese Ziele zu erreichen, muss das Haftungsprinzip als wesentliches Prinzip der sozialen Marktwirtschaft beherzigt werden. Um einmal mehr Walter Eucken zu bemühen: Wer den Nutzen hat, muss den Schaden tragen. – Hierfür wurde bereits vieles erreicht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die soziale Marktwirtschaft schafft die Innovationen, die uns im internationalen Wettbewerb so stark machen. So ist der Export eine wesentliche Komponente des wirtschaftlichen Erfolges unseres Landes. Deutsche Unternehmen liefern weltweit in allen Bereichen Spitzenprodukte. Die Pläne der Europäischen Kommission, die Exportüberschüsse in der deutschen Handelsbilanz zu prüfen und möglicherweise mit Strafzahlungen zu belegen, sind deshalb weiterhin strikt abzulehnen. Man macht, gerade in diesem Fall, die Schwachen nicht stärker, indem man die Starken schwächt.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Vielmehr muss es unser Anliegen sein, dass die wirtschaftlich schwachen Länder stärker werden. Das funktioniert langfristig nur durch Strukturreformen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen auch aufpassen, dass das Ziel, den Außenhandelsüberschuss abzubauen, nicht sozusagen durch die Hintertür erreicht wird: durch Wettbewerbsauflagen der Europäischen Kommission hinsichtlich der Befreiung der stromintensiven, im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen in Deutschland von der EEG-Umlage. Auch um dies zu verhindern, müssen wir handeln.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deutschland muss Industrieland bleiben, Deutschland muss Industrieland bleiben können. Mit den Exportüberschüssen gehen riesige Kapitalströme einher. Wir haben es vorhin schon gehört: Ziel muss auch sein, die Investitionstätigkeit in Deutschland zu stärken. Genau das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart: Wir schaffen bessere Rahmenbedingungen für private Investitionen und sorgen für mehr öffentliche Investitionen, vor allem in den Bereichen Infrastruktur, Bildung und Forschung, aber auch durch die Entlastung der Kommunen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Deutschland braucht einen Investitionsschub. Es geht darum, langfristig eine Investitionsquote zu erreichen, die oberhalb des OECD-Durchschnitts liegt.

Für uns sind solide Staatsfinanzen dabei eine entscheidende vertrauensbildende Maßnahme. Hier sind wir auf dem richtigen Weg. Bereits ab diesem Jahr wollen wir einen strukturell ausgeglichenen Haushalt erreichen, ab 2015 sogar einen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung. Daran, meine Damen und Herren, müssen wir uns auch messen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn sich der Kollege Tiefensee dafür ausspricht, die Besteuerung in Deutschland in den nächsten vier Jahren zu vereinfachen, dann werden wir sicherlich die Letzten sein, die nicht darüber diskutieren wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, geht man vom Reichstag unterirdisch ins Paul-Löbe-Haus, so sieht man in einem Kellerabteil einen Wegweiser, auf dem steht: Zur Energiezentrale. – Ich bin ja neu gewählt, da fällt mir so etwas noch auf. Vielleicht achten Sie beim nächsten Mal auch darauf. Auf der politischen Agenda steht die Energiepolitik seit vielen Jahren nicht mehr unten, sondern ganz oben. Es ist deswegen richtig und wichtig, die Energiepolitik bundespolitisch an hoher Stelle anzusiedeln, es ist gut, dass wir jetzt einen Energieminister haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Die Novelle des EEG wird eines der großen Themen dieser Legislaturperiode sein. Um das Vertrauen in eine verlässliche Wirtschaftspolitik zu stärken, müssen wir auch im Energiebereich für verlässliche Rahmenbedingungen sorgen. Wir werden am großen Rad drehen müssen, wir werden aber auch an den kleineren Stellschrauben Justierungen vornehmen müssen. Das Eckpunktepapier von Bundesminister Gabriel beinhaltet vernünftige Vorschläge für diese ersten Schritte. Diese Eckpunkte stellen eine gute Grundlage dar, auch wenn im Gesetzgebungsverfahren sicherlich noch an der einen oder anderen Stellschraube zu drehen sein wird. Die CDU/ CSU-Fraktion wird diesen Prozess im Sinne der Menschen in unserem Land begleiten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Bürger und die Unternehmen sollen sich auf die in den nächsten Monaten zu treffenden Entscheidungen langfristig verlassen können. Im Hinblick auf getätigte und sich in der Realisierung befindende Investitionen muss Vertrauensschutz gewährt werden. Wir werden darauf achten, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien dynamisch weitergeht; gleichzeitig müssen wir die Energiewende so steuern, dass sie ökonomischen wie ökologischen Interessen Rechnung trägt. Wir brauchen die richtigen Marktanreize. Dabei bedarf es im Endergebnis auch einer engen europäischen Koordination. Ebenso muss der Netz- und Speicherausbau besser koordiniert und entsprechend gefördert werden. Es bedarf also eines ganzheitlichen Konzeptes im Rahmen des Energiewirtschaftsgesetzes.

Wir wollen, dass Energie für die Menschen und die Unternehmen in unserem Land bezahlbar bleibt. Gleichzeitig muss die Energieversorgung in diesem Land sicher bleiben. Die Verbraucher zahlen mittlerweile über die Stromrechnung pro Jahr rund 24 Milliarden Euro EEG-Umlage; das ist ungefähr so viel wie das Bruttoinlandsprodukt von Lettland. Hier müssen wir die Kosten begrenzen. Die Belastung darf für den Verbraucher nicht so hoch sein, dass er die Verantwortung für die Energiewende nicht mehr tragen kann und auch nicht mehr tragen möchte. Dazu brauchen wir eine markt- und kostenorientierte Reform des EEG.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir brauchen eine bessere Integration von dezentraler Stromproduktion aus regenerativen Energien innerhalb einer modernen Stromversorgung. Der Ausgleich der schwankenden Stromerzeugung aus regenerativen Energien muss durch den Bau hocheffizienter Kraftwerke und Speicher gewährleistet werden. Im Rahmen eines Strommarktdesigns – das ist ein schönes Wort – gilt es die Bereitstellung gesicherter Leistung zusätzlich zu den Erlösen aus dem Stromverkauf zu honorieren.

Bürgerinnen und Bürger in ganz Deutschland tragen bereits jetzt vor Ort zum Erfolg der erneuerbaren Energien bei. Beispielsweise gibt es mittlerweile in ganz Deutschland über 650 Energiegenossenschaften. Ich sage hier ganz klar: Die Wertschöpfung soll in der Region bleiben, trotzdem müssen sich natürlich auch Energiegenossenschaften dem Wettbewerb stellen.

Es ist auch zu betonen, dass wir uns nicht nur über den Preis einer Form der erneuerbaren Energien unterhalten dürfen und müssen, sondern dass wir auch deren Wert ins Blickfeld ziehen sollten. Darüber wird ganz unaufgeregt zu diskutieren sein. Das gilt im Besonderen für die grundlastfähige Energie aus Biomasse, die gerade im Bereich der Energiegewinnung aus Reststoffen kosteneffizient weiter erschlossen werden muss.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ein gerechter Wettbewerb kann helfen, die Energiekosten im Gleichgewicht zu halten. Ich bin davon überzeugt, dass sich unsere innovativen Mittelständler im Bereich der erneuerbaren Energien einem gerechten Wettbewerb stellen können, werden und letztlich auch wollen.

Hinsichtlich der Ausschreibungen gilt es, wenn man eine gesetzliche Regelung treffen will, die Erfahrungen aus dem Ausland entsprechend zu berücksichtigen. Auch eine faire Bepreisung des CO 2 -Ausstoßes kann helfen, Marktungleichgewichte abzubauen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich bin von den Chancen der Energiewende überzeugt. Um dauerhaft Akzeptanz und Vertrauen zu schaffen, bedarf es einer Novellierung des EEGs sowie eines ganzheitlichen Energiekonzeptes, das auch Maßnahmen zur Energiespeicherung und Energieeffizienz beinhaltet. Es gilt also, jetzt das als richtig Erkannte bzw. das als richtig zu Erkennende umzusetzen und dabei das Warum und das Wozu zu erklären. Es geht um eine gute Zukunft. Es gilt, für Deutschland eine sichere, saubere und bezahlbare Energiewende zu verwirklichen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Kollege Lenz, das war Ihre erste Rede im Deutschen Bundestag. Ich gratuliere Ihnen recht herzlich und wünsche Ihnen viel Erfolg für die Zukunft.

(Beifall)

Ich gratuliere Ihnen im Übrigen aus doppeltem Grunde: Zum einen ist eine solche Premiere immer aufregend. Zum anderen ist Ihnen gelungen, was den wenigsten Rednern gelingt, wenn sie das erste Mal hier sprechen, nämlich die Redezeit nicht nur einzuhalten, sondern sogar darunter zu bleiben.

(Heiterkeit und Beifall)

Das Wort hat die Kollegin Sabine Poschmann für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3084960
Wahlperiode 18
Sitzung 11
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Energie
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