Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin, ich möchte mich bei Ihnen ganz herzlich bedanken. Sie sind noch keine 100 Tage im Amt, und schon können wir in der Klimapolitik feststellen: Deutschland ist wieder da.
(Beifall bei der SPD)
Unser Einsatz ist dringend notwendig; denn das, was die EU-Kommission vorlegt, sind mutlose Vorgaben. Es gibt keine verpflichtenden Ausbauziele für die erneuerbaren Energien und keine verbindlichen Vorgaben für die Energieeffizienz. Diese Mutlosigkeit wird durch ambitionierte Vorgaben unserer Bundesregierung ersetzt.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir sind diejenigen, die antreiben und die dafür sorgen, dass auch die EU ihre Vorreiterrolle wieder einnehmen kann
(Zuruf der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])
und dass die internationalen Standards nach oben gedrückt werden.
(Beifall bei der SPD)
Frau Vogt, darf Ihnen schon zu diesem frühen Zeitpunkt die Kollegin Bulling-Schröter eine Zwischenfrage stellen?
Ja, gerne.
Vielen Dank, Frau Kollegin Vogt. – Sie sprachen gerade von ambitionierten Klimazielen. Im Koalitionsvertrag steht, dass Backloading, also die Herausnahme von Zertifikaten, ein einmaliger Eingriff sein soll. Die Zertifikate sollen aber wieder auf den Markt zurückkommen können. Aufgrund dieser Einschränkung ist der Zertifikatepreis nicht gestiegen. Er liegt bei 5 Euro. Wir haben im letzten Umweltausschuss gemeinsam darüber diskutiert, dass dieser Betrag wesentlich höher liegen müsste – am besten über 15 Euro –, um relevant zu sein.
Wissenschaftler sagen, dass wir, wenn die Klimapolitik der Bundesregierung so weiter geht, nicht bei 40 Prozent CO 2 -Reduktion im Jahr 2020 landen, sondern nur bei 30 bis 32 Prozent. Das sind realistische Zahlen. Ich frage Sie: Wie können Sie angesichts dessen hier von ambitionierten Klimaaktivitäten und Zielen sprechen?
Vielen Dank, liebe Kollegin. – In meiner Eingangsbemerkung habe ich ja gesagt, dass die Ministerin noch nicht einmal 100 Tage im Amt ist. Ich bitte Sie daher, zu beachten, dass sowohl die Frau Umweltministerin als auch – das ist ein Novum – der Herr Wirtschaftsminister in den Debatten der letzten Tage darauf hingewiesen haben, dass hiermit ein erster Schritt beim Thema Emissionshandel vollzogen werden soll. Sie können sich natürlich darauf verlassen, dass die Verhandlungen zur Stärkung des Emissionshandels weitergehen. Aber das kann man nicht alles in den ersten Wochen der Regierungszeit schon vollenden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In dieser Legislaturperiode, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir die Möglichkeiten aber auch nutzen, die Diskussion über einen angeblichen Widerspruch zwischen Ökonomie und Ökologie zu beenden. Diese Einschätzung beruht in der Regel auf künstlich herbeigeredeten Lobbyinteressen. Wo es – wie in der Klimapolitik – darum geht, das Überleben der ganzen Erde zu sichern, da darf man keinen Gegensatz zwischen Ökologie und Ökonomie konstruieren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Viele Unternehmen in Deutschland gehen bereits jetzt ökologische Wege, und das mit großem ökonomischen Erfolg. Lassen Sie uns deshalb getrost mehr Ökologie wagen.
(Beifall bei der SPD)
Dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg wird es nämlich nur geben, wenn wir eine Politik machen, die die Ressourcen schont und auch die Lebensqualität erhöht. Politik, die für gesunde Umwelt und gute Lebensqualität sorgt, ist aus sozialdemokratischer Sicht und sicherlich auch aus Sicht der Großen Koalition eben nicht nur eine Politik für ein begrenztes Feld, sondern es ist auch eine Politik der sozialen Gerechtigkeit, die darauf abzielt, für alle Menschen ökologisch annehmbare Bedingungen zu schaffen.
Gerade in Gegenden, wo es starke Lärmbelastungen und große Luftverschmutzungen gibt, haben die Menschen nur ein geringes Einkommen. Sie können sich kein Haus am Waldrand oder einen schönen Garten mit vielen Bäumen um das Haus herum leisten. Diese Menschen leiden deshalb unter den Umweltbedingungen oft weit mehr als andere. Deshalb ist es das erklärte Ziel unserer Politik, auch in diesem Bereich mehr Lebensqualität zu schaffen. Wir verstehen das als einen Beitrag zur Schaffung sozialer Gerechtigkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich will noch auf ein weiteres Thema eingehen – der Kollege Nüßlein hat es schon angesprochen –, nämlich die Besetzung der Kommission zur Vorbereitung des Standortauswahlverfahrens nach dem Standortauswahlgesetz. Auch bei dieser Frage geht es um Verantwortung für die kommenden Generationen und darum, dass wir für das geradestehen, was wir durch die Nutzung der Atomenergie angerichtet haben. Wir müssen das alles nun in einer Art und Weise auf den Weg bringen, dass kommende Generationen keinen Schaden dadurch erleiden.
Insofern ist es wichtig, dass die stimmberechtigten Mitglieder der Kommission zur Vorbereitung des Standortauswahlverfahrens die Gesellschaft in ihrer Breite widerspiegeln. Stimmrecht in dieser Kommission haben nur die acht Wissenschaftler sowie die acht Vertreterinnen und Vertreter gesellschaftlicher Gruppen. Wir müssen daher verstärkt an die Umweltverbände appellieren: Nutzen Sie Ihr Recht zur Mitentscheidung! Begnügen Sie sich nicht mit der Rolle der Kritiker, sondern treten Sie in die Verhandlungen ein und nutzen Sie Ihr Stimmrecht! Setzen Sie es ein! – Ich finde, Umweltverbände haben nicht nur das Recht, in dieser Frage mitzureden, sondern es ist auch ihre Verpflichtung, die Umweltbelange dort zur Geltung zu bringen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
In dieser Woche hat uns der Tierfilmer und Moderator Dirk Steffens auf einem parlamentarischen Abend des WWF Trost zugesprochen. Er erinnerte daran, wie häufig wir Abgeordnete an drögen Sitzungen teilnehmen, wie langsam sehr vieles vorangeht und dass wir oft miteinander ringen und uns manchmal fragen: Warum tut man sich das eine oder andere eigentlich an? – In diesen Fällen sollten wir uns daran erinnern: Wir haben nicht mehr, aber auch nicht weniger zu tun, als die Welt retten zu müssen. – Das war ein großes Wort, das sehr pathetisch klang. Ich fand, das war ein schöner Auftrag an uns. Wir alle wissen, dass nicht jeder Einzelne von uns die Welt retten kann, dass wir aber gerade mit einer vernünftigen Verbindung von Ökonomie und Ökologie kleine und große Beiträge dazu leisten können, diese Welt tatsächlich ein Stück stabiler und für die nächsten Generationen zukunftsfest zu machen. In diesem Sinne freue ich mich auf eine gemeinsame, durchaus kritisch diskutierte, aber auf jeden Fall die Welt voranbringende Umweltpolitik.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das Wort erhält nun die Kollegin Heidrun Bluhm für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3089639 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 12 |
Tagesordnungspunkt | Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit |