Oliver KaczmarekSPD - Bildung und Forschung
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsfähigkeit oder vor dem Hintergrund, dass wir in Deutschland insgesamt weniger Menschen werden, dass wir aber zunehmend älter werden und trotzdem den gleichen Wohlstand erwirtschaften müssen, ist es richtig, dass man jetzt in Bildung und Forschung investieren muss. Ich sage auch: 9 Milliarden Euro zusätzlich in den nächsten vier Jahren, das ist eine stolze Summe. Das kann man hier im Plenum auch ruhig mehrmals sagen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 10 Milliarden für Rente pro Jahr! Damit ist klar, welche Schwerpunkte Sie setzen!)
Es ist aber genauso richtig, dass Bildung für die Menschen natürlich noch mehr bedeutet. Bildung kann Menschen aus ihrer Unmündigkeit befreien. Sie kann sie zu kritikfähigen Menschen machen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Deswegen ist es unsere Aufgabe, für die beste Bildung für alle zu sorgen, und zwar unabhängig davon, welches Geschlecht sie haben, wo sie herkommen oder was die Eltern besitzen oder waren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir finden uns mit der bestehenden Ungerechtigkeit nicht ab. Deswegen, Frau Wanka, können Sie sicher sein, dass wir Ihre Verbündeten sind, wenn es darum geht, Bildungsgerechtigkeit zu schaffen.
Ich will im weiteren Verlauf zu drei zentralen Herausforderungen Anmerkungen machen:
Die erste Anmerkung – Frau Kollegin Lips hat das schon angesprochen – betrifft das duale System der Berufsausbildung. Ich glaube, es braucht mehr als schöne Worte. Wir müssen es noch attraktiver gestalten und Brücken für alle bauen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das machen wir!)
Es ist unbestritten – das darf ja in keiner Rede fehlen –, dass das duale System eines der Prunkstücke des deutschen Bildungswesens und natürlich auch das Rückgrat der industriellen Wirtschaft und des Handwerks ist.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Sie denn gegen die Warteschleifen?)
Wir müssen aber auch feststellen – ich finde, dass auch die offene Diskussion über den Berufsbildungsbericht, die wir im Ausschuss geführt haben, das deutlich gemacht hat –, dass sich die Situation aus Sicht vieler ausbildungswilliger junger Menschen verschlechtert hat. Viele, die ausgebildet werden wollen, finden keinen Ausbildungsplatz, und die Zahl der ausbildenden Betriebe hat sich erneut verringert.
(René Röspel [SPD]: Ja!)
Wir müssen alles unternehmen, um die Leistungsfähigkeit des dualen Systems zu erhalten. Dazu müssen wir aus meiner Sicht in den nächsten vier Jahren dafür sorgen, dass kein Jugendlicher, der noch eine Brücke in die Ausbildung braucht, Zeit verliert.
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
Es ist natürlich richtig, in den Maßnahmendschungel einzugreifen und eine bessere Instrumentenreform durchzuführen, als es in der vergangenen Wahlperiode der Fall war.
(Beifall der Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD] und René Röspel [SPD])
Wir müssen auch dafür sorgen, dass keine Maßnahme, kein Übergang ohne Anschluss bleibt. Das Ziel ist die Berufsausbildung für alle jungen Menschen, die das wollen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Die SPD ist überzeugt, dass das duale System in der Lage ist, sich großen Herausforderungen zu stellen. Wir finden es richtig, dass wir uns in der Koalition darauf verständigt haben, den Ausbildungspakt zusammen mit den Sozialpartnern zu einer Allianz für Aus- und Weiterbildung weiterzuentwickeln. Ich denke, in dieser gemeinsamen Kraftanstrengung muss es uns gelingen, dafür zu sorgen, dass jeder Jugendliche, der einen Ausbildungsplatz sucht, auch tatsächlich einen findet. Wir wollen eine Ausbildungsgarantie verwirklichen, auf die sich junge Menschen verlassen können. Jeder, der einen Ausbildungsplatz sucht, soll auch einen bekommen. Das ist ein wichtiges bildungspolitisches Ziel.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die zweite Anmerkung. Es ist natürlich an der Zeit, das BAföG zu modernisieren und zu verbessern. Es ist unstrittig: Auch über 40 Jahre nach seiner Einführung ist das BAföG ein unverzichtbares Element der Studienförderung, das vielen jungen Menschen dabei hilft, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern ein Studium überhaupt erst aufzunehmen. Deshalb sind wir gemeinsam, denke ich, der Meinung – das wird auch im BAföG-Bericht nachzulesen sein –, dass die über 3 Milliarden Euro, die Bund und Länder jedes Jahr für das BAföG ausgeben, wirklich sehr gut angelegtes Geld sind.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aber es ist eben auch nicht von der Hand zu weisen, dass es hier Reformbedarf gibt, weil sich die hochschulrechtlichen und die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verändern. Deshalb müssen wir gemeinsam mit den Ländern – es liegt auf der Hand, dass es nicht anders geht – einen Modernisierungsschub beim BAföG erzeugen, der die Situation der Studierenden spürbar und substanziell verbessert, und zwar noch in dieser Wahlperiode. Das ist unser gemeinsames politisches Ziel.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wann kommt denn Ihr Gesetzentwurf?)
Dritte Anmerkung: Bund, Länder und Kommunen müssen sich ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung für die Bildungspolitik gemeinsam stellen. Wir freuen uns, dass so viele junge Menschen wie noch nie in Deutschland ein Hochschulstudium aufgenommen haben. Damit sind große finanzielle Herausforderungen verbunden, die Bund und Länder gemeinsam im Hochschulpakt angegangen sind.
Die SPD hat in den vergangenen Jahren immer wieder angemahnt, dass der Bund seine Ausgaben zeitnah an die aktuellen Entwicklungen an den Hochschulen anpassen muss. Deshalb ist es folgerichtig – das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart –, die Verhandlungen über die dritte Phase des Hochschulpaktes zügig aufzunehmen und bundesseitig die Grundfinanzierung der Hochschulen zu verbessern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist uns allen klar, dass der Bund dabei gemeinsam mit den Ländern Verantwortung dafür übernehmen muss, dass die Basis der Bildungsfinanzierung verbreitert wird. Wir müssen deshalb die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Bund und Länder in der Bildung tatsächlich sinnvoll miteinander kooperieren können. Dazu gehört auch die Forderung, das Grundgesetz entsprechend zu ändern. Wir als SPD wollen das weiterhin nicht nur auf Teilbereiche bezogen sehen, sondern auf die Gesamtverantwortung für das Bildungswesen beziehen. Wir werden jedoch gemeinsam darüber reden, wie wir das umsetzen können.
Ich sage noch eines: Ich würde mich freuen, wenn sich die Große Koalition in dieser Frage auch angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat als Koalition der Einladung begreift, die alle relevanten politischen Akteure in Bundestag und Bundesrat zum Mitgestalten einlädt. „ Gemeinsam etwas nach vorne bringen“ – beim BAföG, bei der Hochschulfinanzierung –, das wäre eine schöne Überschrift für die nächsten vier Jahre. Wir freuen uns darauf.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich erteile dem Kollegen Gehring das Wort zu einer Kurzintervention.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3089745 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 12 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung |