13.02.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 14 / Tagesordnungspunkt 3

Andreas LenzCDU/CSU - Jahreswirtschaftsbericht

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Soziale Marktwirtschaft heute – Impulse für Wachstum und Zusammenhalt“ – diesen Titel trägt der Jahreswirtschaftsbericht 2014, den wir heute diskutieren. Die Bundesregierung legt darin dar, mit welcher konjunkturellen Entwicklung sie im laufenden Jahr rechnet. Außerdem wird gezeigt, mit welchen wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen zur Erreichung der gesamtwirtschaftlichen Ziele – Stabilität des Preisniveaus, hoher Beschäftigungsgrad und außenwirtschaftliches Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum – beigetragen wird.

Soziale Marktwirtschaft heute: Das besagt, dass die soziale Marktwirtschaft eben auch heute noch aktuell ist, dass sie lebt und dass sie Garant bzw. Voraussetzung für Wohlstand und sozialen Ausgleich ist.

Trotz des schwierigen internationalen Umfelds hat sich die deutsche Wirtschaft im Jahr 2013 robust entwickelt. Das reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts betrug 2013 0,4 Prozent. Aufgrund unseres aufnahmefähigen und flexiblen Arbeitsmarktes können wir mittlerweile jedoch auch bei einem moderaten Wachstum gute Beschäftigungsdaten erzielen. Genau diese Aufnahmefähigkeit und Flexibilität müssen wir auch zukünftig erhalten.

Die Prognosen zeigen, dass wir positiv auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung blicken können. Für 2014 geht die Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht von einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1,8 Prozent aus. Politik beginnt eben auch mit der Betrachtung der Realität, und Statistiken zählen dazu.

Die EU-Kommission erwartet für den Euro-Raum ein Wachstum von 1,1 Prozent. Deutschland ist damit wieder Wachstumslokomotive Europas. Positiv anzumerken ist dabei, dass der Euro-Raum nach einer Phase der Stagnation wieder auf den Wachstumspfad zurückgekehrt ist und selbst die Krisenländer erhebliche Fortschritte erzielen.

Wir befinden uns also auf einem guten Weg. Es gilt jedoch, die Rahmenordnung so auszugestalten, dass das Wachstum tragfähig ist. Deshalb gilt es, den Blick in die Zukunft zu richten. Status-quo-Denken wäre dabei schädlich. Ludwig Erhard sagte dazu: „Wohlstand … zu bewahren, ist noch schwerer, als ihn zu erwerben.“

Die Bundesregierung nennt im Jahreswirtschaftsbericht wichtige Handlungsfelder, um die Grundlage für Wohlstand, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die hohe Lebensqualität in Deutschland zu sichern und auszubauen. Die soziale Marktwirtschaft ist dabei Richtschnur.

Der Beschäftigungseffekt des prognostizierten Wirtschaftswachstums wird in 2014 voraussichtlich zu einem Plus von 240 000 Beschäftigten führen. Damit erwarten wir mit 42,1 Millionen Menschen, die 2014 erwerbstätig sein werden, einen neuen Beschäftigungsrekord. Auch die Bruttolöhne werden steigen, und zwar um 2,7 Prozent.

In der gestrigen Ausgabe des Handelsblatts war zu lesen: „Verkehrte Welt in Berlin“. Es wurde darauf Bezug genommen, dass im Jahreswirtschaftsbericht des Ministers steht, man müsse bei der Lohnentwicklung die Produktivität beachten. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist keine verkehrte Welt. Das ist ökonomische Realität. Wenn der Wirtschaftsminister ökonomisch denkt, dann ist das doch vielmehr eine richtige, eine vernünftige Welt. Dadurch, dass der Wirtschaftsminister heute schon Walter Eucken zitiert hat, wird klar: Wir sind wirtschaftspolitisch auf einem guten und richtigen Weg.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Sigmar Gabriel, Bundesminister: Ihr hättet wohl gar nicht gedacht, dass ich den kenne!)

– Ich hätte Ihnen nicht zugetraut, dass Sie ihn kennen. Andererseits muss ich gestehen, dass ich bei keinem Seminar der Gewerkschaften dabei war. Vielleicht können wir uns diesbezüglich noch austauschen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das kann man nachholen! – Gegenruf des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Keine unsittlichen Angebote!)

Treiber des Wachstums ist vor allem die binnenwirtschaftliche Nachfrageentwicklung. Diese Entwicklung wird auch dazu führen, dass die Höhe der Importe schneller wächst als die der Exporte. Damit wird sich der Leistungsbilanzüberschuss leicht abbauen. Ich hoffe, die Androhung der EU-Kommission, sich hinsichtlich der deutschen Exportüberschüsse einzuschalten, ist damit endgültig vom Tisch. Nichtsdestotrotz müssen die Strukturreformen in den Euro-Ländern fortgesetzt werden, um deren Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft zu stärken.

Um selbst wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir weiter in Bildung und Forschung investieren. Dabei muss klar sein, dass der Großteil der Forschungsanstrengungen von der Wirtschaft selbst geleistet wird und eben nicht vom Staat. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass der Staat Anreize für Unternehmen setzt, um eben in Forschung, Innovation und Entwicklung zu investieren.

Deutschland braucht insgesamt mehr Investitionen. Die Investitionsquote von 17 Prozent ist im internationalen Vergleich zweifelsohne zu gering. Aber man muss eben ganz klar sagen, dass die Wirtschaft selbst die Investitionen leistet und eben nicht nur der Staat investieren kann. Der Staat jedoch investiert in den nächsten vier Jahren – wir haben es gehört – mit 5 Milliarden Euro kräftig in die öffentliche Infrastruktur. Es ist wichtig, dass die Straßen, die Schienen und die Wasserwege entsprechend ertüchtigt werden.

Das klare Bekenntnis zu einem strukturell ausgeglichenen Haushalt mit dem Ziel, 2015 einen Bundeshaushalt ohne Nettoneuverschuldung aufzustellen, ist ein wichtiges und richtiges Ziel. Nebenbei bemerkt: Es ist das im Sinne der Generationengerechtigkeit wichtigste Ziel, langfristig ausgeglichene Haushalte zu erreichen. Letztlich entstehen dadurch auch Handlungsspielräume für mehr staatliche Investitionen.

Die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern werden bis 2019 neu geregelt. In diesem Zusammenhang gilt es auch, den Länderfinanzausgleich so zu ändern, dass die richtigen Anreize für mehr Eigenverantwortung gesetzt werden. Ebenso gilt, dass finanziell solide ausgestattete Kommunen zum Funktionieren eines Gemeinwesens beitragen und ebenfalls erhebliche Investitionsleistungen erbringen können. Die Kommunen werden in den nächsten Jahren um insgesamt 5 Milliarden Euro entlastet, und zwar vorwiegend durch die Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter und die der Eingliederungshilfe. Damit werden auch mehr Investitionen auf kommunaler Ebene erzielt und realisiert werden können.

Trotz der guten Entwicklung am Arbeitsmarkt mit erwarteten 42,1 Millionen Erwerbstätigen waren laut Bundesagentur für Arbeit im Januar dieses Jahres 3,13 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Davon sind 1 Million Menschen langzeitarbeitslos. Wir müssen und wir werden hier größere Anstrengungen unternehmen, um gerade den Langzeitarbeitslosen eine Chance auf Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu geben. Daher begrüßen wir alle im Bericht genannten integrierenden, qualifizierenden Maßnahmen, um besonders diese Menschen bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Ebenso wichtig ist das Bekenntnis zu einem flexiblen, atmenden Arbeitsmarkt und flexiblen Arbeitsmarktmodellen. Letztlich bietet auch Flexibilität Chancen für Arbeit.

Lassen Sie mich zu einem Punkt kommen, der nicht im Wirtschaftsbericht steht, der jedoch trotzdem erwähnenswert erscheint. Durch die Abwehr von Steuererhöhungen,

(Wolfgang Tiefensee [SPD]: Wollte nie jemand!)

insbesondere einer Substanzbesteuerung für kleine und mittlere Unternehmen, konnten wir den Fortbestand und die Fortführung der Familienunternehmen langfristig schützen. – Da bin ich mir nicht so sicher,

(Wolfgang Tiefensee [SPD]: Aber wir sind uns sicher!)

wenn man Ihre Pläne genau anschaut. Das können wir noch diskutieren,

(Wolfgang Tiefensee [SPD]: Zu spät!)

aber ich glaube, das steht relativ eindeutig im Wahlprogramm.

Es steht zwar in keinem Bericht, dass in Zukunft keine Substanzbesteuerung erfolgt. Ich glaube aber, es ist trotzdem ein Erfolg und erwähnenswert.

Eine Steuervereinfachung bleibt ein Dauerthema. Wünschenswert wären dabei eine Steuerstrukturreform und das Angehen der kalten Progression.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wichtig ist jedoch auch, Steuerflucht und Steuervermeidung auf internationaler Ebene einzudämmen.

(Beifall bei der SPD)

Dazu ist eine bessere Abstimmung national geprägter Steuerrechtssysteme und der Behörden notwendig.

(Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

Auf den Finanzmärkten gilt es, Haftung und Risiko entsprechend den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft wieder in Einklang zu bringen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Im Rahmen der Verhandlungen über Basel III und neuer Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen gilt es besonders, das dreigliedrige deutsche Bankensystem nicht infrage zu stellen, sondern langfristig zu erhalten. Auch dieses Modell aus Genossenschaftsbanken, Sparkassen und privaten Banken hat während der Krise stabilisierend gewirkt.

Der Bericht heißt „Soziale Marktwirtschaft heute – Impulse für Wachstum und Zusammenhalt“. Wachstum heute heißt auch Innovation und Digitalisierung. Innovation ohne Einsatz moderner Informations- und Kommunikationsmedien ist heute nicht mehr vorstellbar. Die Digitalisierung bietet unzählige Chancen für Innovation. Die Digitale Agenda 2014–2017 ist daher ein richtiges Signal. Mitentscheidend ist dabei, dass der Ausbau leistungsfähiger Breitbandnetze flächendeckend die Versorgung mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde garantiert.

Die im Jahreswirtschaftsbericht aufgezeigten ersten Schritte sind eine gute Grundlage für die zukünftige wirtschaftspolitische Arbeit der Bundesregierung. Es gilt, die Rahmenordnung langfristig so auszugestalten, dass das Wohlstandsversprechen der sozialen Marktwirtschaft aufrechterhalten bleibt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Gabriele Katzmarek ist die nächste Rednerin für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3124137
Wahlperiode 18
Sitzung 14
Tagesordnungspunkt Jahreswirtschaftsbericht
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