14.03.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 21 / Tagesordnungspunkt 12

Karin MaagCDU/CSU - Chancengleichheit für Frauen und Männer im Beruf

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind ja nun am Ende der Debatte: Ich habe mir lange überlegt: Wie beginne ich eigentlich? – Ja, auch 2014 sind Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen gegenüber den Männern benachteiligt. Keine Frage! Aber ich bin genauso davon überzeugt, Frau Schauws, Frau Dörner, dass wir im Sinne der Frauen und der Familien in Deutschland vorankommen.

Ich will dafür ganz konkrete Beispiele benennen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat nicht erst, aber entscheidend mit den Ministerinnen Ursula von der Leyen und Kristina Schröder und mit dem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz und den entsprechenden Bundeszuschüssen – ich spreche hier immerhin von Investitionen in der letzten Legislatur von 5,4 Milliarden Euro plus Betriebskosten von jährlich 845 Millionen Euro – einen Schritt nach vorne gemacht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wir haben es gehört: Zur Entgeltgleichheit ist es ein ganz weiter Weg. Es bleibt selbstverständlich ein Skandal, dass 8 Prozent der Frauen noch immer weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen – bei haargenau derselben Tätigkeit, bei derselben Leistung und bei derselben Kompetenz. Aber, Herr Rix, wir fördern immerhin, zum Beispiel auch mit Bundesmitteln, dass sich die Mädchen in Richtung der MINT-Berufe orientieren, also auch in die besser vergüteten Berufsfelder gehen. Sie kennen den Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen. Da gibt es mittlerweile über 180 Partner aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eins ist mir als Vorsitzende der Gruppe der Frauen in meiner Fraktion ziemlich wichtig. Die Arbeit und die Zeit von Frauen wie von Männern sind gleichermaßen anerkennenswert, unabhängig davon, ob sie nun für Erwerbsarbeit, im Ehrenamt oder in der Familie eingesetzt werden. Deshalb ist es wichtig, dass auch Familienarbeit die notwendige Anerkennung erfährt. Das geschieht beispielsweise durch die Mütterrente, für die die Frauen in meiner Fraktion runde zehn Jahre gekämpft haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn wir nun den internationalen Kontext des Weltfrauentags betrachten: Es gibt – wir haben es gehört – weltweit immer noch unzählige Frauen, die wegen ihres Geschlechts oder ihrer Religionszugehörigkeit Gewalt erfahren. Da freut es mich – auch das ist ein positiver Effekt –, dass unser Bundespräsident das Thema zum Beispiel bei seiner Indien-Reise aufgegriffen hat. Wir sollten uns alle gemeinsam dafür einsetzen, dass das Thema „Gewalt gegen und Unterdrückung von Frauen“ regelhaft bei den außenpolitischen Terminen nachgefragt und abgefordert wird. Nadine Schön hat dazu berichtet. In Deutschland haben wir das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“. Das ist zumindest für unsere Frauen ein Fortschritt. Ich sage also: Wir sind deutlich vorangekommen. Mit dem dicken Absichtspaket aus dem Koalitionsvertrag im Rücken verbessern wir weiter die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für Familien und Frauen.

Jetzt will ich mich im Einzelnen zu zwei Punkten äußern, und zwar zu den Frauen in Führungspositionen und zur Familienarbeit.

Erster Punkt. Es sollte eigentlich längst der Normalfall sein – wir haben es gehört –, dass der Anteil von Frauen in Spitzenpositionen den Frauenanteil in der Belegschaft eines Unternehmens widerspiegelt. Tatsächlich – und das ist beschämend – sind unter den 191 Vorstandsmitgliedern der DAX-30-Konzerne 12 Frauen. In den Aufsichtsräten – das ist nicht zuletzt dem durch die Quotendiskussion entstandenen Druck geschuldet – beträgt der Anteil immerhin 22 Prozent. Es geht aber – auch das haben wir schon gehört – natürlich nicht nur um die Wirtschaft. Auch im Geltungsbereich des Bundes müssen wir nachbessern, in Staatskonzernen wie Post, Telekom, Bahn, aber auch in unseren Behörden.

Deshalb stelle ich aus meiner Sicht zwar bedauernd, aber mittlerweile auch sehr entspannt fest: Quoten sind nicht mein Mittel der ersten Wahl, aber das einzig wirksame Mittel. Selbstverpflichtungen und Appelle haben nicht geholfen. Deswegen ist es richtig, dass wir jetzt diese Maßnahmen gesetzlich verankern: eine 30-Prozent-Quote für die Aufsichtsräte; zusätzlich kommt die Flexi-Quote. Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmungspflichtig sind, müssen ab 2015 eben die gesetzlich verbindlichen Zielvorgaben darstellen. Wir verlangen, dass transparent berichtet wird; das muss sein. Ich kann Ihnen versichern: Ich werde auf diese Berichterstattung ein sehr genaues Auge werfen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Problematisch ist die Quote übrigens doch höchstens für diejenigen, die immer noch nicht sehen wollen, welche Chance in der Geschlechtervielfalt liegt oder, wie es in der Zeit kürzlich formuliert wurde, die immer noch nicht sehen wollen, „dass sie den wahrscheinlich wesentlichsten Wandel unserer Jahrzehnte verpassen“.

Frauen- und Flexi-Quote sind natürlich kein Allheilmittel. Verbesserungen, die daraus resultieren, werden wir erst dann erleben, wenn in der Folge der verbesserten Präsenz von Frauen auf allen Hierarchieebenen eine frauenfreundlichere Unternehmenskultur existiert, wenn es mehr Transparenz bei Einstellungen oder Beförderungen gibt und wenn wirklich eigene ambitionierte Selbstverpflichtungen beim Frauenanteil in den Unternehmen die Regel sind.

Mehr Frauen in Führungspositionen sind kein Selbstzweck. Die Arbeit in gemischten Teams – wir haben es gehört – ist erfolgreicher. Frauen sind zum Beispiel risikobewusster als Männer, auch wenn der Markt einmal heißläuft. Sie verwickeln sich deutlich weniger in Statuskämpfe, und sie orientieren sich stärker an der tatsächlichen Leistung, aber vor allem – das ist der ganz zentrale Punkt – wissen Frauen am besten, wie sie ihr Unternehmen für andere Frauen, nämlich für die besten Frauen, attraktiv machen können. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Im Mittelstand wird diese Zukunft übrigens schon lange gelebt. Fast ein Drittel der Führungsposten im Mittelstand haben Frauen inne, und das nicht etwa, weil die Eigentümer – in Anführungsstrichen – „bloß“ Töchter hätten. Mir zumindest ist kein Unternehmen bekannt, bei dem die Unternehmenskultur oder der Unternehmenserfolg mit der Verweiblichung des Vorstands – ich beziehe mich überwiegend auf mein Heimatland Baden-Württemberg – in irgendeiner Form, vorsichtig ausgedrückt, gelitten hätte.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Wertschätzung von Familienarbeit.

Dabei geht es mir zum einen um das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit. Die Teilzeitarbeit – das wissen Sie – ist neben den familienbedingten Erwerbsunterbrechungen ein wesentlicher Grund für die Lohnlücke. Teilzeitarbeit darf keine Einbahnstraße sein. Deswegen müssen wir Frauen dafür sensibilisieren, dass sie bei der Entscheidung für Elternzeit eben nicht nur die aktuelle Situation, sondern auch das Alter und die Folgen für die eigene Rente im Blick haben. Das ist wichtig.

Zum anderen geht es um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Familie zu haben bedeutet eine lebenslange Verantwortung – für Kinder und Eltern. Wir werden den Raum geben, damit auch Erwerbstätige zeitweise, wenn sie diesen Wunsch haben, dieser Verantwortung gerecht werden können. Ein erster Schritt ist die Ausgestaltung einer bezahlten zehntägigen Auszeit für Angehörige mit dem Rechtsanspruch auf Lohnersatzleistung analog zum Kinderkrankengeld, also finanziert durch die Kassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin dank des Pakets, das die beiden Damen auf der Regierungsbank in den Koalitionsverhandlungen geschlossen haben, sehr zuversichtlich, dass wir auch nächstes Jahr am 8. März weitere Verbesserungen berichten können. Ich bin sehr zuversichtlich und sage deshalb: Das Glas ist nicht halb leer, sondern halb voll.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3211406
Wahlperiode 18
Sitzung 21
Tagesordnungspunkt Chancengleichheit für Frauen und Männer im Beruf
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