Franz Josef JungCDU/CSU - Ernährung und Landwirtschaft
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft für 2014 fällt in ein besonderes Jahr. Wir gedenken nicht nur des Beginns des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren. Vielmehr begann zu dieser Zeit auch eine Phase von starkem Hunger in Deutschland. Der Winter 1916/1917, der sogenannte Steckrübenwinter, wurde ein Symbol des Hungers. Fast niemand nimmt heute noch zur Kenntnis, dass in der Zeit von 1914 bis 1918 800 000 Deutsche an den Folgen des Hungers gestorben sind.
Wir feiern in diesem Jahr auch 65 Jahre Grundgesetz. Noch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Grundgesetzes wurden an unsere Bevölkerung Lebensmittelkarten verteilt. Die Menschen waren froh über jedes Stück Brot, Schmalz oder Butter. Die meisten von uns kennen die Situation des Hungers und Lebensmittelmarken nur aus Erzählungen. Ich denke, dies zeigt eines: Ein vielfältiges, hochwertiges und erschwingliches Angebot an Lebensmitteln ist nicht selbstverständlich. Die Bauernfamilien in Deutschland arbeiten hart für unsere gesunde Ernährung. Dafür haben sie unsere Unterstützung und Wertschätzung verdient.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Mit diesem Haushalt gewähren wir diese Unterstützung. Die Vereinten Nationen haben dieses Jahr als das Internationale Jahr der familienbetriebenen Landwirtschaft ausgerufen. Dies ist ein Signal für Politik und Gesellschaft. Aber ich denke, unsere Bauernfamilien brauchen nicht nur derartige Signale – diese sind auch wichtig –, sondern auch Perspektiven und Planungssicherheit. Sie brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, und sie brauchen Mittel und Möglichkeiten für notwendige Investitionen in ihre Betriebe. Diesen Kriterien entspricht der hier vorgelegte Haushalt von Bundesminister Schmidt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich will vier Punkte hervorheben.
Erstens. Wir stellen für die agrarsoziale Sicherung – es ist gerade erwähnt worden – einen zusätzlichen Betrag von 62 Millionen Euro bereit und halten so die Beiträge zur Krankenversicherung stabil.
Zweitens. Mit der nationalen Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik schaffen wir die Voraussetzungen für die Direktzahlungen an unsere Landwirte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Direktzahlungen sind Risikoabsicherungen für kleinere und mittlere Betriebe. Sie sind aber auch ein Ausgleich für gesellschaftliche Leistungen; denn unsere Landwirte leisten einen erheblichen Beitrag zur Pflege unserer Kulturlandschaft. Auch das ist finanziell entsprechend abzusichern.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Kernpunkt in diesem Zusammenhang ist das Greening. Ich denke, Greening muss mit Augenmaß und ohne pauschale Flächenstilllegungen erfolgen. Ich füge hinzu: Ich denke, dass in entsprechenden Gebieten auch in Zukunft Pflegeumbruch ermöglicht werden muss. Denn wir wollen keine Verwahrlosung der Landschaft, sondern wir wollen auch in Zukunft die Pflege unserer Landschaft durch unsere Landwirte.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD] – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Anhörung hat es sich anders angehört!)
Der dritte Punkt ist die Förderung kleinerer und mittlerer Betriebe. Für die ersten 30 Hektar werden zusätzliche Zahlungen von 50 Euro pro Hektar erfolgen, für die nächsten 16 Hektar dann noch 30 Euro pro Hektar. Dies ist ein wichtiger Beitrag zu einer vielfältigen Agrarstruktur mit kleineren und mittleren Betrieben. Ich denke, gerade die Familienbetriebe und die kleineren und mittleren Betriebe sind auch ein Stück Lebenselixier für den ländlichen Raum. Deshalb haben sie die entsprechende Unterstützung verdient.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Viertens nenne ich die nachhaltige und tiergerechte Produktion. Wir wollen die Agrarforschung besser verzahnen. Das gilt auch und gerade mit Blick auf den Tierschutz. Wir haben in diesem Haushalt für den Bereich Nachhaltigkeit, Forschung und Innovation insgesamt 510 Millionen Euro veranschlagt. Dies dient auch dazu, neue Tierschutzmaßnahmen in der betrieblichen Praxis umzusetzen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Aber, meine Damen und Herren, ich sage auch: Tiergerechte Aufzucht und Haltung gibt es nicht zum Nulltarif. Die Initiative „Tierwohl“ darf nicht durch Preisdumping untergraben werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir wollen – so haben wir es auch im Koalitionsvertrag vereinbart – die Vermarktung regionaler Produkte ausbauen. Ich glaube, dass gerade die Einführung eines Regionalfensters – der Startschuss war ja anlässlich der Grünen Woche hier in Berlin – einen wichtigen Beitrag hierzu leistet. Eine Regionalkennzeichnung mit klaren Kriterien – die Hauptzutat muss zu 100 Prozent aus der Region stammen – stärkt, wie ich finde, das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die regionale Herkunft. Wir stärken damit auch die Wertschöpfungsketten auf dem Land. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Unterstützung auch und gerade unserer regionalen Landwirtschaft in der Zukunft.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Was in dieser Debatte oft nicht erwähnt wird – ich will es heute aber mit Genehmigung der Frau Präsidentin tun –:
Es kommt darauf an, was Sie sagen.
(Vereinzelt Heiterkeit – Ute Vogt [SPD]: Keine Zensur!)
Zu diesem Bereich, Frau Präsidentin, gehört auch der Weinbau.
Ja, selbstverständlich.
Deshalb finde ich es erwähnenswert, dass wir die Qualität des Weinbaus durch ein Stützungsprogramm für Wein weiter fördern, und zwar mit rund 39 Millionen Euro im Jahr. Dies dient insbesondere der Steillagenförderung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer einmal in den entsprechenden Gebieten gewesen ist – sei es an der Mosel, sei es am Rhein oder in anderen Regionen – und gesehen hat, wie die Winzerinnen und Winzer gerade in den Steillagen durch sehr harte Arbeit mit die Voraussetzungen dafür schaffen, dass unsere Kulturlandschaft auch in diesen Regionen in Zukunft erhalten bleibt und weiterentwickelt wird, der kann, glaube ich, nachvollziehen, dass die Steillagenförderung für die Winzerinnen und Winzer auch in Zukunft notwendig ist.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das Qualitätsprodukt Wein ist aus meiner Sicht ein Kulturgut. Ich finde, wir müssen nur noch einen Beitrag leisten, dass dies noch mehr in das breite Bewusstsein unserer Bevölkerung eindringt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Perspektiven, Planungssicherheit, Qualität und Produktinnovationen, das sind die Voraussetzungen für eine zukunftsfeste Landwirtschaft. Wir legen mit diesem Haushalt das finanzielle Fundament für eine positive Entwicklung unserer Landwirtschaft, für eine positive Entwicklung im Bereich der Ernährung. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Unterstützung für diesen Haushalt.
Besten Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank, Herr Kollege Jung. – Nächste Rednerin ist Karin Binder für die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 18 |
Session | 28 |
Agenda Item | Ernährung und Landwirtschaft |