09.04.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 29 / Einzelplan 04

Gerda HasselfeldtCDU/CSU - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss jetzt leider zur allgemeinen Haushaltsdebatte zurückkommen.

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lasst uns über Kultur reden!)

Da können wir heute einen wirklich historischen Wendepunkt in der Haushaltspolitik unseres Landes erleben. Der Bundesfinanzminister kann für das Jahr 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Für das nächste Jahr wird ein ausgeglichener Haushalt ohne Neuverschuldung erwartet. Das ist eine großartige Leistung, die vor Jahren nicht vorhersehbar war. Es ist die Leistung dieser Bundesregierung, wofür ich herzlich danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist umso bemerkenswerter, als wir zu Beginn der Regierungszeit von Angela Merkel eine ganze Reihe von Problemen und Herausforderungen zu bewältigen hatten. Wir hatten 2005 eine hohe Arbeitslosigkeit und eine hohe Verschuldung übernommen. Dann kam, bald nachdem sich die ersten positiven Effekte zeigten, die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise hinzu, eine Krise, wie sie die Nachkriegszeit noch nicht erlebt hatte. Bald darauf gab es in Europa die Staatsschuldenkrise, die ebenfalls zu bewältigen war. Meine Damen und Herren, auch diese Krisenzeiten wurden gut bewältigt. Sie wurden richtig bewältigt mit den richtigen politischen Entscheidungen, mit den richtigen soliden strukturellen Haushaltsentscheidungen. Das war die Richtlinie dieser Politik. Strukturreformen und solide Haushaltspolitik bestimmten die Politik, die dazu führte, dass wir besser aus der Krise herausgekommen sind, als wir hineingegangen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir haben eine Stabilitätskultur entwickelt, die nicht nur die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Schuldenbremse erfüllte, sondern auch Spielräume eröffnete – das wurde heute schon mehrfach angesprochen – für die junge Generation, für diejenigen, die nach uns kommen. Diese generationengerechte Haushalts- und Finanzpolitik hat mittlerweile Vorbildfunktion in Europa und in der ganzen Welt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir alle haben erlebt, zu welchen fatalen Auswirkungen eine zu hohe Verschuldung in manchen europäischen Ländern geführt hat: auf die wirtschaftliche Situation, auf die Beschäftigung, auf die soziale Situation der Menschen. Heute können wir sagen: Auch dieser Kurs war richtig, nämlich in Europa darauf zu setzen, dass jedes europäische Land seine Hausaufgaben machen muss. Es war auch richtig, nicht auf die Vergemeinschaftung von Schulden, auf Euro-Bonds, zu setzen, sondern auf eine solide Haushaltsführung, auf die Einhaltung der Auflagen, die gemacht werden, und auf die Durchführung von Strukturreformen. Auch damit haben wir uns durchgesetzt, und es war erfolgreich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt kann man sich natürlich fragen: Warum eigentlich solide Haushaltspolitik? Steht das auf dem Papier, kann man sich darüber freuen und es wieder zur Seite legen? Nein, meine Damen und Herren, es ist die Grundlage für unsere politische Verantwortung insgesamt. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Ich bin mit 18 Jahren in die CSU eingetreten. Es war damals, 1968, für ein Mädchen aus dem Bayerischen Wald nicht unbedingt selbstverständlich, in eine damals eher männlich geprägte Partei einzutreten.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das hat der CSU gutgetan!)

Aber, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das, was mich damals motiviert hat und was auch heute noch ein wichtiger Teil meiner politischen Arbeit ist, ist die Tatsache, dass ich damals als junges Mädchen ernst genommen wurde und dass ich mich ernst genommen fühlte und mitgestalten konnte. Ich spürte, dass dort Männer am Werk sind – damals waren überwiegend Männer in der Partei –, die auch ein Interesse daran haben, dass die junge Generation in diesem Land Chancen hat, dass sie auch in ländlichen Regionen Chancen hat. Ich habe das persönlich erlebt. Deshalb ist es mir so wichtig, immer wieder zu sagen, dass die Union die Partei ist, die für die nachwachsende Generation sorgt; wir sorgen dafür, dass die jungen Leute künftig auch Chancen haben, dass wir ihnen keine Schulden überlassen. Sie haben ein Anrecht auf eine Zukunft ohne Altlasten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Manchmal denke ich, gerade die Grünen tun immer so, als wollten sie für Nachhaltigkeit sorgen und würde ihnen nachhaltige Politik in besonderer Weise am Herzen liegen. Im Land Baden-Württemberg – man braucht nicht sehr weit zurückzuschauen; denn dort sind sie in der Verantwortung – haben sie gezeigt, wie weit es mit der Nachhaltigkeit bestellt ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben ein Land übernommen, das seit einigen Jahren keine neuen Schulden mehr machte. Kaum waren Sie in der Verantwortung, wurden neue Schulden gemacht. An diesem Beispiel zeigt sich: Mit Nachhaltigkeit haben die Grünen nichts, aber auch gar nichts am Hut.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun ist solide Haushaltspolitik aber auch die wichtigste Grundlage dafür, dass es den Menschen gut geht, dass wir eine gute wirtschaftliche Entwicklung, Beschäftigung und sichere Arbeitsplätze haben. Das sind keine Gegensätze; das sehen wir an all den Ländern, in denen das praktiziert wird. Solide Haushaltspolitik ist die eine Seite und eine gute wirtschaftliche Entwicklung die andere Seite ein und derselben Medaille. Das gehört zusammen; das eine ist die Voraussetzung für das andere. Deshalb müssen wir alles daransetzen, dass wir die gute wirtschaftliche Entwicklung, die wir in den letzten Jahren hatten, nicht aufs Spiel setzen, sondern weiterführen und dabei niemanden, auch nicht die Schwächeren, auf der Strecke lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dazu gehört als Erstes, dass wir die wichtigste Ressource, die wir in unserem Land haben, nämlich die Menschen, in ihrer unterschiedlichen Art und mit ihren ganz unterschiedlichen Talenten ernst nehmen und entsprechend fördern, und zwar diejenigen, die eher theoretisch begabt sind, an den Universitäten und Hochschulen. Wir müssen also so viel, wie wir können, in die Forschung stecken. Die Bundeskanzlerin hat heute unter Nennung von Zahlen darauf hingewiesen. Wir haben schon in der letzten Legislaturperiode unsere Anstrengungen in diesem Bereich verstärkt und werden in dieser Legislaturperiode noch darüber hinaus etwas tun; wir werden die Hochschulen zusätzlich fördern. Aber, meine Damen und Herren, das alleine ist es nicht. Das Leben beginnt nicht erst mit dem Abitur und schon gar nicht erst mit dem Studium.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das stimmt!)

Praktisch orientierte Ausbildungsplätze sind mindestens genauso wichtig wie theoretisch orientierte Studienplätze.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb begrüße ich es sehr, dass die Bundesbildungs- und -forschungsministerin immer wieder darauf hinweist. Gerade der gestern vom Kabinett beschlossene Berufsbildungsbericht gibt uns Anlass dazu, immer wieder neu darüber nachzudenken. Wir müssen uns bewusst machen, dass wir im Bereich der beruflichen Bildung nicht einfach zur Seite schauen dürfen, sondern jedes Talent ernst nehmen und fördern müssen.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen: Wenn wir über Bildung reden, dann reden wir nicht nur über eine Bundesangelegenheit; primär ist das eine Aufgabe der Länder. Wenn zum Beispiel die Schulsozialarbeit so hochgepriesen wird, dann frage ich mich: Warum tun denn die Länder, obwohl sie so gepriesen wird, nicht mehr dafür? Es ist originäre Aufgabe der Länder, in den Schulen die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der zweite Ansatzpunkt, wenn es um sichere Arbeitsplätze geht, ist die Infrastruktur: die Infrastruktur im Verkehrsbereich, die digitale Infrastruktur. Dazu ist heute schon viel gesagt worden. Angesichts der Aufholarbeit aufgrund der Versäumnisse, die wir in den vergangenen Jahrzehnten angehäuft haben, begrüße ich es sehr, dass wir diesem Bereich in dieser Legislaturperiode neuen Schwung verleihen, etwa indem wir zusätzliche Mittel von etwa 5 Milliarden Euro in die Verkehrsinfrastruktur investieren und den Breitbandinfrastrukturausbau forcieren. Die Betriebe, die Menschen in den ländlichen Räumen sind genauso wichtig wie die in den Ballungsgebieten, und sie brauchen das schnelle Internet genauso wie die in den Ballungsgebieten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ein vierter Bereich, der auch zur Infrastruktur gehört, ist der energiepolitische Bereich. Auch dazu ist heute schon viel gesagt worden. Auch ich möchte ganz herzlich der Bundeskanzlerin und dem Bundeswirtschaftsminister dafür danken, dass sie in den Verhandlungen mit der EU-Kommission auf europäischer Ebene eine Regelung hinbekommen haben, durch die die industrielle Basis unseres Landes und damit Hunderttausende von Arbeitsplätzen gesichert werden, meine Damen und Herren. Das ist ein ganz großer Fortschritt, gerade vor dem Hintergrund, was wir dazu noch vor einigen Wochen von der EU-Kommission zu hören bekamen. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, wir leben nicht nur von Angebot und Nachfrage. Wir leben nicht nur von Geld. Nicht nur Finanzen und Wirtschaft sind wichtig, sondern auch die Antworten auf die Frage: Wie gehen wir miteinander um? Wie halten wir über die Generationen hinweg zusammen? Welche Werte verbinden uns? In diesem Zusammenhang stellt sich zum Beispiel auch die Frage: Was ist uns Erziehung wert? Ich sage Ihnen für meine Partei ganz deutlich: Erziehung ist nicht nur die originäre Aufgabe der Eltern, sondern sie ist einer der wichtigsten Aspekte in unserem Zusammenleben überhaupt. Erziehungsleistung ist Lebensleistung, die von den Eltern für ihre Kinder erbracht wird. Sie ist nicht nur für ihre Kinder wichtig, sondern für die ganze Gesellschaft, für uns alle miteinander.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es ist deshalb richtig, dass wir nicht nur über die Mütterrente diskutieren, wie vor der Wahl, sondern dass wir diese auch realisieren. Wir sorgen für eine bessere Anerkennung der Erziehungszeiten in der Rentenversicherung für jene Mütter, die ihre Kinder unter schwierigeren Bedingungen als heute erzogen haben, die zu weiten Teilen auf Erwerbstätigkeit verzichtet haben. Nun erkennen wir diese Leistung der Mütter auch für vor 1992 geborene Kinder an. Diese Verbesserung setzen wir mit der Verabschiedung des Rentenpakets um.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir wissen, dass wir vor großen demografischen Herausforderungen stehen. Deshalb haben wir uns in den Koalitionsverhandlungen eindeutig darauf verständigt: Am Grundsatz der Rente mit 67 wird nicht gerüttelt. Wir haben uns auch darauf verständigt, eine Übergangsregelung zu schaffen, die vorsieht, dass man ab 63 Jahren nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Rente gehen kann. Dazu stehe ich. Das haben wir vereinbart.

Es gibt darüber hinaus noch eine Reihe von Problemen, die wir zu bewältigen haben, insbesondere die mit der Rente ab 63 verbundene Gefahr der Frühverrentung. Diese Probleme müssen wir in aller Kollegialität, in Offenheit und in konstruktiven Diskussionen bewältigen. Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinbekommen. Die Gespräche in den vergangenen Tagen haben ja durchaus Anlass zu dieser Zuversicht gegeben.

Wir sind nicht gewählt, um uns in der Koalition nur zu streiten. Vielmehr sollten wir in Auseinandersetzungen den besten Weg für die Menschen in unserem Land, für ihre Arbeitsplätze und ihre soziale Sicherung erarbeiten. Das eint uns. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir eine gute Lösung hinbekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, Volker Kauder hat vorhin gesagt: Das Ziel dieser Koalition ist, dass es den Menschen am Ende dieser Legislaturperiode noch besser geht als vorher. Genau das ist das Ziel. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Ziel werden wir erreichen, wenn wir uns an dem Dreiklang orientieren, der auch diesen Haushalt prägt, nämlich erstens stabile Finanzen, zweitens sichere Arbeitsplätze und drittens gesellschaftlicher Zusammenhalt. Das ist der Dreiklang, der im vorliegenden Haushaltsentwurf zum Ausdruck kommt. Dieser Haushaltsentwurf ist die beste Grundlage, um die Ziele dieser Koalition zu erreichen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion Die Linke hat nun die Kollegin Sigrid Hupach das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir kommen jetzt wieder zur Kultur. Wir sehen uns gern als Kulturnation. Aber wie unterstreicht das dieser Haushaltsentwurf?

Die Linke begrüßt, dass nicht gekürzt wird. Wir finden jedoch, dass 1,6 Prozent des Gesamtetats der öffentlichen Haushalte für die Kultur zu wenig sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Die soziale Lage der Kulturschaffenden in unserem Land hat sich nicht verbessert. Nach wie vor liegen ihre Einkünfte, ob sie im Theater arbeiten, Kostüme entwerfen, Tänzer oder Musiker sind, nur knapp über dem Existenzminimum. Der Koalitionsvertrag versprach Hoffnung mit einem großen Abschnitt zur Kultur. Das war erfreulich. Gut hundert Tage nach Verabschiedung ist aber nicht zu erkennen, wie diese Versprechungen mit dem vorliegenden Haushalt eingelöst werden sollen.

Verdoppelt wurden die Mittel für die Provenienzforschung, die sich mit der Herkunftsgeschichte von Kunst- und Kulturgütern befasst. Frau Grütters plant ein „Deutsches Zentrum Kulturgutverluste“. Es war höchste Zeit hierfür – 15 Jahre nach der Washingtoner Erklärung und fast 70 Jahre nach Kriegsende. Wir begrüßen diese Entwicklung sehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber gemäß seiner bisherigen Konzeption löst ein solches Zentrum die Probleme der Länder auf dem Gebiet der Provenienzforschung nicht. Was die Länder und ihre Museen brauchen, sind entsprechendes Personal und Geld. Das Geld dafür fehlt aber. 4 Millionen Euro vom Bund für die Provenienzforschung sind so gesehen viel und wenig zugleich.

Im letzten Haushalt gab es für ein Denkmalschutzsonderprogramm noch Mittel. Im neuen Entwurf sucht man dies leider vergebens, trotz Ankündigung im Koalitionsvertrag. Es war aber gerade dieses Programm, das zum Erhalt der Infrastruktur in den Ländern beigetragen hat. Hier muss dringend nachgebessert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Den kooperativen Kulturföderalismus auszubauen war eine weitere Aussage im Koalitionsvertrag. Für uns ein Hoffnungsschimmer, fordern wir doch seit Jahren ein Kooperationsgebot im Bereich Kultur und eine Gemeinschaftsaufgabe Kultur. Ohne dies bleibt dem Bund nur die Kulturstiftung des Bundes. Die Kriterien der Bundeskulturförderung müssten überdacht und die Kulturstiftung des Bundes genau wie ihre Fonds gestärkt werden. Das war in der letzten Legislatur noch die Aussage der SPD. Von einem neuen Musikfonds war die Rede: ansatzweise im Koalitionsvertrag noch vorhanden, aber im Haushalt findet man dazu nichts mehr. Die Kulturstiftung des Bundes verliert sogar ihren einmaligen Aufwuchs in Höhe von 5 Millionen Euro. Dies werden wir nicht hinnehmen. Wir werden erneut eine Aufstockung um 10 Millionen Euro fordern.

(Beifall bei der LINKEN)

Erbepflege geht einmal mehr vor Neukonzeption. Dabei müsste doch allen Beteiligten klar sein, dass einem Wandel der kulturellen Produktionsbedingungen, einem Umbruch der Wahrnehmung und Nutzung von Kultur, wie wir ihn aktuell erleben, auch ein Wandel der Förderstrukturen folgen muss.

Nach Berlin fließen circa 40 Prozent der gesamten Mittel für die Bundeskulturförderung. Das ist nicht einfach mit dem Gedanken des kooperativen Kulturföderalismus in Einklang zu bringen. Trotzdem wird über Museumsneubauten mit Kosten in dreistelliger Millionenhöhe öffentlich nachgedacht. Umsetzen müsste dies die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, eine Stiftung, die chronisch unterfinanziert ist, die seit Jahren mit einer Vielzahl von Bau- und Sanierungsprojekten überlastet, wenn nicht überfordert ist, und deren Bauetat in diesem Haushalt um keinen einzigen Euro aufgestockt wird. Wie soll diese Stiftung ein neues Museum der Moderne finanzieren? Was wir jetzt brauchen, ist eine grundsätzliche Debatte über die Finanzierung der Stiftung und eine deutliche Aufstockung ihrer Mittel.

Neben Visionen von Museumsneubauten brauchen wir auch, Frau Grütters, Visionen für die Kulturförderung der Zukunft. Zeitgemäße Kulturpolitik muss Antworten haben auf die aktuellen Herausforderungen wie zum Beispiel den demografischen Wandel oder die Digitalisierung. Künstlerinnen und Kreative müssen ausreichend sozial abgesichert sein.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau!)

Für viele dieser Punkte hat die Linke bereits Vorschläge vorgelegt.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ach was!)

Frau Grütters, Sie haben kürzlich im Spiegel gefordert – Zitat –: „Gebt mir die Millionen.“ Dazu sage ich: Kämpfen Sie um die Millionen – für die Kultur!

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Dr. Hans- Ulrich Krüger das Wort.

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Große Koalition macht eine gute Arbeit.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Richtig!)

Dies beweist der jetzt vorliegende Gesetzentwurf zum Haushalt. Wir brauchen auch in diesem Jahr, wie es unser geehrter, leider viel zu früh verstorbener Kollege Peter Struck anlässlich eines derartigen Einbringungsvorgangs einmal gesagt hat, „unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen“. Einen auf der einen Seite strukturell ausgeglichenen Haushalt und auf der anderen ein in den Koalitionsverhandlungen gutes und sozial gerechtes, aber vor allen Dingen finanzierbares Investitionsprogramm zu gestalten, das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine Kunst. Und wir alle wissen: Kunst kommt von Können.

Die Koalition hat sich viel vorgenommen, und sie wird auch viel erreichen. Für eine Haushaltskonsolidierung braucht man zum einen Disziplin und zum anderen eine gute gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Beide Faktoren liegen vor, ja, sie geben uns den Spielraum, die in den Koalitionsverhandlungen prioritär vereinbarten Ziele umzusetzen: die Rente mit 63, die Mütterrente, Investitionen in Bildung und Forschung, Unterstützung der Kommunen.

Gestaltungsspielräume zu nutzen und gleichzeitig zukünftige Generationen zu entlasten, sind von jeher sozialdemokratische Anliegen.

(Beifall bei der SPD)

Mit der in der letzten Großen Koalition im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse haben wir eine Grundlage hierfür bereits geschaffen. Mit den mutigen Reformen noch unter Gerhard Schröder sowie dem entschlossenen und heute auch schon mehrfach angesprochenen Handeln des Finanzministers Peer Steinbrück und des Arbeitsministers Olaf Scholz während der Finanzkrise durch ein umfassendes Konjunkturpaket haben wir eine weitere Basis dafür geschaffen, dass wir heute über einen strukturell ausgeglichenen Haushalt für das Jahr 2014 beraten können und für 2015 einen Haushalt ganz ohne neue Schulden vorzeigen wollen und werden.

(Beifall bei der SPD)

Das nenne ich „Investieren in die Zukunft“.

Wie ich schon eingangs feststellte: Zum einen einen strukturell ausgeglichenen Haushalt aufzustellen und zum anderen Geld für wichtige Investitionen in die Hand zu nehmen, ist eine Kunst. Beides ist voneinander abhängig. Ich kann behaupten, dass die SPD die in der Regierung vorhandenen Spielräume für die richtigen Prioritäten nutzt. Lassen Sie mich das kurz vorstellen.

Die Lebensleistung von Menschen muss anerkannt werden. Wer 45 Jahre gearbeitet hat, darf und soll die Früchte seiner Arbeit auch ernten können; die Kollegin Hasselfeldt hat soeben zutreffend darauf hingewiesen. Das heißt, wer mit 18 oder sogar früher angefangen hat, hart zu arbeiten, kann mit 63 in den Ruhestand gehen. Nicht jeder von uns leistet einen solchen Solidaritätsbeitrag, indem er derart lange Beiträge in unser Sozialversicherungssystem einzahlt. Insofern ist die Anerkennung der Lebensleistung dieser Menschen nicht nur sozial gerecht, sondern auch sachgerechte Fürsorge des Staates. Deswegen liegt die Zustimmung für die Rente mit 63 für langjährig Versicherte in der Bevölkerung bei 87 Prozent und bei den 18- bis 34-Jährigen sogar bei 89 Prozent. Gerade der Großteil der jungen Generation steht vollständig hinter dem Plan, Menschen, die jahrzehntelang hart gearbeitet haben, einen früheren Rentenzugang ohne Abschläge zu ermöglichen. Der Rentenbeitragssatz in der Deutschen Rentenversicherung bleibt 2014 also bei 18,9 Prozent. Es bleibt damit beim Status quo.

Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht genug: Wir verbessern auch die Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der Rente für Väter und Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden. Auch das ist ein Gebot der Fairness. Eltern, die ihre Kinder erziehen, wissen, was das heißt. Kindererziehung und Kinderbetreuung sind ein Fulltime-Job. Von daher ist es nur fair und sozial gerecht, dass die Kindererziehungszeit mit einem weiteren Entgeltpunkt berechnet wird. Zukünftig, also ab dem 1. Juli 2014, erhalten demgemäß Väter und Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, pro Kind zwei Jahre Erziehungszeit angerechnet und damit eine erhöhte Rente.

Diese „Mütterrente“ wird zunächst aus den Beiträgen der Rentenversicherung und den Rücklagen finanziert. Als SPD – das bekenne ich ganz freimütig – hätten wir uns vorstellen können, hierfür Steuermittel heranzuziehen. Dies jedoch war aus den bekannten Gründen in den Verhandlungen nicht umsetzbar. Somit wird es 2019 einen zusätzlichen Bundeszuschuss aus Steuermitteln an die gesetzliche Rentenversicherung geben. Diese Mittel werden dann bis 2022 auf 2 Milliarden Euro jährlich erhöht. Sie sehen, meine Damen und Herren, auch die Mütterrente ist ein Gebot staatlicher Fairness.

Einen dritten Punkt möchte ich ebenfalls noch erwähnen, nämlich die Erwerbsminderungsrente. Auch diese erhöhen wir. Die Erwerbsminderungsrente erhalten bekanntermaßen Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen, zum Beispiel wegen eines Unfalls, nicht mehr berufstätig sein können. Auch hier ist staatliche Fairness angebracht. Wir werden daher die Erwerbsminderungsrente ebenfalls ab dem 1. Juli 2014 um 5 Prozent erhöhen. Nur ein handlungsfähiger Staat ist in der Lage, sich stark zu machen für sozialen Ausgleich und gesellschaftliche Teilhabe. Das tun wir. Das wollen wir.

Ein weiterer wichtiger Förderungsschwerpunkt sind Investitionen in Bildung und Forschung. Bildung und Forschung ist und wird ein Schwerpunkt unserer gemeinsamen Politik bleiben. 14 Milliarden Euro werden hierfür im Haushalt zur Verfügung gestellt. Wir reagieren damit auch auf die stark gestiegene Zahl von Studienanfängern und -anfängerinnen. Es ist gut und wichtig, dass immer mehr junge Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten einen guten Schulabschluss schaffen und Zugang zu den Universitäten und so zu optimaler Chancengleichheit im Leben erhalten. Das kostet Geld. Von daher ist es nicht nur richtig, sondern notwendig, dass der Bund 2014 circa 1,8 Milliarden Euro zur Verfügung stellt, womit die Länder bei der Schaffung zusätzlicher Studienplätze unterstützt werden. In diesem Zusammenhang müssen natürlich auch die Studienbedingungen und die Qualität der Lehre verbessert werden. Wir müssen es darüber hinaus auch als Baustelle und Hausaufgabe für die aktuelle Legislatur ansehen, eine grundlegende Reform des BAföG zu erarbeiten und auch zu beschließen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein besonderes Anliegen sozialdemokratischer Politik ist die Stärkung der Leistungsfähigkeit unseres Bildungssystems. Um es mit den Worten der nordrhein- westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auszudrücken: „Wir wollen kein Kind zurücklassen.“ Das Gleiche gilt für Schüler, Jugendliche und Studenten. Anders gesagt: Die Chancen junger Menschen dürfen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Forschung wird weiter gestärkt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die entsprechenden Einrichtungen erhalten 5 Prozent höhere Zuwendungen.

Eine weitere prioritäre Maßnahme – das wurde heute schon angesprochen – ist die Erhöhung der Mittel für die Städtebauförderung. Ich erinnere nur daran, dass das Projekt „Soziale Stadt“ zuletzt noch mit 28,5 Millionen Euro, also knapp 30 Millionen Euro, dotiert war. Wir haben mittlerweile eine Dotation von 150 Millionen Euro festgelegt. Ich erinnere daran, dass wir die Mittel für die Städtebauförderung auf 700 Millionen Euro angehoben haben.

(Beifall bei der SPD)

Das ist etwas, was angesichts der Lage der Kommunen bitter nötig ist.

Im Zusammenhang mit den Kommunen komme ich nun zu einem zentralen und wichtigen Thema dieses Bundeshaushalts. Ja, wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass der Bund die Kommunen finanziell entlastet. Das ist angesichts der Belastung finanzschwacher Städte und Gemeinden bitter nötig. Viele Städte und Kommunen, die erhebliche Leistungen zu erbringen haben, können ihre Haushalte kaum noch stemmen. Sie stehen häufig unter dem Druck von Haushaltssicherungskonzepten und verlieren damit das ureigenste kommunale Instrument der Selbstverwaltungshoheit. An dieser Stelle sind wir gefordert.

Ab 2014 – auch das ist angesprochen worden – übernimmt der Bund vollständig die Kosten der Grundsicherung in Höhe von aktuell 5,5 Milliarden Euro. Das ist ein großer, für die Gemeinden direkt positiv spürbarer Erfolg sozialdemokratischer Politik, der – ich erinnere daran – nicht zuletzt aufgrund der rot-grünen Hartnäckigkeit im Vermittlungsausschuss zustande gekommen ist.

Ferner haben wir vereinbart, dass die Kommunen im Rahmen der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes in einem Umfang von 5 Milliarden Euro jährlich von den Kosten der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen entlastet werden. Wir stehen fest zur Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes in dieser Legislatur; daran wird nicht gerüttelt. Und eines, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist auch klar: Bis dieses Gesetz erarbeitet ist, werden die Kommunen, beginnend ab Januar 2015, um 1 Milliarde Euro jährlich entlastet. Ziel ist es, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales noch in diesem Jahr mit den Arbeiten an diesem Gesetzgebungsvorhaben beginnt. Im Zuge des Bundesteilhabegesetzes soll die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt werden, das Leben von Menschen mit Behinderung eindeutig und konkret verbessert werden. Wir werden daher alles dafür tun, dass dieses Gesetz in 2016 verabschiedet wird. Wir definieren auch ganz klar das angestrebte Ziel, bereits 2017 zu einer höheren Entlastung der Kommunen zu kommen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, auf der einen Seite einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren und auf der anderen Seite Zukunftsinvestitionen für die Menschen in unserem Land vorzusehen, schließt sich nicht aus, nein, das ist unabdingbar miteinander verbunden. Wir betreiben insofern eine Politik der ökonomischen Vernunft.

Lassen Sie mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, angesichts der Debatte um die Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand zum Schluss noch ein paar Sätze zur Steuerehrlichkeit in unserer Gesellschaft sagen, einem Thema, welches uns, die Medien und die Menschen im Land in den letzten Wochen sehr bewegt hat. Ich möchte daher in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass es der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans war, der mit dem beharrlichen, damals von vielen beschimpften, heute aber von fast allen bejahten Ankauf von Steuer-CDs nicht nur eine Diskussion über Steuerehrlichkeit und Steuermoral in Gang gesetzt hat, sondern auch dafür gesorgt hat, dass so mancher hinterzogene Steuereuro doch noch in die Staatskasse geflossen ist.

(Beifall bei der SPD)

Nordrhein-Westfalen hat für den Kauf von Steuer-CDs bislang einen einstelligen Millionenbetrag ausgegeben und dadurch im Gegenzug mehr als 300 Millionen Euro an entzogenen Steuern für die Bürger eingenommen – wie ich finde, eine gute Rendite.

Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen – auch an die Opposition gerichtet –: Die Große Koalition packt an allen Fronten, auf allen Ebenen die Probleme an. Wir sind auf einem sehr guten Weg. Diesen werden wir weitergehen. Ich lade Sie daher ein, unsere Arbeit bei den Haushaltsberatungen zu unterstützen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat die Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3290674
Wahlperiode 18
Sitzung 29
Tagesordnungspunkt Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
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