10.04.2014 | Deutscher Bundestag / 18. EP / Session 30 / Einzelplan 15

Helmut HeiderichCDU/CSU - Gesundheit

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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste auf der Tribüne! Als Haushälter muss man sich etwas mehr der finanziellen Seite zuwenden. Deswegen möchte ich mich am Anfang mit den Vorwürfen von der linken Seite beschäftigen, die gestern in der Generaldebatte, aber auch vorhin geäußert worden sind. Es wurde behauptet, dieser Bundeshaushalt gefährde die Sozialkassen. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Linken, ich habe den Eindruck, dass Sie immer noch nicht so ganz begriffen haben, was eigentlich Sozialkassen sind. Sozialkassen werden von den Bürgern und den Unternehmen gefüllt. Je besser die wirtschaftliche Lage in einem Lande ist, desto besser geht es den Sozialkassen.

Heute Morgen wurde der aktuelle Bericht der Forschungsinstitute veröffentlicht. Diese Institute haben festgestellt, Deutschland steht vor einem weiteren Aufschwung und dafür verantwortlich ist dieser Bundeshaushalt. Mit dem Bundeshaushalt wird also die Situation der Sozialkassen verbessert. Das sollten Sie einmal öffentlich sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich will Sie bei dieser Gelegenheit zurückfragen: Wann hatten wir in Deutschland jemals 42 Millionen Beschäftige? Wann hatten wir jemals 29 Millionen Menschen, die in die Sozialkassen eingezahlt haben?

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Wie viele prekäre?)

Das ist ein Erfolg unserer Politik und stärkt die Sozialkassen. Das steht im Gegensatz zu dem, was Sie behaupten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Heiderich, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Weinberg?

Gerne.

Vielen Dank, Herr Kollege Heiderich, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Wir haben derzeit in Deutschland 134 Kassen. Wissen Sie, wie viele von denen im letzten Jahr auf die Rücklage zugreifen mussten, also das Jahr mit einer roten Zahl abgeschlossen haben? – Ich kann es Ihnen sagen: Es waren 104 von 134 Kassen. Das heißt, die Lage im Gesundheitsbereich und die Lage der Kassen selbst sind gar nicht so rosig, wie Sie es darstellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will Ihnen darauf antworten, dass es nicht auf die Anzahl der Kassen ankommt, sondern darauf, wie viele Versicherte betroffen sind. Wenn ich den Herrn Minister vorhin richtig verstanden habe, dann ist es so, dass aufgrund der Neuregelung der Versicherungsbeiträge die Hälfte der Versicherten in Deutschland geringere Beiträge zahlen wird als vorher. Die Lage ist also offensichtlich sehr gut, und dies zeigt, dass wir hier auf einem richtigen Weg sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie können es auch umgekehrt sehen: Immer dann, wenn es in Deutschland wirtschaftlich schwierig war, haben auch die Sozialkassen zu kämpfen gehabt. Das will ich am Beispiel des Gesundheitsfonds deutlich machen. Der Gesundheitsfonds, der ja 2004 eingeführt worden ist, hat eine relativ wechselhafte Geschichte. Am Anfang wurden 2,5 Milliarden Euro für versicherungsfremde Leistungen zur Verfügung gestellt. Das ist deutlich weniger als heute.

Mit der Erlaubnis des Präsidenten möchte ich eine Grafik hochhalten. Sie zeigt die Entwicklung des Zuschusses an den Gesundheitsfonds. In roter Farbe ist der Anstieg dargestellt, den er normalerweise hätte nehmen sollen. Im Jahr 2009 kam der wirtschaftliche Einbruch. Was ist dann geschehen? Die Bundesregierung hat aus konjunkturellen Gründen dem Gesundheitsfonds in den darauffolgenden Jahren – dies ist in anderen Farben dargestellt – zusätzliche Milliarden gegeben: 2009 zusätzlich 3 Milliarden Euro, 2010 zusätzlich 11 Milliarden Euro und 2011 zusätzlich 8 Milliarden Euro. Das Ministerium hat mir freundlicherweise ausgerechnet, dass weit über 30 Milliarden Euro mehr in den Gesundheitsfonds gegeben worden sind, als nach der Berechnung der versicherungsfremden Leistungen eigentlich notwendig gewesen wären. Das ist die Wahrheit zum Gesundheitsfonds. Wenn wir jetzt aus konjunkturellen Gründen etwas aus diesem Haushalt zurücknehmen, dann ist das sozusagen ein Stück weit ein Ausgleich und nicht, wie Sie behaupten, die Gefährdung dieses Gesundheitsfonds.

Auf der anderen Seite müssen wir auch darauf achten – das sage ich auch einmal als Haushälter –, dass die Ausgaben mittel- und längerfristig mit dem Wachstum des BIP, mit dem Wirtschaftswachstum zur Deckung gebracht werden müssen. Das sollten wir immer bedenken, wenn wir hier über Einzelmaßnahmen und Einzelprojekte reden.

Es gibt in diesem Haushalt eine Reihe von neuen Schwerpunkten. Ich begrüße das außerordentlich. Es sind schon einige davon angesprochen worden. Ich begrüße auch, dass wir hier auf dem Weg zu einem Innovationsfonds sind, weil wir diesen mit den neuen Schwerpunkten verbinden können. Ich unterstreiche noch einmal ganz ausdrücklich: Es geht um die zusätzliche ärztliche Versorgung im ländlichen Raum. Wir wissen alle, dass das im Moment schwierig ist. Wir haben in den letzten Jahren einige Schritte unternommen und einige Verbesserungen eingeführt, aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Deswegen befürworte ich, dass wir mit diesem Innovationsfonds das Thema „Ärzteversorgung im ländlichen Raum“ aufgreifen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Aber ich empfehle auch, dass wir uns in gleicher Weise mit der Frage der stationären Versorgung in diesen Räumen beschäftigen und damit, ob wir in Zukunft noch kommunale oder kirchliche Krankenhäuser haben wollen oder ob wir dahin kommen wollen, dass am Schluss nur noch drei oder vier große Gesundheitskonzerne die gesamte stationäre Versorgung in Deutschland übernehmen.

(Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das wollen wir nicht!)

Das ist eine Frage, über die wir diskutieren müssen. Das ist auch eine Frage, die wir mit diesem Innovationsfonds aus meiner Sicht angehen müssen.

Ich begrüße ausdrücklich auch, dass die Bundesregierung die Position eines Pflegebeauftragten geschaffen hat und dass wir mit der entsprechenden Ausstattung, die in diesem Haushalt vorgesehen ist, die Möglichkeit haben, diese wichtige Aufgabe – das ist eben ja schon mehrfach angesprochen worden – weiter zu stärken und zu vertiefen. Auch da brauchen wir einfach nur einen Blick auf das Tagesgeschehen zu werfen. Heute wurde eine Studie vorgelegt, in der steht, dass Deutschland mit einem Seniorenanteil von 20 Prozent und mit der geringsten Anzahl an Kindern in Europa dasjenige Land ist, das am stärksten von der demografischen Entwicklung betroffen sein wird. Deswegen müssen wir uns in dieser Richtung alle gemeinsam um Lösungen bemühen. Da mag es an der einen oder anderen Stelle Unterschiede in der Bewertung geben, aber wir müssen uns alle darüber im Klaren sein: Dieser Bereich der Pflege und der Pflegeversicherung ist eine der großen Aufgaben im Gesundheitshaushalt für die nächsten Jahre.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege.

Ja, bitte schön.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Zimmermann?

Ja, gerne.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Jetzt ist aber gut! Habt ihr alle kein Zuhause?)

Vielen Dank, Herr Heiderich, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich wollte noch etwas zu dem Referentenentwurf sagen, weil Sie gesagt haben, dass in der zweiten Stufe der Pflegebegriff eingeführt werden soll. Da geht es ja darum, dass alle Einschränkungen, egal ob körperliche oder geistig-kognitive, auch unter diesen Pflegebegriff fallen. Jetzt haben Sie gesagt, Sie wollen 2016/2017 den Beitrag um 0,2 Prozentpunkte erhöhen und damit Mehreinnahmen von 2,4 Milliarden Euro erzielen. Meine Frage dazu ist: Der Bremer Gesundheitsökonom Heinz Rothgang hat gesagt, dass diese 2,4 Milliarden Euro im Jahr gar nicht ausreichen. Der Kollege ist ja erfahren. Er war ja auch in den Pflegeexpertenbeiräten mit dabei und hat das alles mit erarbeitet. Er sagt nun, es müssten mindestens 4 Milliarden Euro sein. Können Sie da zur Aufklärung beitragen?

Sie werden nicht erwarten, dass ich jetzt in der Kürze der Zeit die Meinungen des einen oder anderen Experten gegeneinander abwäge. Es ist völlig klar, dass immer die Frage ist, was man alles hineinrechnen will, und dass man sich natürlich unbegrenzt noch weitere Leistungen ausdenken kann. Aber wir müssen die Mittel, die wir haben, und die Anforderungen, die auf uns zukommen, miteinander in Einklang bringen. Die Pflegeversicherung war nie eine Vollversicherung. Wir haben von Anfang an gesagt, dass es sich hier um eine Teilhilfe bzw. Teilunterstützung handelt. So müssen wir in dem Aufgabenbereich, den Sie gerade erwähnt haben, fortfahren.

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Session 30
Agenda Item Gesundheit
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