25.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 42 / Tagesordnungspunkt II.13

Doris BarnettSPD - Auswärtiges Amt

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich bei meinen Mitberichterstattern Herrn Alois Karl, Herrn Michael Leutert und Herrn Tobias Lindner für die gute Zusammenarbeit bedanken. Mein Dank geht aber auch an meine eigenen Mitarbeiter und an das Haus, allen voran an den Minister, aber auch an den Staatssekretär Steinlein und an den Leiter des Haushaltsreferats, Herrn Kindsgrab, und seinen Stab, von denen wir vertrauensvoll unterstützt wurden.

Jetzt komme ich aber zum vorliegenden Haushalt. Ohne oberlehrerhaft zu sein, möchte ich sagen, dass wir in dem Haushalt nicht nur eine neue und klare Struktur erkennen, sondern im Vergleich zum ersten Regierungsentwurf auch deutliche Aufwüchse in wichtigen außenpolitischen Feldern und damit die Handschrift des neuen Ministers. Dieser Haushalt umfasst mit etwas mehr als 3,7 Milliarden Euro zwar nur 1,2 Prozent des Gesamtvolumens des Bundeshaushalts, aber es ist wie immer im Leben: Es kommt darauf an, was man daraus macht.

Gegenüber dem alten Soll von 2013 haben wir zusätzliche Mittel von über 150 Millionen Euro zur Verfügung gestellt – das ist ein Aufwuchs von 4 Prozent –, die überwiegend in die Bereiche humanitäre Hilfe und zivile Krisenprävention sowie in den Bildungsbereich fließen. Damit setzen wir auch Zeichen, und die sind angebracht.

Der Bürgerkrieg in Syrien kann wohl als die größte humanitäre Katastrophe der letzten Jahrzehnte gelten. Über 2,8 Millionen Menschen sind ins Ausland geflohen, weitere 9,3 Millionen Menschen brauchen in Syrien selbst Hilfe.

Ich habe großen Respekt vor dem Libanon, einem Land, das fast 1 Million registrierte Flüchtlinge aufgenommen hat. Das entspricht etwa einem Viertel der Bevölkerung dort. Man stelle sich das im Verhältnis nur einmal in Deutschland vor: Was hier auf den Straßen los wäre!

Ja, wir helfen vor Ort – und dürfen dabei nicht die Einheimischen vergessen, die ebenfalls unmittelbar durch diesen Bürgerkrieg betroffen sind. Wir hören auch den Ruf des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen. Deutschland hat vor wenigen Tagen beschlossen, weitere 10 000 Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Damit sind es insgesamt schon 25 000. Ich gebe zu: Andere Länder in Europa könnten auch noch etwas mehr tun. Rund 34 000 Syrierinnen und Syrer leben seit Beginn der Krise, also seit 2011, in Deutschland. Viele fanden und finden immer noch Unterkunft und Hilfe bei ihren hier lebenden Verwandten. Ich bin mir sicher: Wenn es die Lage erfordert, dann werden wir uns auch über die bereits eingestellten 303 Millionen Euro hinaus engagieren. Das möchte ich all jenen sagen, die meinen, man könne jetzt gar nicht genug Geld bereitstellen.

Angesichts der Lage in der Ukraine ist es uns gelungen, ein klares Signal zur Unterstützung der dortigen Zivilgesellschaft und an die Nachbarländer Moldawien, Georgien und Belarus zu senden. Mit einem Maßnahmenpakt von insgesamt 5 Millionen Euro für 2014 wollen wir gerade den jungen Menschen dort helfen, sich eine Zukunft aufzubauen. Hier müssen wir vorsichtig vorgehen. Wir dürfen nicht alle über einen Kamm scheren, und wir dürfen vor allem nicht das berühmte Kind mit dem Bade ausschütten, sondern wir müssen ihnen auf dem steinigen Weg in die neue Welt zu helfen versuchen. Das ist mehr als nur ein Zeichen des guten Willens. Es ist unsere unmissverständliche Ansage, den Weg der Ukraine in ein demokratisches, rechtsstaatliches Land tatkräftig zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

An dieser Stelle will ich auch ausdrücklich auf den guten Einfluss der OSZE bei der Befriedung des Konflikts hinweisen. Die Mittel, die wir dafür ausgeben – der Mitgliedsbeitrag –, liegen seit Jahren unverändert bei 17,5 Millionen Euro. Das ist gut angelegtes Geld, und ich rege an, dass der Ministerrat der OSZE unbedingt über eine Erhöhung des Budgets nachdenken sollte, was dann auch der Parlamentarischen Versammlung zugutekommt.

Die Stärke der parlamentarischen Seite der Organisation ist: Wir bringen Menschen zusammen. Wir bringen sie dazu, miteinander zu reden, sich nicht die Köpfe einzuschlagen und sogar zu Ergebnissen zu kommen.

Am 11. April 2014 waren wir mit der ukrainischen und der russischen Delegation in Wien. Wir haben erreicht, dass die Mitglieder dieser Delegation über drei Stunden miteinander gesprochen haben. Ergebnis war, dass erstens über die ukrainischen Rentenbezieher auf der Krim Vereinbarungen getroffen wurden und dass zweitens Vereinbarungen getroffen wurden, wie die Ukrainer, die auf der Krim leben, an den Wahlen beteiligt werden. Schon wenige Tage nach diesen Vereinbarungen wurde dann in Kiew ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Parlamentarier können sich also positiv einbringen. Dazu werden aber auch die entsprechenden Mittel notwendig sein.

Einen klaren Schwerpunkt bei den Beratungen haben wir auf die Stärkung der zivilen Krisenprävention und Konfliktberatung gelegt. Zum einen stehen jetzt zusätzliche Projektmittel zur Verfügung, und zum anderen verstärken wir die erfolgreiche Arbeit des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze durch zusätzliches Personal. Auch das war nicht ganz einfach. Aber trotzdem ist es uns in den Beratungen gelungen, hierfür zusätzliche Mittel zu finden und zur Verfügung zu stellen.

Es ist mir ein ganz besonderes Anliegen, dass Ausbildungspartnerschaften durch das Auswärtige Amt auch in Zukunft gefördert werden können und das Engagement verstärkt werden kann. Es stehen jetzt 1 Million Euro zur Verfügung, um erste Projekte in diesem Jahr anzustoßen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Berufliche Aus- und Weiterbildung nach deutschem Vorbild und der Export der dualen Ausbildung sind kein ausschließliches Instrument der Entwicklungshilfe. Im Gegenteil: Dort, wo deutsche Unternehmen Niederlassungen haben, können und sollen Angebote ähnlich der hiesigen Ausbildung gemacht werden. Nicht der Mercedes oder der Volkswagen, die Werkzeugmaschine oder das Haushaltsgerät allein sind das Qualitätsprodukt. Auch die Ausbildung der Menschen, die diese herstellen, gehört untrennbar dazu.

Ausbildung ist ein nachhaltiges und wichtiges Instrument einer zukunftsfähigen Außenpolitik, das allerdings nicht auf die Kooperation der davon profitierenden Wirtschaft verzichten sollte. Mir geht es dabei nicht um die Eins-zu-eins-Kopie des deutschen Systems. Vielmehr können wir helfen, die im Ausland vorhandenen Strukturen weiterzuentwickeln. Auch darum geht es bei der Ausbildungspartnerschaft.

Auch wenn wir über den europäischen Tellerrand blicken und uns engagieren, so vergessen wir nicht, dass ebenfalls in Europa wichtige Aufgaben zu erledigen sind. Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in der Ukraine ist es wichtig, den Gesprächsfaden in Russland nicht abreißen zu lassen, sondern den Dialog zu pflegen. Russland war und ist unser Nachbar und Wirtschaftspartner, den wir bei unseren Entscheidungen mit bedenken müssen. Deshalb werden wir auch den Petersberger Dialog weiterführen und stärken.

Wir stellen mit jeweils 1 Million Euro einen Zukunftsfonds sowohl für Italien als auch für Griechenland bereit, mit denen geholfen werden soll, die Vergangenheit mit Projekten vor Ort aufzuarbeiten. Die in Nürnberg eingerichtete internationale Akademie Nürnberger Prinzipien werden wir ebenfalls, allerdings nicht alleine, institutionell fördern, weil hier ein Forschungsinstitut zur Weiterentwicklung des internationalen Strafrechts an historischem Ort entsteht. Angesichts weltweit zunehmender Übergriffe staatlicher Institutionen und auch nichtstaatlicher Gruppierungen, die die Bevölkerung terrorisieren, drangsalieren und schwere Menschenrechtsverletzungen begehen – man denke hier nur an Mali –, wird hier die notwendige Arbeit unter anderem mit Richtern aus diesen Ländern geleistet. Solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen nicht ungestraft bleiben. An diesem Institut wird gelehrt, wie wir seinerzeit in Deutschland Kriegsverbrechen aufgearbeitet haben.

Neben diesen wichtigen Anliegen ist auch die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ein Schwerpunkt. Wir wollen sie als tragende Säule der deutschen Außenpolitik auf- und ausbauen. Deshalb sind wir froh, dass es uns gelungen ist, die vorgesehenen Kürzungen von 17 Millionen Euro beim DAAD weitestgehend zurückzunehmen. Die Arbeit, die der DAAD und das Goethe- Institut als Mittlerorganisation für Deutschland leisten, können wir gar nicht hoch genug einschätzen.

Hier werden junge Menschen an die deutsche Sprache herangeführt, an das, was uns ausmacht. Die zur Verfügung gestellten Stipendien helfen, nicht nur Fachleute in Deutschland auszubilden und sie möglichst hier zu behalten, sondern auch, ein Netzwerk mit Menschen zu knüpfen, die später weltweit an wichtigen Stellen sitzen und Kenner und Fürsprecher für unser Land sind. Deshalb plädiere ich dafür, dass die jetzt zu verteilenden Sondermittel für Bildung und Forschung auch für weitere Projekte des Auswärtigen Amtes in Sachen Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zur Verfügung gestellt werden. Das ist in die Zukunft angelegtes Geld für ein gutes und friedliches Miteinander.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich gehe davon aus, dass die Opposition mit ihren zusätzlichen Anträgen, die mehrere 100 Millionen Euro umfassen, es mit dem Außenministerium eigentlich gut meint. Aber zugegeben, mangels seriöser Deckungsvorschläge

(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)

bleibt uns letztendlich nichts anderes übrig, als sie abzulehnen. Sie können doch nicht das eine Ministerium gegen das andere ausspielen und dann sagen, das sei seriös.

(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das nennt man politische Prioritätensetzung!)

Ich würde mich freuen, wenn wir für den von uns vorgelegten Haushalt die breite Unterstützung des Hauses finden würden, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Omid Nouripour für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3565789
Wahlperiode 18
Sitzung 42
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta