Wilfried OellersCDU/CSU - Einführung eines Mindestlohnes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute in zweiter und dritter Lesung den Entwurf des Tarifautonomiestärkungsgesetzes. Die besondere Bedeutung des Gesetzespakets wurde von den Vorrednern schon hervorgehoben. Die besondere Bedeutung ist natürlich auch mit besonderen Auswirkungen verbunden. Das Mindestlohngesetz legt einen Mindestlohn von 8,50 Euro fest, der die Basis des Lohns sein soll. Mit dieser grundsätzlichen Feststellung wird die weitere Anpassung des Mindestlohns in die Hände der Mindestlohnkommission und damit der Tarifvertragsparteien gelegt. Dort gehört diese Aufgabe auch hin, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Hier wird die besondere Aufgabe zu erfüllen sein, den Mindestlohn unter Berücksichtigung aller zur Entwicklung des Mindestlohns in Betracht zu ziehenden Umstände weiterzuentwickeln. Der Gesetzgeber gibt hier nur einen beispielhaften und keinen abschließenden Rahmen vor. Es ist daher Aufgabe der Mindestlohnkommission, die weiteren Kriterien zu erarbeiten. Es muss hier quasi eine Gesamtabwägung erfolgen.
Dies soll nicht ausschließen, dass die Mindestlohnkommission für bestimmte Branchen und Regionen Ausnahmeregelungen treffen kann; diese Freiheit hat die Mindestlohnkommission. Denn es muss gewährleistet sein, dass auf der einen Seite ein angemessener und fairer Lohn gezahlt wird, auf der anderen Seite aber auch berücksichtigt wird, dass der Lohn erwirtschaftet werden muss. Das kann in bestimmten Branchen und Regionen unterschiedlich sein. Ich wünsche mir, dass die Kommission von dieser flexiblen Ausgestaltung nach Bedarf hinreichend Gebrauch macht und ihrer Verantwortung für die Entwicklung des Mindestlohns gerecht wird.
Es ist daher auch richtig, dass die Entwicklung des Mindestlohns nicht fest an einen Tarifindex gekoppelt ist. Denn dies würde der Kommission nicht die Möglichkeit geben, sämtliche Umstände zu berücksichtigen. Wir sind froh, dass unsere Forderung an dieser Stelle umgesetzt werden konnte.
Es ist ebenfalls zu begrüßen, dass unserer Forderung nach einer sofort einsetzenden Datenerfassung zur Evaluation Rechnung getragen worden ist. Dies ist die unerlässliche Voraussetzung zur Feststellung und Beurteilung einer Gesamtsituation bzw. Gesamtentwicklung, um hiernach die Höhe des Mindestlohns anpassen zu können. Es ist wichtig, dass hiermit sofort begonnen wird, damit die Auswirkungen des Mindestlohns bestmöglich erfasst werden können.
Die bereits angesprochenen Regelungen für Zeitungszusteller und Saisonarbeiter berücksichtigen besondere Umstände. Hinsichtlich der Praktikanten ist eine Regelung schon deswegen geboten, damit weiterhin die Bereitschaft der Unternehmer besteht, jungen Menschen die Möglichkeit zu gewähren, zur Berufsorientierung oder zur Wahl eines Ausbildungsplatzes Einblicke in die jeweiligen Berufe zu bekommen und im Rahmen von Ausbildungs- und Studienordnungen die notwendigen Pflichtpraktika zu erfüllen. Die Generation Praktikum wird es hiernach nicht mehr geben. Man muss es den Unternehmern daher hoch anrechnen, dass sie jungen Menschen diese Möglichkeit gewähren, da der Aufwand, der damit verbunden ist, größer ist als der Nutzen, den die Unternehmer dadurch sofort haben. Die Unternehmer kommen damit ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung gegenüber jungen Menschen nach. Daher ist es richtig, dass hier kein Mindestlohn gefordert, sondern die Möglichkeit des Praktikums für junge Menschen gefördert wird.
Wie angekündigt, haben wir auch das Arbeitnehmer- Entsendegesetz für alle Branchen geöffnet. Daneben haben wir die nach dem Tarifvertragsgesetz mögliche Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen von der starren und oft schwer nachweisbaren 50-Prozent-Grenze entlastet. Hierzu ist neben einem gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien das Vorliegen eines öffentlichen Interesses erforderlich. Dieses liegt dann vor, wenn der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat. Der Tarifvertrag muss sich demnach durch faktische Anwendung durchgesetzt haben, das heißt also auch im Vergleich zu Arbeitgebern, die die Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten nicht entsprechend gestalten.
Nicht ausreichend ist dabei, dass sich der Tarifvertrag bloß relativ im Vergleich zu anderen Tarifverträgen durchgesetzt haben muss. Das Ministerium ist hier gehalten, die Voraussetzungen und insbesondere das öffentliche Interesse sorgfältig zu prüfen.
Zu begrüßen ist in diesem Zusammenhang auch – lassen Sie mich das als Jurist erwähnen –, dass im Arbeitsgerichtsgesetz eine einheitliche und klare gerichtliche Zuständigkeit geregelt ist. Dies dient der Verfahrensbeschleunigung und der schnelleren Herstellung von Rechtssicherheit.
Es gilt nun, die neuen gesetzlichen Regelungen mit Augenmaß und im Sinne aller umzusetzen und auszugestalten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Christine Lambrecht [SPD])
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Dr. Joachim Pfeiffer, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3594510 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Einführung eines Mindestlohnes |