Rudolf HenkeCDU/CSU - Gesundheit
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Worum geht es eigentlich, wenn wir einen solchen Haushalt wie den des Bundesgesundheitsministeriums diskutieren? Es geht um genau die Aufgaben, die die Menschen im Gesundheitsbereich, denen wir für ihre Leistung danken, übernommen haben: Leben retten, Gesundheit erhalten, Krankheit heilen, Leiden lindern und Sterbenden helfen, so gut es geht.
Die Erfüllung dieser Aufgaben zu ermöglichen: Das genau ist der Grund dieser Haushaltsberatung. Das genau ist der Zweck der Arbeit des Ministeriums. Das genau ist unsere Aufgabe, wenn wir über diesen Haushalt diskutieren. An diesen Zielen können und müssen wir uns messen lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich weiß, dass wir natürlich mit Recht eine Debatte über Wartezeiten im Gesundheitswesen führen. Aber ich will auch sagen, dass in kaum einem anderen Land der Welt die Wartezeiten auf einen Termin für eine notwendige Operation so kurz sind wie bei uns.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich will auch sagen, dass in kaum einem anderen Land der Welt die Eigenbeteiligung an den Kosten für Gesundheit niedriger ist als hier. Ich will auch sagen, dass in kaum einem anderen Land der Welt die Versorgung der Kranken, die auf der Schattenseite der Gesellschaft leben, so zuverlässig wie in Deutschland ist.
(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Nein!)
Es lohnt sich, sich dafür einzusetzen, dass das in Zukunft so bleibt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Damit das in Zukunft so bleibt, müssen wir in den Rahmenbedingungen einen Dreiklang herstellen. Dieser Dreiklang besteht aus einer guten wirtschaftlichen Entwicklung – gute wirtschaftlicher Entwicklung nützt der Leistungskraft im Gesundheitswesen –, einer guten Beschäftigungslage – eine gute Beschäftigungslage nützt der Finanzkraft der gesetzlichen Krankenkassen – und stabilen öffentlichen Finanzen. Stabile öffentliche Finanzen helfen uns dabei, kein Geld mehr in Zinszahlungen zu verbrennen und so zu mehr Spielräumen zu kommen.
Weil wir uns dieses Zusammenhangs bewusst sind – stabile öffentliche Finanzen, Wachstum und Beschäftigung –, beraten wir heute zum ersten Mal seit 1969 einen Bundeshaushalt ohne Neuverschuldung, eine Punktlandung. Dass das ohne steigende Steuern geht und wir damit ein wesentliches Versprechen erfüllen, ist schon ein Grund zur Genugtuung. Ich bin kein Anhänger von Stolz, aber Genugtuung darf in einem solchen Moment, glaube ich, sein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD])
Wir halten die nationale Schuldenregel mit großem Sicherheitsabstand ein. Bis zum Ende des Jahres 2015 wird die tatsächliche Neuverschuldung kumuliert um rund 100 Milliarden Euro unter der nach Schuldenregel zulässigen Neuverschuldung liegen. Das ist auch vorbildlich für andere in Europa.
Wenn ich mir als „verflossener“ Abgeordneter des Landtags von Nordrhein-Westfalen einen kleinen Blick darauf erlauben darf, wie man sich in meinem Heimatland, wo morgen eine Haushaltsdebatte stattfindet und ein Nachtragshaushalt beraten wird, quält, dann stelle ich fest: Alleine durch diesen Nachtragshaushalt, der für 2014 vorgelegt worden ist, steigt die Neuverschuldung dort von 2,4 auf 3,2 Milliarden Euro. Und mit dem Haushalt 2015 kommen nach der Schätzung des dortigen Finanzministers weitere 2,3 Milliarden Euro hinzu.
Lieber Herr Kollege Lauterbach: Ja, natürlich mag man in Zeiten, in denen sich nicht jede Kostenentwicklung im Gesundheitsbereich in den Vergütungen beispielsweise in den Krankenhäusern abbildet, davon sprechen, dass manche Krankenhäuser in der Tat auf Mehrleistungen, die sie im Zusammenhang mit Arztstellen erbringen müssen, reagieren, indem sie in der Pflege nicht das tun, was notwendig ist. Aber gestatten Sie mir als jemandem, der das lange mitverfolgen konnte, doch den kleinen Hinweis: Der Hauptgrund dafür, dass es Krankenhäusern finanziell schlecht geht, ist nicht die Tatsache, dass wir hier auf Bundesebene Stop-and-Go- Betrieb bei der Finanzierung der Krankenhäuser haben – das ist auch die Wahrheit, das haben wir ja –, sondern ist das Versagen etlicher Bundesländer – Nordrhein- Westfalen gehört leider trotz dieser Schuldenentwicklung dazu – bei der Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser.
Wenn man sich anguckt, dass heute bei einem Bedarf von 6 Milliarden Euro 2,7 Milliarden Euro von den Ländern bereitgestellt werden und die Krankenhäuser eben nicht die Betriebskosten durch Abschreibungen für die Investitionen ausgleichen können, dann ist das, finde ich, eine Aufgabe, der wir uns dann, wenn im Dezember die Vorschläge aus der Bund-Länder-Kommission kommen, widmen müssen. Das werden wir sicherlich auch tun. Ich bin froh, dass die Durchsetzungsstärksten von uns und diejenigen, die am besten unterrichtet sind – dazu gehören ja auch Sie, Herr Lauterbach –, dort mitwirken. Das ist sehr gut.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zehn Jahre nach dem Rekordschuldenstand in Höhe von damals 8,3 Milliarden Euro steht die gesetzliche Krankenversicherung, verehrte Frau Deligöz, weiter auf einem sehr soliden finanziellen Fundament. Und der Gesundheitsfonds und die Krankenkassen verfügen am Ende des ersten Halbjahres über Reserven in einer Größenordnung von insgesamt rund 26,6 Milliarden Euro – 16,2 Milliarden Euro bei den Krankenkassen und 10,4 Milliarden Euro beim Gesundheitsfonds.
Ich habe zwar Verständnis dafür, dass Sie versuchen, immer wieder an etwas zu mäkeln, aber in Wirklichkeit sind doch der Gesundheitsfonds und die Liquiditätsreserve so ausgestattet, dass es nicht etwa wegen der Haushaltstechnik zu steigenden Beiträgen kommt, sondern das führt lediglich zu einem Schwanken der vorhandenen Reserve. Das zeigt die Stabilität einer Finanzarchitektur, für die wir alle gemeinsam sehr viel getan haben. Ich finde, Sie streuen den Menschen an dieser Stelle ein bisschen Sand in die Augen und locken sie auf einen Irrweg.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Meine Damen und Herren, unser Bundesminister für Gesundheit, Hermann Gröhe, hat auf Vorhaben hingewiesen, die wir als Gesetzgeber im nächsten Jahr und schon beginnend im nächsten halben Jahr diskutieren werden. Dabei geht es um die Frage der Versorgungsstruktur, die Frage des Megathemas Krankenhaus, die aktuell wird, wenn die Bund-Länder-Kommission ihre Ergebnisse vorlegt, und die E-Health-Thematik.
Ich will auf einen Punkt aufmerksam machen, der mir besonders am Herzen liegt. Das ist das Thema Prävention; denn Prävention, und zwar sowohl Verhaltensprävention als auch Verhältnisprävention, ist von einer zentralen Bedeutung. Vielleicht ist sie die einzige Chance, künftige Kostenbelastungen, die wir sonst hätten, zu vermeiden – wenn es uns gelingt, die Menschen für Prävention zu gewinnen und sie ihnen so zu organisieren, dass sie sie tatsächlich nutzen. Ich glaube, das ist der eigentliche Auftrag, wenn wir über das Präventionsgesetz sprechen.
Meine letzte Bemerkung. Wir werden im Laufe der kommenden Monate auch über das Thema der Suizidassistenz sprechen. In der Debatte zum Justizhaushalt heute hat jemand gesagt: Wenn wir dieses Thema bekommen, dann soll man das nicht mit ethischen Grundsatzfragen überladen.
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Wie denn sonst?)
Das mag zwar alles so sein, aber ich glaube, es ist trotzdem wichtig, sich auch darauf zu besinnen, ob das Leben in des Menschen Hand gegeben ist, ob wir das Leben erwerben wie ein Gut, das in unser Eigentum rückt. Niemand verdankt sein Leben sich selbst. Weil das so ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, glaube ich auch nicht, dass das Leben – weder das eigene noch das fremde – in unsere eigene Verfügung gegeben ist. Deswegen, finde ich, gehört auch das zu einer solchen Debatte.
Ich bedanke mich sehr, dass Sie mir zugehört haben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Pia Zimmermann, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3848036 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 49 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |