11.09.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 51 / Einzelplan 30

Wolfgang StefingerCDU/CSU - Bildung und Forschung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich angefangen habe, mich politisch zu engagieren, wurden die öffentlichen Haushalte in unserem Land jedes Jahr mit einer Neuverschuldung aufgestellt.

Als Edmund Stoiber 2006 erklärte: „Wir machen in Bayern keine neuen Schulden mehr“, wurde er anfangs belächelt.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Dabei ist es geblieben!)

Es gab hitzige Debatten darüber. Bayern hat nun seit 2006 einen ausgeglichenen Haushalt.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Wir zahlen sogar zurück!)

– Wir zahlen sogar zurück.

Für mich als jungen bayerischen Abgeordneten, der zum ersten Mal diesem Hohen Hause angehören darf, ist es eine besondere Freude, bei diesem historischen Schritt des Bundes dabei sein zu dürfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zum ersten Mal seit 1969 legt der Bund einen ausgeglichenen Haushalt vor. Zum ersten Mal seit 45 Jahren steht eine „schwarze Null“ im Haushaltsplan der Bundesregierung.

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Hervorragend!)

Das Wichtigste dabei ist: An der Zukunft wird nicht gespart.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Gegenteil: In Bildung und Forschung wird seit Jahren kräftig investiert, und so bleibt es auch mit diesem Haushalt. Dies war und ist nur möglich, weil die Bundesregierung eindeutig einen Schwerpunkt auf Bildung und Forschung setzt.

Gerade weil es in unserem Einzelplan, den wir heute diskutieren, so deutlich wird, möchte ich noch einmal ein paar Eckpunkte umreißen: 15,3 Milliarden Euro sind 8,6 Prozent mehr als im Haushalt 2014 und ein Anstieg um 1,2 Milliarden im Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr. Der Bund entlastet die Länder beim BAföG, bei der Finanzierung von Studienplätzen und beim Ausbau der frühkindlichen Bildung. Die Finanzierung des BAföG wird ab 2015 vollständig vom Bund übernommen. Das bedeutet eine Entlastung der Länder um 1,17 Milliarden Euro pro Jahr.

Für den Hochschulpakt stehen 2,1 Milliarden Euro zur Verfügung. Insgesamt investiert die Koalition in dieser Legislaturperiode 3 Milliarden Euro in den Forschungs- und Entwicklungsbereich. Wir führen die Exzellenzinitiative fort.

Für die Etats der außeruniversitären Forschungseinrichtungen Max-Planck-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft, Fraunhofer-Gesellschaft und DFG verzeichnet dieser Haushaltsentwurf erneut eine Steigerung um 5 Prozent. Ab 2016 ist eine jährliche Steigerung von 3 Prozent vereinbart. Wer finanziert es? Nicht die Länder, sondern der Bund finanziert es, und das alles bei einem ausgeglichenen Haushalt, bei einer schwarzen Null.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

In diesem Zusammenhang möchte ich festhalten, dass der Bund den Ländern sehr weit entgegengekommen ist, was die Finanzierung im Bildungsbereich angeht. Immer noch mehr zu fordern, ist einfach. Nun sind die Länder dran, ihre Hausaufgaben zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die von mir aufgezählten Investitionen im Bildungs- und Forschungsbereich sowie der ausgeglichene Haushalt sind ein deutliches und wichtiges Signal an die junge Generation. Wir sagen damit: Wir bauen auf euch. Eure Zukunft ist uns nicht egal. – Für dieses deutliche Zeichen danke ich herzlich dieser Bundesregierung, Ihnen, Frau Ministerin, Ihren Staatssekretären und den Mitgliedern des Haushaltsausschusses.

Lassen Sie mich bitte noch etwas zur OECD-Studie sagen, die diese Woche veröffentlicht und hier im Hause mehrfach angesprochen wurde. Ja, ich freue mich, dass die OECD die gute frühkindliche Bildung in Deutschland lobt. Auch in diesem Bereich hat der Bund trotz Finanz- und Wirtschaftskrise viel Geld investiert. Unsere geringe Jugendarbeitslosigkeit wird gelobt. Unser duales Ausbildungssystem wird ebenfalls – man höre und staune! – lobend erwähnt.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Was Sie gerade runterfahren!)

Ich gebe zu, dass ich diese Passage mehrfach lesen musste; denn in den vergangenen Jahren lauteten die Aussagen der OECD immer, dass einzig und allein der Weg an die Hochschulen der Königsweg sei, während Ausbildungsberufe eher als minderwertig dargestellt wurden.

Nach meinem Verständnis hat jeder Mensch eigene Fähigkeiten, Stärken und Schwächen. Der eine ist handwerklich geschickt, der andere hat zwei linke Hände. Die eine kann gut mit Kindern, die andere eher mit älteren Menschen. Der eine redet gerne viel und meistens lange und geht vielleicht deshalb in die Politik; der andere zieht sich lieber zurück, zeichnet Pläne und schreibt Bücher oder geht einer anderen Tätigkeit nach, die ihm liegt und Freude macht. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. So frage ich: Sollten wir nicht endlich damit aufhören, Berufe zu bewerten oder gar abzuwerten? Trägt nicht jeder Beruf zum Zusammenleben unserer Gesellschaft bei?

(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie die Gehälter von Arbeiterinnen und Arbeitern aufwerten, ist es gut! Man kann auch alles schönreden!)

Lassen Sie mich kurz eine kleine Geschichte erzählen. Ich hatte vor der Sommerpause einige Schulklassen bei mir zu Gast. Es waren Schüler aus Gymnasien, Realschulen und Mittelschulen. Wissen Sie, was ein Mädchen mir geantwortet hat, als ich sie gefragt habe, was sie – es war übrigens keine Schülerin einer Gymnasialklasse – nach ihrem Abschluss machen möchte? Sie hat zu mir gesagt: Herr Stefinger, ich mache nur eine Ausbildung. – Was sagt uns dieser Satz? Mich hat dieser Satz über die Sommerpause hinweg begleitet und beschäftigt. Denn der Satz sagt uns, das wir inzwischen so weit sind, dass Schüler glauben, nur noch mit Abitur etwas wert zu sein und etwas werden zu können, und meinen, sich fast entschuldigen zu müssen, dass sie eine Ausbildung machen. Genau das ist falsch.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso kürzen Sie dann bei beruflicher Bildung, wenn Sie das ernst nehmen?)

Deshalb habe ich ihr zugerufen: Was heißt hier „nur“? Herzlichen Glückwunsch zum Ausbildungsplatz! Dir stehen danach alle Wege offen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte noch Folgendes in Richtung OECD sagen: Wenn wir weiterhin das Akademikerkind, das sich für einen Handwerksberuf entscheidet oder eine Ausbildung absolvieren möchte, als Bildungsabsteiger bzw. Verlierer bezeichnen, dann brauchen wir uns über den erwähnten Satz des Mädchens nicht zu wundern.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])

Herr Stefinger, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Walter-Rosenheimer zu?

Bitte schön.

Sie bedauern, dass eine Ausbildung einer akademischen Bildung nicht gleichgestellt ist. Da Sie aus München sind: Die CSU verweist immer gerne darauf, dass wir die berufliche Bildung stärken müssen. Ich möchte daher wissen, warum Sie um 3 Millionen Euro kürzen. Ihr Kollege Rupprecht hat am 30. Juli in der Deutschen Handwerks Zeitung gesagt, dass viel mehr Geld in die berufliche Bildung fließen müsse. Vielleicht können Sie dem Kollegen Rupprecht und mir eine Antwort geben.

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Deshalb sind wir im parlamentarischen Verfahren!)

– Genau.

Für die Modernisierung und Stärkung der beruflicher Bildung stehen 6 Millionen Euro zur Verfügung, für die Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung 3 Millionen Euro, für Maßnahmen zur Verbesserung der Berufsorientierung 10 Millionen Euro, für überbetriebliche Ausbildungsstätten 8 Millionen Euro. Vielleicht können Sie mir dazu etwas sagen. Das wäre sehr nett.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben richtig erkannt, dass die CSU und die CDU immer ein Augenmerk auf die berufliche Bildung legen.

(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt mal zur Sache! Warum kürzen Sie die Mittel? Das ist die Frage!)

Wir sind derzeit im parlamentarischen Verfahren. Das Haushaltsgesetz ist ein Gesetzentwurf dieser Bundesregierung; Sie wissen es. Wie ich gelernt habe – ich bin erst seit einem Jahr Mitglied dieses Hauses –, ist es so, dass der Haushalt vom Bundestag, das heißt von den Abgeordneten, verabschiedet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir haben noch sehr viele Möglichkeiten, den Haushalt zu verbessern.

(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Kritik an der eigenen Ministerin! Schon klar!)

Im Übrigen möchte ich hier noch eines zum Bericht der OECD sagen; dieser Bericht berücksichtigt nämlich nicht, dass es in den Ländern Unterschiede in der Ausbildung gibt. Während beispielsweise in Deutschland eine angehende Krankenpflegerin ihren Beruf in der Berufsschule erlernt, wird in Frankreich eine angehende Krankenpflegerin an der Hochschule ausgebildet. Hieran sieht man doch, dass die vorgelegten Zahlen nicht vergleichbar sind.

Eines möchte ich deutlich festhalten – ich würde mir wünschen, dass von dieser Stelle, vom Deutschen Bundestag, ein Zeichen für die jungen Menschen ausgeht –: Es ist kein Abstieg, keine Schande, eine Ausbildung zu machen.

(René Röspel [SPD]: Wer sagt das denn?)

Einen Jugendlichen, der sich für eine duale Ausbildung entscheidet, oder einen Erwachsenen, der einen erlernten Beruf ausübt, als Bildungsabsteiger zu bezeichnen, nur weil die Eltern laut OECD-Definition einen höherwertigen Abschluss haben, ist für mich Diskriminierung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Ich frage mich: Wo sind die selbsternannten Empörungsbeauftragten in unserem Land, die sich sonst schon bei jeder Kleinigkeit echauffieren und einen Riesenaufschrei machen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich komme zum Schluss. Für mich sind Menschen mit einem Handwerksberuf oder einem Ausbildungsberuf genauso viel wert wie ein Akademiker, ein Doktor oder ein Professor.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Simone Raatz das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3855720
Wahlperiode 18
Sitzung 51
Tagesordnungspunkt Bildung und Forschung
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