11.09.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 51 / Einzelplan 16

Steffen-Claudio LemmeSPD - Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie gerne würde ich im Rahmen dieser Debatte Oppositionspolitiker sein.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glaube ich Ihnen! Bei dieser Politik kann man nur opponieren!)

Ständig an den bau- und klimapolitischen Vorhaben zu kritisieren, die im Ministerium von Frau Hendricks bearbeitet werden, ist eine einfache Angelegenheit.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht einfach!)

Aber wir sind hier, um etwas zu gestalten.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dann gestalten Sie endlich mal!)

Dazu zählt auch der Entwurf des Bundeshaushaltes für 2015, der viele Gestaltungselemente beinhaltet. Es entspricht natürlich auch meiner persönlichen Meinung, dass im Bereich des Bauwesens und des Klimaschutzes gar nicht genug investiert werden kann, und das gerade angesichts der großen klimapolitischen Herausforderungen, vor denen wir stehen.

Frau Ministerin, Sie haben, wie ich meine, kein dankbares Amt übernommen, aber Sie füllen es gut aus.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Es ist also viel Wahres dran, wenn Sie sagen, Sie müssten, wie es im Liedtext von Tim Bendzko heißt, „nur noch kurz die Welt retten“. Daher lassen Sie uns an dieser Stelle den parteipolitischen Streit beiseiteschieben; denn wir befinden uns an einem Punkt, an dem uns bewusst ist, dass dringender Handlungsbedarf besteht – am besten schon vorgestern.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bewusstsein reicht da nicht!)

Ich möchte Barbara Hendricks bei ihren Bemühungen unterstützen und hoffe, Sie von der Opposition tun das auch.

(Beifall bei der SPD)

Anstatt einzig und allein kritisieren zu können, stehen wir Sozialdemokraten in der Regierungsverantwortung. Wir machen das nicht so wie Sie, Frau Bluhm, die uns für Positionen, die im Bundestag im Jahr 2012 beschlossen wurden, kritisiert. Da befanden auch wir uns in der Opposition und nicht in der Regierungsverantwortung. Aber in Verantwortung stehen, heißt auch, etwas zu verändern, und das heißt, Verbesserungen herbeizuführen, zum Beispiel für mehr bezahlbaren Wohnraum und für eine Senkung der CO 2 -Emissionen sowohl innerhalb Deutschlands als auch weltweit.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist ja nichts passiert!)

– Doch.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann? Wann denn?)

Wie sehen unsere Verbesserungen aus? Was bedeutet sozialdemokratische Umwelt- und Baupolitik, und wie zeigt sich das im Haushalt?

Lassen Sie mich im Baubereich beginnen. Wir benötigen Investitionen in lebenswerte Nachbarschaften, um das Zusammenleben von Menschen verschiedenen Alters, verschiedener Herkunft und aus unterschiedlichen sozialen Schichten zu verbessern. Es geht darum, das Auseinanderdriften in reiche Viertel und arme Viertel zu verhindern. Daher haben wir die „Soziale Stadt“ mit 150 Millionen Euro zum Herzstück der Städtebauförderung gemacht.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte gern die Anregung des Kollegen Haase aufgreifen und sagen, dass es auch mich stört, dass Flüchtlinge in Zelten untergebracht werden sollen. Aber ich kann mir schlecht vorstellen, die benötigten Mittel über das Programm „Soziale Stadt“ zu generieren. Wir brauchen Mittel on top,

(Beifall bei der SPD)

um für die Flüchtlinge humane Lebens- und Wohnbedingungen zu gewährleisten.

Wir haben Förderprogramme im Bereich der Städtebauförderung mit einem Gesamtvolumen von 700 Millionen Euro auf den Weg gebracht. Dies wird natürlich im Haushalt 2015 fortgesetzt.

Als Thüringer möchte ich außerdem das Programm „Stadtumbau Ost“ besonders hervorheben, das mit einem Volumen von 105 Millionen Euro zu einer wichtigen Säule der Städtebauförderung ausgebaut wurde. Bereits bei den letzten Beratungen konnten wir die Mittel um 22 Millionen Euro erhöhen. Im Osten haben wir noch immer mit einem massiven Wohnungsleerstand zu kämpfen, und deshalb ist es gut, dass die Kosten, die beispielsweise beim Abriss von leeren Plattenbauten in den ländlichen Gebieten entstehen, darüber getragen werden können.

Gleichzeitig geht es darum, sich den demografischen Anforderungen an den Wohnraum zu stellen. In den letzten Haushaltsberatungen war mir die Bereitstellung von Bundesmitteln für den altersgerechten Umbau von Wohnungen ein Herzensanliegen. Und unsere parlamentarischen Bemühungen führten zum Erfolg: Wir konnten das Programm „Altersgerecht Umbauen“, das Investitionsanreize setzt, bereits mit dem Haushalt 2014 starten. Die Umsetzung dieses Verhandlungsergebnisses wird nun mit dem neuen Haushaltsentwurf fortgeführt. So sind 2015 weitere 11,9 Millionen Euro für das Programm „Altersgerecht Umbauen“ vorgesehen. Diese Zukunftsinvestition ist dringend notwendig; denn barrierefreie oder -arme Wohnungen sind eine wesentliche Voraussetzung dafür, möglichst lange selbstbestimmt und selbstständig im vertrauten Umfeld leben und wohnen zu können.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Soziale Wohnungspolitik bedeutet auch, endlich eine Anpassung des Wohngeldes an die Entwicklung der Mieten und Einkommen durchzuführen.

(Beifall bei der SPD)

Denn steigende Mieten, gerade in Ballungszentren, führen bei immer mehr Menschen zu einer finanziellen Überlastung. Zusätzlich steigen die Strom- und Heizkosten; sie sind für manche Haushalte kaum noch tragbar. Deshalb muss der Heizkostenzuschuss dringend wieder eingeführt werden.

(Beifall bei der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können Sie doch einen Antrag stellen! Da würden wir zustimmen!)

Bezahlbares Wohnen ist ein Kernanliegen sozialdemokratischer Politik. Das war bei der Vorgängerregierung anders. Sie hat im Jahr 2011 gegen den Widerstand von SPD, Mieter- und Sozialverbänden und Kommunen den Heizkostenzuschuss ersatzlos gestrichen. Dies traf insbesondere die Einkommensschwachen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die SPD wird die dringend notwendige Wohngeldreform nun angehen. Ziel ist, dass viele Haushalte mit eigenem Einkommen, vor allem Familien, künftig nicht mehr auf die Hartz-IV-Grundsicherung angewiesen sein werden. Ich bin zuversichtlich, dass die Wohngeldreform Mitte 2015 in Kraft treten wird. Im Haushalt stehen deshalb bereits zusätzliche Mittel in Höhe von 130 Millionen Euro bereit.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Karsten Möring [CDU/CSU])

Zum Thema Bundesbauten möchte ich etwas Kritisches sagen. Im Haushaltsausschuss werden wir die Entwicklung der zunehmenden Kostensteigerungen kritisch begleiten. Hier ist von der Bundesregierung zukünftig ein Höchstmaß an Transparenz gefordert. Beispiele unter vielen sind die Staatsbibliothek Unter den Linden oder der Neubau der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes in Berlin. Um künftig zu verhindern, dass bereits bei der Bauvorbereitung zu ambitionierte Kosten- und Terminziele gesetzt werden, die sich später als nicht realisierbar erweisen, müssen wir gemeinsam nachhaltige Lösungen finden.

Kommen wir zum Klimaschutz. Der Klimaschutz muss in dieser Regierung eine herausgehobene Rolle spielen,

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tut er aber nicht!)

denn es ist allerhöchste Zeit, aufzuwachen.

Auch ich habe den „Energiewende-Index“ der Unternehmensberatung McKinsey gesehen, der viel mediale Aufmerksamkeit hervorgerufen hat. Demnach kann unser eigenes nationales Ziel, bis zum Jahr 2020 die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken, nur noch erreicht werden, wenn wir den Ausstoß ab jetzt jährlich um 3,5 Prozent reduzieren. Das entspricht dem fünffachen Wert des momentanen jährlichen Rückgangs.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau! Aber dazu ist nichts im Haushalt! Gar nichts!)

Läuft alles weiter wie bisher, fehlen 7 Prozent oder, anders gerechnet, 85 Millionen Tonnen CO 2

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)

Deshalb müssen wir dringend alle Ministerien, Behörden und Ämter einbeziehen. Es heißt, mehr einzusparen, zum Beispiel in der Landwirtschaft, bei Gebäuden oder auch im Verkehr. Die Erhöhung der Mittel, beispielsweise für die energetische Stadtsanierung im Rahmen des Energie- und Klimafonds um 12 Millionen Euro

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Lächerlich! Völlig lächerlich angesichts der Aufgabe!)

oder für das CO 2 -Gebäudesanierungsprogramm um 200 Millionen Euro, weist in die richtige Richtung; aber das ist längst noch nicht genug. Als Haushälter werde ich den Aktionsplan Klimaschutz 2020, den die Ministerin vorlegen wird, deshalb nach Kräften unterstützen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Nationale Klimaschutzinitiative kürzt ihr um 12 Millionen!)

Was den internationalen Klimaschutz betrifft, so besteht im Jahr 2015 in Paris wohl die letzte Chance, ein Nachfolgeabkommen zum Kioto-Protokoll zu verabschieden. Der Ban-Ki-moon-Gipfel in New York, der hierfür die Voraussetzungen schaffen soll, findet zu meiner großen Verwunderung ohne die Kanzlerin statt.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Ich bin mir aber sicher, dass unsere Umweltministerin sie gut vertreten wird.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jetzt kommt das Aber: Betrachte ich nüchtern die Zahlen im Haushalt, so erkenne ich zu wenig Engagement beim Klimaschutz.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! So ist es! – Roland Claus [DIE LINKE]: Bravo!)

Ja, um die Welt zu retten, bleibt noch sehr viel zu tun. Ich hoffe, wir ziehen hierbei alle an einem Strang.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herzlichen Dank. – Ich darf mich bei dieser Gelegenheit bei den bisherigen Rednern in dieser Aussprache für die disziplinierte Einhaltung der Redezeiten bedanken, die vorbildlich ist.

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Roland Claus, Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3856423
Wahlperiode 18
Sitzung 51
Tagesordnungspunkt Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
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