17.10.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 61 / Tagesordnungspunkt 22

Volker UllrichCDU/CSU - Wohnungsnot in Hochschulstädten

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erfolgreiches Lernen braucht gutes Leben. 100 000 Studenten schicken sich in diesen Tagen an, ihr Studium aufzunehmen. Sie arbeiten für ihren eigenen Lebenserfolg und mehren damit auch den Wohlstand und die Innovationskraft unserer gesamten Gesellschaft. Viele machen sich auf, um nicht nur eine neue Lebenswirklichkeit und Lebensumgebung kennenzulernen, sondern auch, um sich auf ihr Studium zu konzentrieren. In einigen wenigen Städten ist dies im Augenblick nicht in dem Umfang möglich, wie wir es uns alle wünschen würden. Es gibt vereinzelt Quadratmeterpreise im zweistelligen Bereich, Wohnheimzimmer mit einem Preis von 400 bis 500 Euro und Wartelisten für Studentenwohnheime. Die damit verbundenen Sorgen teilen wir. Diese Sorgen haben dazu geführt, dass diese Koalition gehandelt hat und auch weiterhin erfolgreich handeln wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie uns zunächst vielleicht auf die Ursachen der Probleme zu sprechen kommen. Eine Ursache ist doch der Erfolg unserer eigenen Bildungspolitik. Die Anzahl der Studenten in Deutschland hat sich in den letzten 20 Jahren beinahe verdoppelt. In den letzten 10 Jahren ist die Anzahl der Studenten in einem sechsstelligen Bereich gestiegen. Wir bekommen glücklicherweise immer mehr Anfragen von Studenten aus aller Welt, die diesen Standort auch dank unserer Politik attraktiv finden und in Deutschland ein Studium aufnehmen wollen.

Dieser Erfolg der eigenen Politik hat in einigen Städten zweifelsohne zu einer Verknappung des Wohnraums geführt. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Die entscheidende Frage ist aber: Wie gehen wir mit dieser Gemengelage um? Da drängen sich einige Antworten auf. Ich kann Ihnen ehrlich sagen: Wenn wir hier in diesem Hohen Hause auch nur eine Maßnahme beschließen würden, die die Linken gefordert haben, dann würden wir das Problem nicht lösen, sondern sogar noch verstärken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dies ist nicht die erste Debatte, bei der ganz reellen Problemen durch Scheinlösungen entgegenzutreten versucht wird. Das, glaube ich, tut den Studenten in diesem Land nicht gut.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen uns zunächst einmal auf die wirklichen Lösungsansätze konzentrieren. Ein solcher Ansatz ist zunächst einmal die angesprochene Mietpreisbremse. Die Mietpreisbremse schafft keinen zusätzlichen Wohnraum. Sie wird dafür sorgen, dass der Mietpreisanstieg in manchen Gebieten begrenzt wird.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür ist sie auch gedacht!)

Das ist eine flankierende Maßnahme; aber sie ist sicherlich keine Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass Studenten jetzt und in den nächsten Jahren mehr Wohnraum zur Verfügung haben. Ganz im Gegenteil: Eine flächendeckende, einheitliche Mietpreisbremse für ganz Deutschland ist ein Programm zur Verhinderung von Investitionen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Arnold Vaatz [CDU/ CSU]: Abteilung Wohnraumlenkung!)

Ein weiterer Punkt ist die Frage: Wie gehen die Länder mit den Mitteln um, die durch die von diesem Haus beschlossene BAföG-Reform frei werden? 1,17 Milliarden Euro ist die Höhe des Entlastungsbetrages für die Länder in den nächsten Jahren. Wir werden sehr genau hinsehen, ob die Länder, in denen auch die Linke und die Grünen in Verantwortung sind, jeden Cent für die Bildung und möglicherweise auch für die Schaffung von studentischem Wohnen ausgeben oder nicht. Die Signale, wenn ich einmal so formulieren darf, sind nicht positiv.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Die sind super!)

Die Formulierung muss sein: Die Länder sind in der Pflicht,

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was macht denn Bayern?)

diese Mittel für Studenten auszugeben; sie dürfen sie nicht für andere Aufgaben verwenden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Dann kommen wir zur Erhöhung des BAföG. Ich meine, in einer Zeit, in der der Schwerpunkt auf haushaltstechnischer Konsolidierung liegt und wir uns unserer finanzpolitischen Verantwortung bewusst sind, ist die deutliche Erhöhung des BAföG 2016/17 ein großartiger Schritt und ein tolles Signal; das sollte man nicht kleinreden.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Inflation straft Sie Lügen!)

Zum Thema Wohnraum. Der beste Wohnraum ist derjenige, der neu gebaut wird.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Nein, der bezahlbar ist!)

Deswegen sind unsere Anstrengungen darauf gerichtet, neuen Wohnraum zu schaffen. Wir werden die entsprechenden Instrumente auch liefern.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns darüber unterhalten, unter welchen steuerlichen Bedingungen wir zukünftig Wohnraum schaffen werden. Ein Instrument wäre mit am wirksamsten – das haben Sie gar nicht angesprochen, aber darüber werden wir nachdenken –, und das ist die Wiedereinführung der degressiven AfA. Derjenige, der investiert, soll die Möglichkeit haben, schnell von der Steuer dafür belohnt zu werden, dass er privates Kapital lockermacht, um auf dem Wohnungsmarkt Akzente zu setzen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Sören Bartol [SPD]: Das wolltet ihr in den Koalitionsverhandlungen nicht!)

Abschließend sei daran erinnert, dass wir bei all der Freude über die Entwicklung in Hochschulstädten auch darüber nachdenken müssen, ob wir insgesamt immer die rechte Balance finden. Wir müssen betonen, dass die berufliche Bildung, die Ausbildung zum Meister in einem Handwerksberuf, gerade auch im ländlichen Raum, gleichwertig ist und dass es nicht immer ein Allheilmittel ist, ein Studium anzustreben, sondern ganz im Gegenteil. Wir haben die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung zu einem unserer zentralen Handlungsfelder gemacht. Wenn wir diese Gleichwertigkeit bedenken, wenn wir Politik machen, dann können wir vielleicht auch die Überhitzungsreaktionen in einigen Großstädten zurückfahren. Das, glaube ich, ist ein ganz wichtiger Aspekt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, eines steht für uns fest: Die Länder und die Kommunen sind in der Pflicht, durch Bauleitplanungen, durch Aktionsprogramme, durch finanzielle Unterstützung mehr Wohnraum für Studenten zu schaffen oder Anreize dafür zu setzen, dass Private das machen. Unserer Auffassung nach muss das auch im Herzen der Städte geschehen. Das Miteinander der Generationen, der Menschen in den Städten, die Begegnung, die Inspiration, Kunst und Kultur, das ist für uns eine Leitschnur für städtebauliches Handeln.

Meine Damen und Herren, verlassen Sie sich auf die Große Koalition!

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer sich auf die GroKo verlässt, ist verlassen!)

Wir werden dafür sorgen, dass es mehr Wohnraum gibt und dass die Sorgen der Studenten in diesem Land behoben werden. In diesem Sinne alles Gute zum Studienanfang!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Ulli Nissen das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3996782
Wahlperiode 18
Sitzung 61
Tagesordnungspunkt Wohnungsnot in Hochschulstädten
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