Swen SchulzSPD - Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91b)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Stellen Sie sich einmal für einen Moment vor, bei dieser Debatte im Deutschen Bundestag hätte sich jemand hingestellt und gesagt: Die Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereich von Hochschule und Wissenschaft gehört verboten. Dieser Jemand würde ausgelacht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber es ist noch gar nicht so lange her, dass die Ministerpräsidenten und diejenigen, die die Föderalismusreform verhandelt haben, das genau so gesehen haben. Ich erinnere mich daran, wie wir als Bundestagsfraktion zusammensaßen und uns die Verhandlungsergebnisse vorgestellt wurden. Da wurde gesagt: Komplettes Kooperationsverbot für Schule und für Hochschule.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD- Bundestagsfraktion hat daraufhin einen Aufstand gemacht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben durchgesetzt, dass das Kooperationsverbot im Grundgesetz, was die Hochschulen betrifft, gelockert wird. Auf dieser Basis haben wir den Hochschulpakt, den Qualitätspakt Lehre und viele weitere Programme realisiert. Wir von der SPD-Bundestagsfraktion haben viel Kritik, gerade auch von Ministerpräsidenten, einstecken müssen, aber wir haben recht behalten. Ohne die SPD-Bundestagsfraktion hätten die Hochschulen wesentlich größere Probleme. Wir würden hier ganz andere Debatten führen.
(Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist auch ein Märchen!)
Freilich war schon damals in der SPD-Fraktion die Meinung sehr weit verbreitet, dass das Kooperationsverbot für den Bereich Schule auch unsinnig ist.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ihr wollt nur das Geld! Sonst nichts!)
Wir haben uns damals nicht durchgesetzt – bis heute haben wir uns nicht durchgesetzt –, aber ich sage Ihnen voraus: Genauso wie das Kooperationsverbot im Bereich Hochschule gefallen ist, so wird es auch für den Bereich Schule fallen. Wir werden da nicht lockerlassen.
(Beifall bei der SPD – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen wir mal hoffen! Da müsst ihr stark bleiben!)
Nun gehen wir immerhin einen wichtigen Schritt.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einen halben Schritt!)
Wir weiten die Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereich Wissenschaft und Hochschule aus. Wir machen sie verlässlich. Wir stellen sie auf eine dauerhafte Basis. Das ist eine Möglichkeit, die wir auch nutzen wollen. Der Kollege Ernst Dieter Rossmann hat es gesagt: Lassen Sie uns in allererster Linie einen Pakt für den Nachwuchs, für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler schließen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das hilft den Leuten, der Wissenschaft, den Hochschulen, den Studierenden. Das hilft ganz Deutschland. Wir sollten das in der Großen Koalition beschließen.
Lassen Sie mich noch einige Überlegungen zum Verhältnis von Bund und Ländern anschließen, gerade aus der Sicht eines Mitgliedes des Haushaltsausschusses.
Die Länder sind verantwortlich für Bildung und Hochschule
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Und wir für das Geld!)
und werden vom Bund massiv unterstützt. Der Hochschulpakt ist angesprochen worden, verschiedene andere Programme, aber auch die BAföG-Entlastung, über die wir gleich noch diskutieren und abstimmen werden. Der Deutsche Bundestag respektiert die Eigenständigkeit der Bundesländer, die Freiheit der Länder, ihre Schwerpunkte zu setzen. Doch diese Eigenständigkeit und diese Freiheit enden dort, wo die Zweckentfremdung von Bildungsmitteln beginnt.
(Beifall bei der SPD)
Ich gehe nicht davon aus, dass das stattfindet;
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Doch! Doch! Gehen Sie davon aus! – Gegenruf des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo? In Bayern?)
aber wir sollten schon einmal ordentlich darauf schauen. Deswegen hat der Haushaltsausschuss bereits einen sogenannten Monitoringbeschluss gefasst und die Bundesregierung gebeten, einmal genau zu schauen, was die Bundesländer da so veranstalten. Wenn es doch einen falschen Umgang mit den Bildungsmitteln geben sollte, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir das öffentlich ansprechen. Dann müssen die verantwortlichen Landespolitiker ihren Bürgerinnen und Bürgern erklären, warum die Bildungsmittel nicht ordentlich ausgegeben wurden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Das machen wir beim BAföG dann aber auch!)
Ich füge hinzu: Das sollten wir im Deutschen Bundestag dann auch unabhängig von der Farbe der jeweiligen Landesregierung machen, also nicht nach dem Motto „Die eigene Landesregierung schützen wir, die andere greifen wir an“. Ich sage das deswegen, weil ich manchmal den Eindruck habe, dass wir hier im Deutschen Bundestag gelegentlich weniger bundespolitische Debatten führen als vielmehr landespolitische Schlachten schlagen.
(Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Das sollten wir hier im Bundestag jedenfalls nicht tun.
(Beifall bei der SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein guter Tag für die Wissenschaft und für die Hochschulen. Ab morgen arbeiten wir weiter daran, dass es einen nächsten guten Tag geben wird, nämlich für die Schulen: wenn auch das Kooperationsverbot im Bereich Schule fällt.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 18 |
Session | 66 |
Agenda Item | Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91b) |