Andreas LenzCDU/CSU - Regierungserklärung – Investieren in Deutschlands und Europas Zukunft
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade überlegt, Frau Dröge, wenn Herr Krischer der Pinocchio ist, was dann die weibliche Form wäre. Wir sind auf Pinocchia gekommen. Diese Diskussion können wir ja beizeiten noch vertiefen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Toll! Höchst intelligent! Auf so etwas wäre ich gar nicht gekommen! Super!)
86 Prozent der Deutschen blicken laut einer Studie optimistisch in die Zukunft. Schaut man sich die Zahlen der wirtschaftlichen Entwicklung an, dann sieht man, dass die Menschen in Deutschland zu Recht optimistisch sind. Doch die größte Gefahr für die Zukunft ist bekanntlich der Erfolg der Gegenwart. Wir müssen also jetzt die Grundlagen für eine langfristig positive wirtschaftliche Entwicklung legen. Die Investitionen von heute sind das Fundament für Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze von morgen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb trägt der Jahreswirtschaftsbericht nicht grundlos den Titel: Investieren in Deutschlands und Europas Zukunft. Die deutsche Wirtschaft konnte den zahlreichen geopolitischen Krisen des vergangenen Jahres trotzen und stieg real um 1,5 Prozent. Die Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung ist weiter positiv. Dazu trägt auch der gesunkene Rohölpreis bei, der voraussichtlich für Einsparungen von rund 30 Milliarden Euro sorgen wird. Auch deshalb erhöht die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose für 2015 auf 1,5 Prozent. Deutschland ist damit weiter der Stabilitätsanker in Europa.
Die Zahl der Beschäftigten steigt 2015 vermutlich um 170 000. Damit stehen wir vor einem erneuten Beschäftigungsrekord. 2015 werden 42,8 Millionen Menschen erwerbstätig sein, so viele wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Vor allem gilt es dabei zu betonen, dass auch die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in der letzten Dekade angestiegen ist. Mehr als 3,5 Millionen Menschen haben seit 2005 einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz angenommen. Auf diese Entwicklung können wir stolz sein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Besonders stark stieg der Anteil der Beschäftigung von ausländischen Mitbürgern. Diese trugen im letzten Jahr zu annähernd 40 Prozent des Beschäftigungswachstums bei. Die Bekämpfung von Missbrauch beim Bezug von Sozialleistungen durch EU-Ausländer in Deutschland bleibt jedoch gerade auch deshalb richtig.
Ebenso wichtig ist das Bekenntnis zu einem flexiblen Arbeitsmarkt. Trotz der hohen Flexibilität unseres Arbeitsmarktes stieg das Vertrauen in die Jobsicherheit auf ein Rekordniveau. 91 Prozent halten ihren Arbeitsplatz für sicher. Flexibilität und Vertrauen müssen also kein Gegensatz sein. Mit einem Bruttolohnzuwachs von 3,2 Prozent und einem Reallohnzuwachs von 1,6 Prozent haben wir den größten Lohnzuwachs seit 2010. Die Lohnentwicklung trägt so wesentlich zu einem höheren Binnenkonsum bei.
Bei der letzten Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts, des Jahreswirtschaftsberichts 2014 im letzten Jahr, meinte der Bundeswirtschaftsminister noch, man müsse bei der Lohnentwicklung die Produktivität beachten. „ Verkehrte Welt“ titelten damals die Zeitungen. Diese Feststellung ist schlicht richtig. Wir übernehmen in diesem Jahr gerne den Hinweis, dass die Lohnstückkosten moderat steigen und wir diese Entwicklung hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit beobachten müssen. Allerdings sind wir uns auch hier einig. Das haben wir gestern im Ausschuss schon besprochen. Jetzt müssen wir nur noch die Opposition davon überzeugen.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ach, das muss nicht sein! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dann sind wir schon ein Stück weiter.
Um Wohlstand und Beschäftigung zu sichern, brauchen wir Investitionen in die Zukunft. Hierzu tragen die verstärkten Investitionen des Bundes in die öffentliche Infrastruktur bei. Tausende Kilometer Straßen, Schienen und Wasserwege werden schwerpunktmäßig instand gehalten und verbessert. In den Jahren 2014 bis 2017 stellt der Bund insgesamt 5 Milliarden Euro zusätzlich für den Erhalt und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung. Allein für 2015 haben wir den Verkehrshaushalt um weitere 410 Millionen Euro erhöht. Ja, Frau Andreae, auch die Pkw-Maut wird zur stärkeren Nutzerfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur beitragen; auch darauf können wir stolz sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Von 2016 bis 2018 stellt der Bund zusätzliche Mittel in Höhe von 10 Milliarden Euro für weitere Investitionen zur Verfügung. Diese müssen zielgerichtet in nachhaltige Wohlstandstreiber investiert werden. Dazu gehören vor allem Investitionen in Infrastruktur, Energieeffizienz und Digitalisierung. Auch Formen der öffentlich-privaten Partnerschaften sollten nicht verteufelt werden. Dabei muss natürlich ein Rahmen geschaffen werden, der langfristige Rechtssicherheit für beide Vertragsparteien gewährleistet.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auch die Unternehmen sind gefordert. Es geht am Ende um mehr Investitionen für mehr Wettbewerbsfähigkeit. Es nutzt insgesamt jedoch wenig, durch konkrete Maßnahmen private Investitionen zu fördern, wenn Unternehmen Zweifel an der grundsätzlichen Ausrichtung der Wirtschaftspolitik haben. Auch deshalb ist es wichtig, eine unternehmensfreundliche Regelung im Hinblick auf die anstehende Änderung bei der Erbschaftsteuer zu treffen, und dies möglichst ohne bürokratischen Mehraufwand. Die Aufzeichnungspflichten bei der Umsetzung des Mindestlohns – wir haben das vorhin schon gehört – schießen in vielen Fällen über das Ziel hinaus. Ich danke dem Minister, dass er einer Überprüfung zustimmt. Wir dürfen unsere Unternehmer nicht unter staatlichen Generalverdacht stellen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Genauso wichtig wie der Bürokratieabbau ist es, dass wir keine neue Bürokratie aufbauen.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das wäre ja noch besser!)
Das gilt für Pläne hinsichtlich einer Anti-Stress-Verordnung, die abzulehnen sind, genauso wie für die anstehende Arbeitsstättenverordnung.
(Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das mit dem Spind ist von Tillich! – Thomas Jurk [SPD]: Aber das hat doch die CDU in den Bundesrat eingebracht!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir in Bildung, insbesondere in die berufliche Bildung, investieren, dann sind auch dies Zukunftsinvestitionen. Eine solide Fachkräftebasis ist die Grundlage für Wachstum und Investitionen. Eine Ausbildung ist dabei nicht schlechter als ein Studium; das kann man nicht oft genug betonen. Unser betriebliches Ausbildungssystem ist jedem anderen Ausbildungssystem überlegen. Die Ausbildungsinhalte richten sich nach dem betrieblichen Bedarf. Was vermittelt wird, wird auch gebraucht. In Anbetracht der demografischen Entwicklung dürfen wir auf keinen Schulabgänger verzichten. Jeder Mensch ist uns wichtig.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag eine Ausbildungsgarantie für jeden Jugendlichen abgegeben. Diese wird im Rahmen der Allianz für Aus- und Weiterbildung eingelöst. Die renditestärksten Investitionen sind im Bereich der Innovation, der Digitalisierung und der Hochtechnologie zu erwarten. Deshalb ist es wichtig, den Rahmen für Unternehmensgründungen weiter zu stärken. Wir müssen durch gezielte Förderung von Wagniskapital Wachstumsfinanzierungen ermöglichen.
Der ausgeglichene Haushalt 2015 bzw. schon 2014 ist eine historische Leistung. Langfristig entstehen so Spielräume für mehr staatliche Investitionen. Darüber hinaus werden die Länder und Kommunen entlastet. So werden auch deren Investitionsspielräume erhöht. Der ausgeglichene Haushalt ist ein Beitrag zu einer generationengerechten Politik.
Die Bund-Länder-Finanzbeziehungen bedürfen einer Neuregelung. In diesem Zusammenhang gilt es, auch den Länderfinanzausgleich in einer Weise zu ändern, dass die richtigen Anreize für mehr Eigenverantwortung gesetzt werden.
Steuervereinfachung bleibt ein Dauerthema. Wünschenswert wäre dabei auch eine Steuerstrukturreform. Es ist zu begrüßen, dass im Jahreswirtschaftsbericht erstmalig das Ziel des Abbaus der kalten Progression genannt wird. Ziel muss es sein, dass wir hier noch in dieser Legislaturperiode Fortschritte erzielen.
Die Unternehmen brauchen einen berechenbaren Rahmen hinsichtlich der Entwicklung der Energiepreise. Maßstab ist das energiepolitische Dreieck einer umweltverträglichen, sicheren, aber eben auch bezahlbaren Energieversorgung. Das neue Strommarktdesign wird in puncto Versorgungssicherheit einen entscheidenden Schritt bringen. Wir sollten hier Mut zu marktwirtschaftlichen Ansätzen zeigen.
heißt es treffend im Jahreswirtschaftsbericht.
Die geopolitischen Krisenherde bergen erhebliche Risiken, auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Ebenso treibt die Menschen die Frage nach der Stabilität unserer Währung um. Auch deshalb müssen die Strukturreformen in den Krisenländern weitergehen. Gleichzeitig müssen wir die europäischen Strukturen stärken, und zwar mehr denn je. Es gilt, den Blick in die Zukunft zu richten. Ludwig Erhard sagte: Den Wohlstand zu bewahren, ist noch schwerer, als ihn zu erwerben. – Mit dem Jahreswirtschaftsbericht schaffen wir die Basis dafür, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Packen wir’s an!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion erhält jetzt das Wort Dirk Becker.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4510969 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 82 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung – Investieren in Deutschlands und Europas Zukunft |