Armin SchusterCDU/CSU - Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kahrs, ich mag die Hanseaten, weil ich einmal lange in Lübeck gewohnt habe. Aber unterschätzen Sie bitte nicht die ländlichen Räume. Dort leben auch Schwule und Lesben, und zwar sehr gerne.
(Dr. Katarina Barley [SPD]: Ich auch, und zwar wunderbar!)
Das alles an Hamburg und Bremen auszumachen, würde mir nicht reichen.
(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])
Die CDU/CSU setzt sich für alle Regionen ein.
(Johannes Kahrs [SPD]: Gleichstellung hat nichts mit Regionen zu tun!)
Deswegen, Frau Dr. Barley, haben wir auch diese tollen Wahlergebnisse. Auch Sie müssen noch weiterhin gewählt werden. Eigentlich sind wir von der Union ganz zufrieden. Wir haben die Balance aus ländlichen Regionen und Großstädten. Sie können es sich anschauen.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind übrigens nicht beim Wahlbarometer!)
– Knapp 42 Prozent ist ja nicht so schlecht, Herr Beck.
Ihr Gesetzentwurf ist wirklich eine Fleißarbeit; das muss ich sagen. Ich hätte der Fraktion der Grünen vorgeschlagen, einen anderen Startredner zu schicken. Man kann einen sehr guten Antrag auch durch die Startrede schlechter machen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Richtig!)
Sie, Herr Beck, sprachen von Schützengräben, reaktionär-geistiger Immobilität, Denkfaulheit. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen der Grünen, deshalb hatten Sie bei der Bundestagswahl so ein miserables Ergebnis:
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wissen wir es endlich!)
Dieser Absolutismus, dass Ihre Meinung in ganz Deutschland gelten muss, hat zu diesem Ergebnis geführt.
Gott sei Dank, Herr Beck, haben Sie uns noch als „konservativ“ bezeichnet; da fühlen wir uns ja geehrt.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich Ihnen abgesprochen!)
Da möchte ich mal die Definition von Franz Josef Strauß nehmen:
Das tun wir hier seit zehn Jahren. Wir sind ziemlich stolz darauf, dass wir in den zehn Jahren auch beim Thema Gleichstellung eine Menge getan haben – Frau Zeulner hat es schon angedeutet –: Wir haben Gleichstellungen beim BAföG und im Jahressteuergesetz vorgenommen, wir haben das Besoldungs- und Versorgungsrecht für Bundesbeamte und Soldaten angepasst.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles vom Bundesverfassungsgericht aufgegeben!)
Wir haben den Familienzuschlag für verpartnerte Beamte im öffentlichen Dienst eingeführt – nicht ab 2009, sondern schon ab 2001, von dem Moment an, ab dem das Lebenspartnerschaftsgesetz galt.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nachdem Sie das Bundesverfassungsgericht dazu verurteilt hatte!)
Die schwarz-rote Koalition hat allein in dieser Wahlperiode zwei entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht.
Frau Dr. Barley, im Prinzip gehe ich hinsichtlich Ihrer Bewertung des Bundesverfassungsgerichts mit Ihnen einig. Aber eines muss ich Ihnen auch sagen: Es gehört für mich zur politischen Pluralität, Richtern in Karlsruhe politische Meinungssignale zu senden. Das möchten wir. Das sind nämlich auch nur Menschen. Man muss ja nicht in vorauseilendem Gehorsam permanent zu antizipieren versuchen, was wohl ein Karlsruher Richter denkt. Wir versuchen, eine politische Meinung zu formulieren, die auf dem Meinungsbild der Bevölkerung basiert. Wir fühlen uns da sehr gut aufgehoben. Und dann gucken wir mal, was Karlsruhe daraus macht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Katarina Barley [SPD]: Verfassungsgemäß sollte es aber schon sein! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie jetzt sechsmal ausprobiert! Das Ergebnis war immer das gleiche!)
Aus diesem Grund haben wir bei der Sukzessivadoption dafür gesorgt, dass ein Kind, das bereits von einem Lebenspartner adoptiert ist, auch durch den anderen adoptiert werden kann. Wir haben beim Thema Adoption allerdings eine ganz andere Meinung als Sie. Wir wollen keine Gleichstellung um jeden Preis.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt denn „um jeden Preis“?)
Das haben alle Vorredner meiner Fraktion bereits erklärt.
Das Grundgesetz, meine Damen und Herren, stellt in Artikel 6 die Ehe und Familie als Gemeinschaft von Eltern mit ihren Kindern unter besonderen Schutz. Frau Jelpke, die meisten Menschen in unserem Land, so glaube ich, leben in einer Familienkonstellation aus Mann, Frau und Kind. Wenn Sie das als „mittelalterliches Familienbild“ bezeichnen,
(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Dass es so sein muss!)
dann empfehle ich allen Menschen in diesem Land, das sorgfältig zu beurteilen. Die Linken glauben, dass man mittelalterlich sei, wenn man in diesem Land in einer klassischen Familienkonstellation lebt. Herzlichen Glückwunsch! Ich hoffe, mit solch einem Meinungsbild gehen Ihre Umfragewerte noch ein paar Prozent herunter. Das ist ja irre!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben mit der SPD vereinbart, die rechtlichen Benachteiligungen von Lebenspartnerschaften zu beseitigen. Diese Vereinbarung werden wir umsetzen. Herr Dr. Brunner hat es richtig erklärt. Anhand der beiden SPD-Redner Brunner und Barley können die Grünen sehen, wie wir das angehen wollen. Bei uns wird ausgewogen diskutiert
(Michaela Noll [CDU/CSU]: Ja, Herr Brunner hat das sehr schön gemacht!)
und nicht absolutistisch behauptet, so müsse es sein.
Ich glaube, wir finden einen Weg, auch bei den kritischen Punkten.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mal sehen, ob Sie bei Ihrem Gesetzentwurf mit sich reden lassen oder ob das wieder absolutistisch durchgezogen wird!)
Deswegen bin ich der Meinung, dass wir den Antrag der Grünen mit voller Überzeugung ablehnen können. Er ist nämlich sehr schnell gemacht und in Teilen falsch.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Schnell gemacht“? – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie widersprechen sich doch selber!)
Herr Kahrs, Sie selbst haben gesagt, seit 1998 gebe es in diesem Haus Mehrheiten für Ihre Form der Gleichstellungspolitik. Ja, verdammt noch mal, warum habt ihr es denn von 1998 bis 2005 nicht gemacht? Da hättet ihr doch die Möglichkeit gehabt.
(Johannes Kahrs [SPD]: Weil ihr es im Bundesrat blockiert habt! Zuhören und nachdenken! Den Bundesrat braucht man dafür auch! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie schon mal was von zustimmungspflichtigen Gesetzen gehört?)
Ja, meine Damen und Herren, deshalb nicht, weil die Mehrheitsverhältnisse in Deutschland eben nicht so waren. Sie haben es nämlich nicht hinbekommen, und dafür gab es auch Gründe.
(Johannes Kahrs [SPD]: Ja, Herr Schuster, Sie waren der Grund, Ihre Truppe! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Grund hat drei Buchstaben: C-D-U!)
Wir sind die einzige Fraktion im Deutschen Bundestag, die noch von entsprechender Balance und Ausgewogenheit geprägt ist. Wir vertreten einen Großteil der Bevölkerung,
(Johannes Kahrs [SPD]: Das tun Sie eben nicht! In der Frage sind Sie eine erbärmliche Minderheit, Herr Schuster, und peinlich!)
fühlen uns wohl damit und glauben trotzdem, dass wir Schwule und Lesben in diesem Land angemessen gleichstellen.
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4661911 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 88 |
Tagesordnungspunkt | Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft |