Johannes FechnerSPD - Verfolgung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir alle haben mit großer Bestürzung die brutalen Anschläge in Paris erlebt, und wir sind erschüttert, wenn wir die grausamen Kriegsbilder aus Syrien, dem Irak oder von anderswo in den Nachrichten sehen. Selbstverständlich ist es unsere Aufgabe als Politik, dem Anspruch der Bevölkerung auf Sicherheit nachzukommen. Dabei dürfen wir aber nicht den Fehler machen – das machen wir auch nicht mit diesem Gesetz –, überzureagieren und in gesetzgeberischen Aktionismus zu verfallen. Das bedeutet konkret, dass wir nur dort Straftatbestände neu schaffen oder verschärfen, wo, wie in diesem Fall, tatsächlich Strafbarkeitslücken bestehen. Dem kommen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nach. Ich bin dem Justizminister ausdrücklich dankbar, dass er keine überzogenen Gesetzesverschärfungen vorgelegt hat, sondern mit Besonnenheit, insbesondere der UN-Resolution nachkommend, diesen Gesetzentwurf erstellt hat.
Wenn leider auch aus Deutschland junge Menschen ausreisen, um sich in Terrorcamps ausbilden zu lassen, dann müssen wir schon deren Ausreise verhindern, damit sie eben nicht wie die Pariser Attentäter in Terrorcamps gehen oder im Ausland Verbrechen begehen können. Deshalb ist es richtig, dass sich zukünftig strafbar macht, wer mit terroristischer Motivation ausreist, also mit der Absicht, zur Ausbildung ein Terrorcamp zu besuchen oder Kampfhandlungen zu begehen. Die angesprochenen Beweisschwierigkeiten gibt es nicht. Es handelt sich um eine Personengruppe, die offensichtlich sehr mitteilungsbedürftig ist, etwa in sozialen Netzwerken. Insofern ist der Nachweis der geplanten Ausreise und des Zwecks der Ausreise möglich. Im Übrigen ist ja bekanntlich im Strafrecht eine Handlung, die einen bestimmten Zweck hat, unter Strafe gestellt.
Des Weiteren müssen wir den Terrororganisationen die Finanzgrundlage entziehen. Deshalb ist es richtig, dass wir dafür einen eigenen Straftatbestand einführen und die Terrorismusfinanzierung auch bei kleineren Zuwendungen unter Strafe stellen. Weiter gehende Maßnahmen sind aus meiner Sicht nicht geboten. Insbesondere die Wiedereinführung des Straftatbestands der Sympathiewerbung halte ich nicht für erforderlich.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE])
Sicher werden viele, insbesondere junge Männer, über das Internet geworben. Wer aber Mitglieder anwirbt, etwa für den IS, oder wer dessen Symbole zeigt, der macht sich schon heute strafbar. Wir haben ein sehr weitgehendes Strafrecht in diesem Bereich. Deswegen war es richtig, dass Rot-Grün damals diese Vorschrift abgeschafft hat, zu der es so gut wie keine Verurteilungen gab. Wir brauchen keinen Straftatbestand der Sympathiewerbung in Deutschland.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE])
Wenn die Opposition nun schimpft, dass über das Ziel hinausgeschossen würde, darf ich mich zumindest ein bisschen wundern. Es war auf der einen Seite zu lesen, dass wir über das Ziel hinausschießen, auf der anderen Seite, dass wir nur Symbolpolitik betreiben würden. Ich finde, da geht die Linie etwas auseinander. Im Übrigen – auch das sei der Opposition gesagt – setzen wir mit diesem Gesetzentwurf Vorgaben bzw. Vorschläge der Vereinten Nationen und der OECD um. Das sind Organisationen, die auch Sie ja eigentlich schätzen. In welcher Gesellschaft wären wir, wenn wir diese Vorschläge nicht umsetzen würden?
Herr Kollege Fechner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ströbele?
Ja.
Herr Kollege, es ist jetzt schon mehrfach behauptet worden, dass das durch die UN-Resolution vorgeschrieben worden ist. Haben Sie sich die einmal angeschaut?
In Bezug auf die „foreign fighters“ wird diese Maßnahme vorgeschlagen.
Ja, aber ohne Berücksichtigung dessen, welche Gesetze wir haben. Die Vereinten Nationen machen Vorschläge. Aber das haben wir ja bereits. Sie müssten doch einmal belegen, inwiefern die Vorgaben der UN-Resolution in Deutschland nicht verwirklicht sind, wo noch eine Lücke ist.
Das betrifft diese beiden Punkte. Viele andere Punkte haben wir schon. Ich habe schon gesagt, dass wir ein sehr weitgehendes Strafgesetzbuch haben. Deswegen müssen wir sehr zurückhaltend sein, was Verschärfungen angeht.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind sogar gelobt worden!)
– Wunderbar.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht Sie! Die Koalition vorher!)
Nehmen wir als Große Koalition gerne an. Herzlichen Dank!
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Vielen Dank für den Hinweis!)
Wir haben uns das detailliert angeschaut. Bei diesen beiden Punkten – Terrorismusfinanzierung und Ausreise – gibt es geringfügige Strafbarkeitslücken, die wir hiermit schließen.
Ich finde, wenn wir die Vereinten Nationen ernst nehmen und wenn die genannten Organisationen zu konkreten Vorschlägen zum Kampf gegen den Terrorismus auffordern, dann sollten wir diese Vorschläge auch umsetzen.
Zu guter Letzt möchte ich in dieser Rede festhalten, dass die schärfsten Gesetze natürlich nichts bringen, wenn bei der Polizei die technische Ausstattung nicht vorhanden ist oder wenn bei den Ermittlungsbehörden zu wenig Personal vorhanden ist. Deswegen war es richtig – wir als SPD haben uns in den letzten Haushaltsberatungen dafür eingesetzt –, dass neue Stellen beim Generalbundesanwalt für die Terrorismusbekämpfung geschaffen werden und dass es bei der Bundespolizei für Material und Fahrzeuge 20 Millionen Euro mehr gibt und 400 neue Stellen eingerichtet werden.
(Ansgar Heveling [CDU/CSU]: Und Vorratsdatenspeicherung!)
– Das wäre mir neu.
(Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU/CSU)
Ich glaube, das sind ganz wichtige Maßnahmen, und ich finde, dass wir maßvoll und besonnen reagieren und dabei den Terrorismus effektiv bekämpfen. Dazu ist das vorliegende Gesetz ein ganz wichtiger Beitrag.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Abschließender Redner in dieser Aussprache ist der Kollege Alexander Hoffmann, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4667545 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 89 |
Tagesordnungspunkt | Verfolgung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten |