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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade einmal acht Wochen – ich habe es nicht so genau nachgerechnet wie die Kollegin Mast – ist der Mindestlohn in Kraft, und schon liegt uns ein Antrag von Ihnen, Kollegen der Fraktion Die Linke, vor, der allen Arbeitgebern in unserem Land per se unterstellt, Lücken zu suchen, um den Mindestlohn zu umgehen. Sie stellen damit jeden Arbeitgeber unter Generalverdacht. Gegen solche Äußerungen verwahre ich mich auch im Namen unserer vielen familiengeführten Unternehmen und Handwerksbetriebe aufs Schärfste.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Mindestlohngesetz verstehe ich wie jedes Gesetz, das hier verabschiedet wird, als lernendes System, bei welchem man dort, wo die Praxis es erfordert, nachbessert.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nach acht Wochen schon?)

Wenn das Mindestlohngesetz mit seinen Dokumentationspflichten in der Praxis nachweislich Hemmnisse schafft, dann sind wir Fachpolitiker gefordert, Abhilfe zu schaffen.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Hemmnisse denn?)

Nichts anderes ist im Bereich Sport/Ehrenamt geschehen. Deshalb empfinde ich den in Ihrem Antrag gemachten Vorwurf von Verwerfungen im Ehrenamt als unverschämt und als wirklichkeitsfremde Unterstellung. Sie diskreditieren damit jeden, der freiwillig bereit ist, sich unentgeltlich für unsere Gesellschaft einzubringen und damit etwas für unsere Gesellschaft zu leisten.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Sie zerschießen das und machen uns einen Vorwurf! Das ist nicht zu fassen!)

Sie unterstellen diesen Menschen, eine ehrenamtliche Tätigkeit aufzunehmen – so ist es doch in Ihrem Antrag formuliert –, bloß damit der Arbeitgeber seinen Reibach machen kann und sich den Mindestlohn spart. Was ist das für eine abstruse Aussage? Dies ist einfach empörend. Die vielen Ehrenamtlichen in unserem Land, ob im Sport oder im kulturellen Bereich und auch in den vielen sozialen Hilfsorganisationen, wissen jetzt, wie Sie, die Fraktion Die Linke, über das Ehrenamt und über ehrenamtliches Engagement denken.

(Beifall bei der CDU/CSU – Beate Müller- Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)

Allein die Begriffe „Missbrauch“ und „Ehrenamt“ in einem Atemzug zu nennen, ist ein Schlag in das Gesicht der vielen ehrenamtlich Tätigen, die zum Zusammenhalt in unserer Gesellschaft beitragen. Ich finde, so eine Aussage gehört sich nicht.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Scheinheilig! – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die Fraktion Die Linke gewandt: Warum meldet ihr euch nicht mal?)

Zu Ihrer Aussage „Bürokratie-Debatte ist Sabotage am Mindestlohn“, Herr Ernst – auch wenn Sie das nicht gerne hören –: Wir in der CDU/CSU werden im Interesse der Betroffenen diese Debatte führen. Das gehört zu unserem demokratischen Verständnis.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Na toll!)

Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ernst zulassen, oder mögen Sie weitersprechen?

Ich möchte gerne weitersprechen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN: Oh!)

– Hören Sie sich doch erst einmal an, was ich zu sagen habe!

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das machen wir ja!)

Ich habe Ihnen ja auch zugehört.

Mein Fraktionsvorsitzender sagt immer treffend: Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da kennen Sie sich aus!)

Die Wirklichkeit sieht so aus: Ich habe keinen einzigen Brief und keine einzige E-Mail von Unternehmern aus dem Mittelstand aus meinem Wahlkreis bekommen, die Beschwerden über die Zahlung des Mindestlohnes enthielten, sondern es ging immer um die damit verbundenen Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten. Man ist bemüht, dem nachzukommen und die Pflichten zu erfüllen. Denn Mittelständler kennen keine Probleme; sie sprechen immer von Herausforderungen.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ach! Poesiealbum!)

Aber es ist doch wohl auch unsere Aufgabe, auf die Verhältnismäßigkeit zu achten, und darauf, dass wir nicht zu viel Bürokratie aufbauen. Was in den Schreiben und in den Anfragen auch immer wieder deutlich wurde: Es besteht noch Rechtsunsicherheit bei den Arbeitgebern oder auch bei Auftraggebern. Hierauf müssen wir eingehen. Es ist unsere Aufgabe, Antworten auf immer wiederkehrende Fragen zur Anwendung des Gesetzes zu geben.

Die Kollegin Mast hat es gesagt: Es gibt auf der Internetseite des BMAS eine Rubrik zu Fragen und Antworten zum Mindestlohn. Diese Seite wird ständig aktualisiert. Sie ist in einer verständlichen Sprache gehalten, und sie wird in Anspruch genommen. Dies alles macht doch deutlich, dass diese Fragen wahrlich nichts damit zu tun haben, dass der Mindestlohn nicht gezahlt werden soll. Deshalb sind auch Ihre immer wiederkehrende Aussage über Verwerfungen und Ihre Einstellung, Unternehmer unter Generalverdacht zu stellen, nicht haltbar.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat, in dem Recht und Gesetz gelten. Einzelne schwarze Schafe in gewissen Branchen sind in der Vergangenheit identifiziert worden und werden auch in der Zukunft identifiziert. Was, glauben Sie, hat die Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll in den letzten Jahren getan? Es ist so wie bei jedem Gesetz: Wenn es Verstöße gibt, hat man die Möglichkeit in unserem Rechtsstaat, diese zu melden; diese werden geahndet, entweder mit Auflagen oder mit Strafen. Die Mindestlohnhotline hat die Kollegin Mast schon angesprochen. Auch beim Zoll gibt es eine solche Auskunftsstelle. Diese Stellen werden in Anspruch genommen.

Wenn es Lücken geben sollte, dann müssen wir schauen, dass wir diese identifizieren und unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit schließen. Deshalb ist unser Weg in dieser Diskussion, eine Bestandsaufnahme aller Probleme bei den Mindestlohnregelungen zu erstellen, diese zu bewerten und festzuhalten, an welchen Stellen es möglicherweise noch Nachbesserungsbedarf gibt. Hier werden selbstverständlich auch die gewonnenen Erkenntnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll einfließen. Wir haben jetzt März, es ist der erste Prüfmonat. Ein bisschen Zeit braucht man schon, bis man sieht, wie das Gesetz wirkt.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben!)

Ich finde, es ist unsere Aufgabe als gewählte Volksvertreter, die Anliegen der Bürger aus den Bereichen des Lebens aufzunehmen, die mit dem Mindestlohngesetz zu tun haben. So erledigen wir in unserer Fraktion als gewählte Volksvertreter konstruktiv politische Arbeit, nicht mit Generalverdächtigungen. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag heute ab.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Abgeordneten Klaus Ernst das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4698407
Wahlperiode 18
Sitzung 91
Tagesordnungspunkt Mindestlohn
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