Astrid FreudensteinCDU/CSU - Förderung und Integration von Arbeitslosen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wer die Debatte verfolgt hat, weiß, dass wir uns hier im Parlament ziemlich einig in der Diagnose sind: In unserem Land leben zu viele Menschen, die nur eine geringe Chance haben, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Wir teilen auch gemeinsam die Sorge um diese Menschen, und wir sehen auch alle gemeinsam einen Handlungsbedarf. Wir als Große Koalition haben deshalb im Koalitionsvertrag einen Schwerpunkt auf ebendiese Personengruppe gelegt. Auch die Bundesregierung hat in ihrem ersten Jahr die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit zu einem ihrer obersten Ziele ernannt. So einig wir uns aber in der Diagnose sind: Unsere Vorstellungen darüber, wie man dieses Problem lösen kann, sind doch nicht ganz gleich.
Durch den Beschluss der Hartz-Gesetze durch die SPD und die Grünen – das erkennen wir durchaus an – gab es den notwendigen Impuls für einen Wandel der Arbeitsmarktpolitik. Ein effizienteres Verwaltungssystem und ein gesundes Verhältnis zwischen Fördern und Fordern hielten Einzug. Für die Erfolge dieser Gesetze werden wir noch heute in weiten Teilen Europas bewundert.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wie schon festgestellt, braucht es für einen bestimmten Personenkreis mit mehreren bzw. multiplen Vermittlungshemmnissen etwas mehr Förderung. Denn während die Zahl der Arbeitslosen insgesamt seit 2005 stark gesunken ist, blieb die Zahl der Langzeitarbeitslosen seit 2010 fast auf einem Niveau. Daran wollen wir natürlich etwas ändern.
Wir sind das Problem schon angegangen. Mit der Initiative gegen Langzeitarbeitslosigkeit sollen die Chancen für diesen speziellen Personenkreis deutlich verbessert werden, und ihre soziale Teilhabe soll gesichert werden. Es gibt zum einen das ESF-Programm zur Eingliederung Langzeitarbeitsloser, das mit fast 900 Millionen Euro ausgestattet ist. Damit werden besonders jene unterstützt, die keinen verwertbaren Berufsabschluss haben.
In diesem Zusammenhang muss auch auf die Programme der Berufseinstiegsbegleitung und der assistierten Ausbildung hingewiesen werden. Mit ihnen soll dort geholfen werden, wo der Schulabschluss oder die Berufsausbildung in Gefahr sind. Beides sind Fundamente eines Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt. Hier setzen wir also auf Vorbeugung bzw. Prävention, damit junge Menschen erst gar nicht in die Langzeitarbeitslosigkeit fallen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Frau Kollegin Freudenstein, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Zimmermann?
Ja, bitte.
Bitte schön, Frau Zimmermann.
Vielen Dank, Frau Dr. Freudenstein, dass Sie diese Frage zulassen. – Sie sprachen davon, dass Sie ein Programm auf den Weg gebracht haben. Es gibt 1 Million langzeiterwerbslose Menschen. Die zwei Programme, die jetzt von Frau Nahles vorgestellt worden sind, betreffen 43 000 Menschen. Was machen wir denn mit den anderen Menschen, die auch langzeiterwerbslos sind?
(Beifall bei der LINKEN)
Wir werden in unserem Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit nicht aufgeben. Ihr Versuch, uns hier so etwas zu unterstellen, geht ins Leere, Kollegin Zimmermann. Ich werde noch ausführen, was wir tun können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Tolle Antwort!)
– Ja, das ist so. Sie unterstellen uns hier etwas, was nicht der Fall ist.
Es ist, glaube ich, auch in der bisherigen Debatte sehr deutlich geworden, dass uns das Thema Langzeitarbeitslosigkeit in der Koalition sehr umtreibt. Wir brauchen, glaube ich, keinen Hinweis auf dieses Problem.
All diese Instrumente eint, dass sie auf eine intensivere Beratung und Betreuung setzen, dass sie auf die individuelle Lebenssituation der arbeitslosen und leistungsschwachen Jugendlichen eingehen und diese dabei unterstützen, einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt zu finden und zu behalten.
In Ihrem Antrag schlagen Sie nun vor, die öffentlich geförderte Beschäftigung deutlich auszubauen. Dabei ist mir wichtig, zu beachten: Eine öffentlich geförderte Beschäftigung kann einem regulären Arbeitsverhältnis nicht gleichgesetzt werden. Öffentlich geförderte Arbeit birgt auch immer die Gefahr, in dieser Situation zu verharren. Die Prüfung der Abwicklung des Bundesprogramms „Bürgerarbeit“ durch den Bundesrechnungshof hat gezeigt, dass sich Jobcenter, Arbeitgeber und Teilnehmer häufig in dieser Bürgerarbeit sozusagen eingerichtet haben. Jedenfalls sind die Chancen der Teilnehmer, auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzukommen, nicht wirklich gestiegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ihr Ansatz birgt die Gefahr, dass er nicht mehr ist als eine Kulisse. Diese sieht zwar von vorne ganz gut aus, und auf diese geht man auch gerne zu. Am Ende aber ist das Ganze eben doch ein recht instabiles Gebilde. Es fehlt die stabile Brücke in den ersten Arbeitsmarkt. 400 000 arbeitslose Menschen in Deutschland sozusagen pauschal abzuschreiben, das halte ich ebenso wie meine Vorredner für falsch.
Öffentlich geförderte Beschäftigung soll die Ausnahme bleiben. Es soll sie nur für einen kleinen Personenkreis geben. Der erste Arbeitsmarkt muss das Ziel jeder Maßnahme bleiben.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4699676 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 91 |
Tagesordnungspunkt | Förderung und Integration von Arbeitslosen |