19.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 94 / Tagesordnungspunkt 5

Uwe Beckmeyer - Rekommunalisierung der Energienetze

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Frau Präsidentin! Wir haben hier heute keinen Feiertag, aber eine ernsthafte Debatte. Meine Bitte ist – die richtet sich natürlich an uns alle hier, liebe Kolleginnen und Kollegen –: Diese Diskussion um die Rekommunalisierung sollten wir wirklich möglichst sachlich führen. Wenn etwas mit Emotionen überdeckt wird, hilft das am Ende nicht weiter. Vor allen Dingen: Es geht bei diesem Thema um energiewirtschaftliche Notwendigkeiten; meine Vorrednerin hat zu Recht darauf hingewiesen. Diese energiewirtschaftlichen Notwendigkeiten – sicher, preisgünstig, verbraucherfreundlich, effizient, umweltverträglich – sind die Maßstäbe, an denen wir uns auch bei diesem aktuellen Thema zu orientieren haben.

Wir werden mit der Novelle des § 46 des Energiewirtschaftsgesetzes die Rahmenbedingungen für potenzielle Netzbewerber verbessern können. Der Kollege Saathoff hat recht, wenn er darauf hinweist: Es geht natürlich auch um eine gewisse regulierte Rendite aus dem Netzbetrieb für entsprechende Wegenutzungsrechte. – Das wissen wir. Der eine oder andere schaut sich diese regulierten Entgelte und die Rendite an und ist der Meinung, dass das in der Zukunft vielleicht auch etwas für die Kommunen sein kann. Ja, das kann es sein, aber – das ist eben gesagt worden – unter Bedingungen, die da heißen: energiewirtschaftliche Notwendigkeiten. Die müssen gegeben sein. Insofern schließen bessere Rahmenbedingungen für die Rekommunalisierung örtlicher Energieversorgungsnetze das ein.

Wenn wir heute über den Wettbewerb beim Betrieb der örtlichen Strom- und Gasnetze sprechen, geht es letztlich um zwei zentrale Fragen: die Frage nach dem Ob und die Frage nach dem Wie. Die Frage nach dem Ob wird von den Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Die Linke im Grunde verneint. Sie lehnen einen Wettbewerb um die örtlichen Verteilernetze ab und fordern eine direkte Inhousevergabe; so habe ich Ihren Antrag gelesen. Dieser Forderung ist schon aus energiewirtschaftlichen Gründen nicht zuzustimmen. Der vorgeschriebene Wettbewerb um das Netz alleine ist kein Selbstzweck. Er dient dazu, die Ziele des § 1 des Energiewirtschaftsgesetzes im Interesse des Allgemeinwohls zu erreichen. Dies gilt insbesondere für die von mir eben schon erwähnten herausragenden Ziele der Versorgungssicherheit.

Ich will an dieser Stelle allerdings auch sagen: Das Bashing von großen Konzernen und Monopolen hilft auch nicht weiter. Die Situation ist nicht mehr so, wie sie vielleicht einmal vor Jahr und Tag war.

(Dirk Becker [SPD]: So ist es!)

Wir haben es in Deutschland inzwischen mit 900 Netzbetreibern zu tun. Auch das muss man einmal zur Kenntnis nehmen; man darf nicht immer die gleiche alte Platte auflegen. Das hilft uns nicht weiter.

Selbstverständlich geht es im Verteilnetz hin und wieder um natürliche Monopole der Region, und dies zum Nachteil von Verbraucherinnen und Verbrauchern oder von Gewerbe und Energie. Das wollen wir nicht. Ein solches erstarrtes Monopol kann uns nicht weiterhelfen, gerade angesichts der Bedingungen, unter denen wir uns die deutsche Energiewende vorgenommen haben. Vor diesem Hintergrund sind die Herausforderungen, die sich mit der Energiewende an das Stromnetz ergeben, von großer Bedeutung.

Wir haben zuletzt auch von der im Auftrag des BMWi erstellten Studie „Moderne Verteilernetze für Deutschland“ bestätigt bekommen: Der Stromnetzbetrieb steht vor einem grundlegenden Wandel. Dies betrifft insbesondere den notwendigen Einsatz moderner Netztechnologien. Insofern ist der Gesetzeszweck des EnWG mehr denn je im Rahmen eines wettbewerblichen Verfahrens zu gestalten, um für das jeweilige Netzgebiet den am besten geeigneten Netzbetreiber zu ermitteln. Das kann häufig die Kommune sein – oder auch die in der Kommune Tätigen –, aber es kann auch einmal sein, dass es in einer kleinen Kommune eben nicht die ökonomische Kraft gibt, das zu leisten. Was machen wir dann? Dann muss es, denke ich, auch möglich sein, eine andere Entscheidung zu treffen, um die erforderliche Qualität des Netzbetriebes in der Zukunft zu gewährleisten.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Barbara Lanzinger [CDU/CSU])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will an dieser Stelle sagen: Das ist keine Entscheidung nach dem Motto „Links oder rechts“ bzw. „Pro Kommune oder kontra Kommune“. Nein, ich glaube, es werden sehr häufig kommunale Unternehmen sein, die diese Kraft haben, die diese Expertise haben und die auch bei der von uns ins Auge gefassten Regelung ihre Chancen wahren werden. Sie sind dann im Wettbewerb auch der beste Anbieter.

Es geht in diesem Zusammenhang also nicht um eine Diskussion, die sich gegen die Kommunen richtet, sondern es geht um die Frage nach dem Wie. Da gibt es natürlich Altkonzessionäre, bei denen die eine oder andere Kommune sagt: Mit dem geht es nicht weiter. Der hat uns in der Vergangenheit zu sehr geärgert. Wie kommt man weg von dem? – Es muss klare Regelungen für den Wettbewerb um das Netz geben, ohne die eigentlichen Ziele, die ich vorhin benannt habe, zu verfehlen.

Es gibt also hier die Notwendigkeit, eine sachgerechte Entscheidung zu treffen. Ich glaube, auch hier sind eindeutige Regeln im Hinblick auf die aktuellen Rechteinhaber notwendig, um in einem fairen Verfahren das Zukünftige regeln zu können. Es ist auch schon vom Kollegen Post gesagt worden – das unterstütze ich ausdrücklich –: Wir müssen, wenn wir uns an die Novelle machen, natürlich auch darüber nachdenken, welche Daten dann eigentlich auf den Tisch müssen, damit in der Zukunft in dieser Angelegenheit ein fairer Wettbewerb zwischen den Bewerbern stattfindet.

Wir wollen und müssen Konfliktpotenziale reduzieren. Wir haben gelernt, dass es in letzter Zeit Konflikte gegeben hat, die die Gerichte beschäftigt haben. Daher ist es wichtig, die kommunalen Interessen und die Interessen im Zusammenhang mit den Netzen so zu gestalten, dass am Ende das Handeln aktueller Rechteinhaber nicht unbillig erschwert wird, gleichzeitig aber auch keine Weigerung ausgelöst wird, ganz bestimmte wichtige netzbezogene Daten zu liefern.

Es war die Zielsetzung des Koalitionsvertrages, für mehr Rechtssicherheit bei der Vergabe von Wegenutzungsrechten für die leistungsgebundene Energieversorgung zu sorgen. Ich glaube, dass wir mit der geplanten Novelle des § 46 des Energiewirtschaftsgesetzes Verbesserungen erreichen werden. Insofern gehören die von mir genannten Punkte dazu.

Wir wollen – das ist wichtig – ab Ostern in das Verfahren einsteigen, um in der ersten Jahreshälfte einen Prozess zum Abschluss zu bringen, den wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen haben. Ich hoffe, dass alle konstruktiv mitarbeiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Jetzt hat Herr Krischer zu einer Kurzintervention das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4774354
Wahlperiode 18
Sitzung 94
Tagesordnungspunkt Rekommunalisierung der Energienetze
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