19.03.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 94 / Tagesordnungspunkt 6

Katja MastSPD - Fachkräftekonzept der Bundesregierung

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden über den Fachkräftefortschrittsbericht der Bundesregierung, und in diesem Fachkräftefortschrittsbericht steht genau das, was unsere Bundesarbeitsministerin gerade gesagt hat: Erstens. Es gibt keinen flächendeckenden Fachkräftemangel, aber Engpässe. Zweitens. Wir sind bei allen Punkten, die wir uns vorgenommen haben, heute schon besser, als wir 2020 sein wollen. Ich finde, da kann man schon mit Selbstbewusstsein sagen: Wir gehen das Thema „Fachkräftesicherung der Zukunft“ mit Herz, Energie und auch Finanzen richtig gut an.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es gibt eine Gruppe, bei der das Ziel noch nicht ganz erreicht ist – das will ich an dieser Stelle nicht verschweigen –: Das ist bei der Erwerbsbeteiligung von Frauen der Fall. In Zukunft soll der entsprechende Prozentwert bei 73 Prozent liegen. So weit sind wir leider noch nicht; denn wir liegen bei 72,5 Prozent. Auch das soll der Wahrheit zuliebe hier ausgesprochen werden.

Warum beschäftigen wir uns heute mit dem Thema „Fachkräftesicherung der Zukunft“? Es geht darum, dass wir durch den demografischen Wandel in Zukunft weniger Erwerbstätige haben werden. Da ist es müßig, sich darüber zu streiten, ob 1 Million, 2 Millionen, 3 Millionen oder andere Zahlen richtig sind; vielmehr ist eindeutig erwiesen: Wir müssen zur Fachkräftesicherung der Zukunft etwas tun.

Auf der einen Seite müssen wir das bestehende Potenzial, also die Menschen, die in Deutschland leben, für den Arbeitsmarkt besser aktivieren und vor allen Dingen auch besser qualifizieren. Auf der anderen Seite müssen wir Zuwanderung gestalten, weil wir zur Sicherung unserer Wirtschaftskraft in Zukunft mehr Fachkräfte aus anderen Ländern brauchen werden. Deshalb bin ich meinem Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann dankbar, der eine Initiative ergriffen hat, um über die Einwanderungsgesetzgebung, aber vor allen Dingen auch über das Thema „Einwanderungsland Deutschland“ einmal ordentlich zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Ich will einen Punkt in den Mittelpunkt meiner kurzen Redezeit rücken: Was tun wir für junge Menschen, damit sie als qualifizierte Fachkraft durchs Leben gehen können und in ihrer Erwerbsbiografie nicht ohne Ausbildung bleiben, sodass sie nicht irgendwann arbeitslos oder sogar langzeitarbeitslos werden? Es ist klar: Deutschland ist ein Hochlohnland, und die Arbeitskräfte brauchen eine hohe Qualifizierung.

In den letzten Wochen und Monaten hat diese Regierung die assistierte Ausbildung beraten und beschlossen. Das heißt, wir sorgen dafür, dass junge Menschen eine duale Ausbildung im Betrieb machen können, dass ihre Chancen am Arbeitsmarkt steigen. Wir haben dafür gesorgt, dass die ausbildungsbegleitenden Hilfen, also auch die Begleitung von anderen Auszubildenden, deutlich ausgeweitet werden. Wir haben in der Allianz für Aus- und Weiterbildung dafür gesorgt, dass 20 000 zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall der Abg. Kerstin Griese [SPD])

Wir haben die Berufseinstiegsbegleitung wie noch keine Vorgängerregierung ausgebaut. Diese Begleitung ist der zentrale Förderschwerpunkt dieser ESF-Förderperiode, und das ist auch gut so. Außerdem stärken wir die Jugendberufsagenturen. Das sind nur wenige Instrumente, mit denen ich deutlich machen will: Wenn man sich einer Gruppe zuwendet, dann kann man für sie auch etwas tun.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Heinz Wiese [Ehingen] [CDU/CSU])

Für uns von der SPD haben Bildung und Qualifizierung natürlich etwas mit Wirtschaft, Erwerbstätigkeit und besseren Verdienstmöglichkeiten zu tun; aber sie haben für uns vor allen Dingen auch damit zu tun, dass Menschen aufsteigen können und dass sie durch Bildung ein anderes Leben als die Elterngeneration führen können. Das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt.

(Beifall bei der SPD)

In der heutigen Diskussion ist auf Folgendes noch gar nicht hingewiesen worden: Wir entwickeln uns von der Wissensgesellschaft hin zur digitalen Gesellschaft. Das heißt, dass die Halbwertszeit von Wissen immer geringer sein wird. Daher wird es nicht reichen, den Jungen am Anfang eine gute Ausbildung zu ermöglichen; vielmehr müssen wir uns noch mehr darüber unterhalten, wie wir lebensbegleitendes Lernen gut organisieren und wie wir weit über das hinausgehen können, was heute möglich ist, auch weit über das hinaus, was die IG Metall zum Glück in das Zentrum ihrer Tarifverhandlungen gestellt hat. Aber da muss, auch von staatlicher Seite, noch mehr kommen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb sagen wir: Wir müssen über die Zukunft nachdenken, nicht kurzfristig, sondern mittel- bis langfristig: Wie sieht es eigentlich im Erwerbsleben aus? Man denke an eine Person, die im Erwerbsleben steht und überlegt: Na ja, angesichts meiner Qualifizierung weiß ich nicht so richtig, was mit mir geschieht, wenn ich meinen Job verliere. Wer berät mich da eigentlich? – Brauchen wir nicht eine Bildungsinfrastruktur in der Fläche durch Bildungsstützpunkte, durch die entsprechende Maßnahmen organisiert werden? Müssen wir nicht die Arbeitslosenversicherung zu einer Versicherung weiterentwickeln, die frühzeitig agiert, die langfristig und lebensbegleitend orientiert ist und nicht nur am Verlust der Arbeit und dann erst berät? Wir finden, wir sollten eine Debatte über eine Weiterentwicklung hin zu einer Arbeitsversicherung führen.

(Beifall bei der SPD)

Ich will zum Schluss kommen und sagen: Willy Brandt hat uns mit auf den Weg gegeben, dass wir in jeder Zeit eigene Antworten brauchen und dass wir auf der Höhe der Zeit zu sein haben, wenn wir Gutes bewirken wollen. Das gilt für das Thema „Sicherung des Fachkräftebedarfs“ so stark wie für fast kein anderes Thema. Ich freue mich auf die Debatten der Zukunft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Mast. – Nächste Rednerin in der Debatte: Jutta Krellmann für die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4774531
Wahlperiode 18
Sitzung 94
Tagesordnungspunkt Fachkräftekonzept der Bundesregierung
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