23.04.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 100 / Tagesordnungspunkt 13

Michael FrieserCDU/CSU - Verfolgung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz schlau bin ich jetzt nicht aus der Rede des Herrn Ströbele geworden. Das muss man aber auch nicht; es passiert mir wirklich selten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch, das muss man!)

Ich will nur sagen: Die Diskussion im Rechtsausschuss war meines Erachtens schon sehr ausführlich.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine einzige Silbe haben Sie gesagt!)

Aber wenn man es nicht akzeptieren will! Und glauben Sie uns: Wir werden Sie nicht zwingen, mitzustimmen; das ist nicht die Intention der Koalitionsfraktionen.

Ich glaube aber, dass es wichtig ist, noch einmal festzuhalten: Wir haben einen grundgesetzlichen Auftrag. Der grundgesetzliche Auftrag aus Artikel 26 lautet: Wer Handlungen in der Absicht vornimmt, den Frieden der Völker zu stören und Schaden anzurichten, der muss strafrechtlich verfolgt werden; er handelt verfassungswidrig. – Dann kommt noch die UN-Resolution hinzu. Das ist genau der Punkt; das sind die zwingenden Argumente.

Dass man jetzt noch die Oma auspackt, die ein bisschen Geld für den Enkel sammelt, geht tatsächlich zu weit. Ich habe gestern extra noch einmal mit Herrn Professor Sieber, der ja bei der Anhörung war, gesprochen. Wenn es um internationale Finanzströme geht, muss man sagen: IS ist die reichste Organisation, die diesen Planeten jemals mit Terror überzogen hat. Das ist eine Organisationsform, der wir uns nicht mehr mit den Sandschäufelchen entgegenstellen können, die wir im Augenblick zur Verfügung haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Uli Grötsch [SPD])

Ich muss sagen: Ich nehme es schon übel, dass man jetzt versucht, das kleinzureden.

Es geht in der Tat darum, die Handlungen zur Vorbereitung von Reisen miteinzubeziehen; denn dort findet die Radikalisierung doch vor allem statt. Ich würde es ja noch akzeptieren, wenn man fragte, ob das wirklich das Einzige ist, was man macht. Aber diese beiden Sachen – erstens Handlungen zur Vorbereitung des In-den- Krieg-Ziehens und zweitens die Frage der Terrorfinanzierung – sind die wesentlichen Bausteine dieses Gesetzes.

Ich glaube, es ist schon wichtig, dass wir es dabei nicht belassen, sondern bei der Frage der Radikalisierung durch Islamisten, was die Aufrufe auf der Straße betrifft, noch etwas tun. Die Bundeszentrale für politische Bildung leistet hier Wesentliches und arbeitet mit neuen Instrumenten, vor allem, was die Onlineinstrumente betrifft.

Es geht darum, dass wir beispielsweise die Beratungsstelle Radikalisierung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg ausbauen. Unser Vorgehen muss auf zwei Säulen beruhen. Zum einen muss man etwas für die Prävention tun – und wir ergreifen hier tatsächlich eine ganze Reihe von Maßnahmen –, zum anderen müssen wir deutlich machen, dass der strafrechtliche Schutz nicht nur uns dient, sondern am Ende auch Syrien. Wir sind aufgrund unserer internationalen Verantwortung aufgerufen, nicht zuzulassen, dass Vorbereitungen hier getroffen werden und Kriegsgut exportiert wird, auch schon deshalb, weil wir damit rechnen müssen, dass diejenigen, die radikalisiert und abgestumpft sind, wieder in unser Land zurückkehren. Diese Aspekte werden im vorliegenden Gesetzentwurf geregelt.

Kollege Frieser, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ströbele?

Ich würde mich ja gegen die Ordnung des Hauses vergehen, wenn ich sie nicht zuließe. – Herr Ströbele, bitte schön.

Herr Kollege Ströbele, bitte.

(Zuruf von der CDU/CSU: Er hat doch schon geredet!)

Danke, Herr Kollege. – Sie behaupteten gerade, wir hätten über dieses Thema schon im Rechtsausschuss diskutiert. Könnten Sie mit einem Satz darauf eingehen, dass das alles bereits strafbar ist? Ist Ihnen bekannt – vielleicht ist es Ihnen auch nicht bekannt –, dass, während wir hier diskutieren, Menschen, denen nichts anderes vorgeworfen wird, als beispielsweise Geld gesammelt zu haben oder sich an einer Sammlung beteiligt zu haben, um die PKK, um ISIS oder Ähnliches zu unterstützen, in Untersuchungshaft sitzen und auf ihren Prozess warten? Ist Ihnen das bekannt? Und wenn Ihnen das bekannt ist: Wozu brauchen Sie dann ein neues Gesetz?

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sandschäufelchen!)

Herr Ströbele, ich gebe zu, dass Sie sich aufgrund Ihrer Erfahrung und Ihres Alters mit den Zeiten, in denen sich Deutschland mit den Themen der Gründung bzw. der Zugehörigkeit zu terroristischen Vereinigungen beschäftigt hat, besser auskennen als ich.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Ich gebe auch gerne zu, dass es nach den geltenden Regelungen bereits strafbar ist, wenn jemandem eindeutig nachzuweisen ist, dass er Geld für terroristische Vereinigungen sammelt – damit hat sich übrigens schon der Rechtsausschuss beschäftigt –,

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, also!)

aber jetzt geht es um etwas anderes, und das wissen Sie genau. Jetzt geht es um Finanzierungsströme von außerhalb, die ich aus Deutschland heraus nicht nachvollziehen kann. Es geht um neue Finanzsysteme in der Wirtschaftsstruktur. Im Augenblick kommen wir mit dem, was wir alleine tun können, nicht besonders weiter. Es geht auch darum, dass wir die zweite Säule, die Vorbereitungshandlungen, nicht ganz vergessen.

Sie beantworten Ihre Frage an dieser Stelle meines Erachtens selber. Was in diesem Gesetz steht, das ist im Rechtsausschuss schon diskutiert worden. Im Augenblick ist die Frage, wie mit der internationalen Terrorismusfinanzierung umzugehen ist, der wesentliche Aspekt der Diskussion. Das wissen Sie genau, Herr Ströbele.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte noch hinzufügen: Wir hätten uns an der einen oder anderen Stelle gewünscht, etwas mehr zu machen. Kollege Fechner wird natürlich sofort sagen: „Sympathiewerbung“. Jawohl: Über die „Radikalisierung auf der Straße“ müssen wir einen intensiven Dialog führen. Der Rechtsausschuss hat sich, auch in Anhörungen, schon damit beschäftigt. Beim Thema Sympathiewerbung gab es einen Koalitionskompromiss; das will ich nicht in Abrede stellen. Aber wir müssen junge Menschen aufklären, die vor einer schwierigen Entscheidung stehen, die offen für Radikalisierung sind, weil sie orientierungslos sind. Ich will um Gottes Willen kein Gedankenstrafrecht in Deutschland einführen, aber wir müssen auf diesem Sektor mehr tun. Es bedarf der Unterstützung, des Auffangens, aber auch des Abfangens. Es bedarf zugegebenermaßen auf der einen Seite der Keule des Strafrechts. Aber auf der anderen Seite bedarf es auch der Zuwendung des Staates, um diese Form der Radikalisierung zu verhindern. Das ist meines Erachtens ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Deshalb halten wir den vorliegenden Gesetzentwurf für sinnvoll. Warum wir den Entschließungsantrag ablehnen, das hat Kollege Ansgar Heveling schon mit viel Herzblut begründet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Dr. Johannes Fechner.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/cvid/4964523
Wahlperiode 18
Sitzung 100
Tagesordnungspunkt Verfolgung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten
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