21.05.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 106 / Zusatzpunkt 4

Ulla Schmidt - Aktuelle Stunde zur Freigabe der NSA-Selektoren-Liste

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Korte, jetzt haben Sie so viel von Staatsverantwortung geredet.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können Sie ganz schwer hören!)

Manchmal habe ich den Eindruck, dass Ihr Verständnis von Staatsverantwortung vor allem darin besteht, dass die von Parlamentariern selbst gesetzten Regeln, etwa bezogen auf die Vertraulichkeit von Sitzungen, ständig durchbrochen und Dinge durchgestochen werden,

(Jan Korte [DIE LINKE]: Von wem denn?)

die besser in den Gremien blieben. Das ist Ihr Verständnis von Staatsverantwortung!

(Beifall bei der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Was sind Sie für ein Parlamentarier? Ungeheuerlich! – Weiterer Zuruf von der LINKEN: Das ist eine Frechheit! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine ungeheuerliche Unterstellung! Schämen Sie sich als Parlamentarier! Was sind Sie für ein Parlamentarier? Ungeheuerlich!)

Sie haben sich hier ereifert, weil der Vorschlag für einen Sonderbeauftragten gemacht worden ist. Im PKGr ist dazu noch nichts beschlossen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind Sie jetzt auch dagegen?)

Sie schlagen seit Tagen und Wochen die Trommeln, dass einem die Ohren dröhnen.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Gut so!)

Ganz zu Beginn – da lag noch gar nichts vor – haben Sie „Verrat“ und dann „Landesverrat“ gerufen. Jetzt können Sie nur noch Hochverrat, Lüge und Rücktritt rufen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut, dass Sie es wiederholen! – Jan Korte [DIE LINKE]: Haben Sie etwas zu widerlegen?)

Bei all diesem – Sie haben sich aufgeblasen und sind lauter und lauter geworden –

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können das alles stoppen, indem Sie die Liste herausgeben!)

gibt es eine seltsame Disproportionalität zwischen der Lautstärke der Vorwürfe und den Fakten, die Sie tatsächlich in der Hand haben. Das ist nämlich nichts.

(Beifall bei der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können Sie alles stoppen! – Jan Korte [DIE LINKE]: Sagen Sie mal was zur Sache!)

Vielleicht nutzen Sie ja die Pfingstfeiertage,

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pfingsten kommt der Geist der Wahrheit!)

um sich ein bisschen abzukühlen; denn Sie verkennen eines: Das sind komplexe Sachverhalte, die die innere und die äußere Sicherheit unseres Staates und die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger berühren,

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um die Wahrheit, Herr Strobl!)

und es ist besser, mit solchen Themen nicht zu spielen, sondern sich ernsthaft und seriös damit zu beschäftigen, wie das diese Bundesregierung und die Koalition aus SPD und CDU/CSU auch tun.

Wenn Sie sich etwas beruhigt haben, dann können wir uns auch ganz gerne darüber unterhalten: Was dürfen unsere Dienste? Welche gesetzlichen Grundlagen für unsere Dienste müssen wir ändern?

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das fällt Ihnen früh ein! Sie regieren seit zehn Jahren!)

– Das ist gar nichts Neues; das haben wir schon oft getan. –

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nichts gemacht!)

Wo müssen wir das Recht anpassen? Wir können auch eine Debatte darüber führen: Müssen wir unserer Polizei und unseren Diensten die Möglichkeit geben, mit weiterer Technik zu arbeiten? Was für Regeln gelten?

Ich erneuere mein Angebot und sage: Lassen Sie uns darüber reden, ob wir eine klare Rechtsgrundlage für die strategische Fernmeldeüberwachung des BND brauchen. Sie sind hier eingeladen, mitzudiskutieren,

(Jan Korte [DIE LINKE]: Ich diskutiere auch, wenn ich nicht eingeladen bin!)

sodass wir gemeinsam vernünftige Regeln finden.

Das gilt auch für die parlamentarische Kontrolle. Die parlamentarische Kontrolle, das PKGr, haben wir in der Vergangenheit durch mehr Personal und eine neue Geschäftsordnung durchaus optimiert.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Na ja!)

Hier gibt es weitere Vorschläge, zum Beispiel den Vorschlag zur Einsetzung eines Nachrichtendienstbeauftragten, der sich hauptamtlich, ständig und mit weitreichenden Kompetenzen im Auftrag des PKGr mit diesen Dingen beschäftigt. Ich finde, über all diese Verbesserungen können wir doch in aller Ruhe reden.

Im Übrigen können wir vielleicht auch einmal darüber reden, was eigentlich alles geheim ist. Ich habe manchmal den Eindruck, dass in manchen Behörden alles geheim ist. Selbst die Essensmarken kommen in einer Mappe an, die mit „VS-Vertraulich“ gestempelt ist. Dabei tritt die seltsame Kuriosität auf, dass alles, was geheim ist, am Ende des Tages öffentlich wird.

Vielleicht sprechen wir auch einmal darüber, wie wir zu mehr Transparenz in unseren Diensten kommen.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Das sind Ablenkungsmanöver!)

Eine hundertprozentige Transparenz kann es bei Nachrichtendiensten selbstverständlich nie geben. Vielleicht kann es aber mehr Transparenz geben.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Essensmarken stehen nicht auf der Selektorenliste! Geist der Wahrheit!)

– Frau Kollegin Göring-Eckardt, es wäre indessen schon gut, wenn die Dinge, die wirklich geheim sein müssen, dann auch geheim bleiben, und wenn sie auch in den parlamentarischen Gremien geheim bleiben, wenn die Parlamentarier vereinbaren, dass sie geheim bleiben müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An uns liegt es nicht!)

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie sind eingeladen, mit uns eine Debatte darüber zu führen: Brauchen wir unsere Dienste? Brauchen wir die Polizei?

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Brauchen wir! Die Debatte führen wir nicht! Wenn Sie sie führen wollen, wir führen sie nicht!)

Wie sind die Aufgaben?

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie doch einmal zum Thema! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Liste, Herr Strobl!)

Da möchte ich für die Unionsfraktion eine sehr klare Antwort geben:

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Liste, Herr Strobl!)

Angesichts der Bedrohungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“, angesichts der Lagen in Syrien, im Irak, in der Ukraine und im Nahen Osten, angesichts der Gefahren durch den internationalen Terrorismus

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit der Liste, Herr Strobl?)

brauchen wir die Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten. Wir brauchen auch die Arbeit unserer Dienste, auch die internationale Zusammenarbeit unserer Dienste mit anderen Diensten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Strobl.

Wir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, stehen insofern hinter der Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten und unserer Dienste,

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Wort zu der Selektorenliste!)

dass wir sie nicht fortwährend von Leuten diskreditieren lassen, die vergangenheitsbedingt ein Problem mit Polizei und Diensten haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Konstantin von Notz, Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5114673
Wahlperiode 18
Sitzung 106
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Freigabe der NSA-Selektoren-Liste
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta