Stephan MayerCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Freigabe der NSA-Selektoren-Liste
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und sehr geehrte Kollegen! Wie in dem schönen Spielfilm Und täglich grüßt das Murmeltier beschäftigen wir uns auch in dieser Sitzungswoche wieder mit unseren Nachrichtendiensten.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schlimm genug! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn Sie das Problem nicht lösen!)
Herr Kollege von Notz, ich dachte, ich höre nicht recht, als ich vernahm, dass Sie so tun, als ob Sie in keiner Weise zur Skandalisierung dieser Angelegenheit beitragen, sondern Ihnen allein an objektiver, nüchterner Aufklärung gelegen ist und Sie in keiner Weise hier vollkommen überziehen und übertreiben.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sie sind es doch, die hier mit Unterstellungen, Mutmaßungen und Verdächtigungen, die überhaupt nicht belegt und bewiesen sind, arbeiten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommen Sie mal in den Ausschuss, dann können Sie das nachvollziehen!)
Ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass wir den folgenden Dreiklang einhalten sollten: Erst einmal aufklären,
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Aber wir bekommen ja keine Liste! Wie sollen wir da aufklären? – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir würden ja gern aufklären!)
dann bewerten und danach die erforderlichen Schlussfolgerungen ziehen. Aber was machen Sie?
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie sollen wir das denn machen? Wie sollen wir denn aufklären, wenn die Liste nicht da ist?)
Sie stellen sofort die Bewertungen auf und fordern irgendwelche Konsequenzen, ohne zuerst einmal eine objektive, lückenlose und vollständige Aufklärung stattfinden zu lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie soll man denn aufklären, wenn die Liste nicht da ist?)
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir sind momentan in den entscheidenden Gremien, sowohl im Untersuchungsausschuss als auch im Parlamentarischen Kontrollgremium, intensiv dabei, diese Angelegenheit aufzuklären. Ich stehe hier auch gar nicht hintan, zuzugestehen: Natürlich sind beim BND Fehler gemacht worden. Aber – ich habe dies auch schon das letzte Mal gesagt – nicht jeder Fehler ist automatisch ein Skandal. Deswegen geht es jetzt zunächst einmal darum, komplett, umfassend und vollständig aufzuklären.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Liste her!)
Diesbezüglich bin ich auch der Überzeugung, dass es hilfreich wäre, wenn wir sowohl im Parlamentarischen Kontrollgremium als auch im Untersuchungsausschuss Einblick in die Selektorenliste bekommen.
Jetzt wurde der konkrete Vorschlag zur Einsetzung eines Ermittlungsbeauftragten oder eines Sachverständigen gemacht. Es gibt aktuell ein hervorragendes Beispiel dafür, wie sich das Instrument des Sachverständigen im Parlamentarischen Kontrollgremium bewährt hat. Einige Kollegen, die davon wissen, sind heute unter uns. Wir haben gestern den Bericht des Sachverständigen, des früheren Kollegen Jerzy Montag, zum Fall „Corelli“ bekommen.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Ich sage jetzt nichts zur Sache, weil wir uns zu einem späteren Zeitpunkt dazu einlassen werden. Aber – ich glaube, so viel kann man schon sagen – dieses Instrument des Sachverständigen hat sich in diesem konkreten Fall absolut bewährt. Ich glaube, da sind wir uns über Fraktionsgrenzen hinweg einig.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Denn keiner von uns, egal welcher Fraktion er angehört, hätte in den vergangenen sechs Monaten so viel Zeit und Muße gehabt, sich so intensiv, akribisch und akkurat mit dem Fall des ehemaligen V-Manns „Corelli“ zu beschäftigen, wie es der frühere Kollege Montag getan hat.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Abgeordneten haben die Akten auch eingesehen!)
Es gibt also positive Beispiele eines Sachverständigen im Parlamentarischen Kontrollgremium. Ich könnte mir dies durchaus auch in diesem Fall hinsichtlich der Einsichtnahme in die Selektorenliste vorstellen.
Wir tun, glaube ich, wirklich gut daran, uns an Recht und Gesetz zu halten und die Bundesregierung hier jetzt ihre Arbeit machen zu lassen. Derzeit läuft, wie in dem Abkommen von 1968 vorgesehen, das Konsultationsverfahren zwischen der Bundesregierung und der US-Regierung, bei dem es darum geht, die Zustimmung der US-Regierung hinsichtlich der Weitergabe der Selektorenliste einzuholen. Bevor diese Antwort der USA nicht da ist, ist es vollkommen verfehlt und populistisch, hier irgendwelche Forderungen aufzustellen. Jetzt lassen Sie uns doch erst einmal sehen, wie die US-Amerikaner antworten,
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die antworten gar nicht!)
und, wenn ja, in welcher Form. Dann kann man entsprechend weitersehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sowohl von Herrn von Notz als auch vom Kollegen Korte wurde jetzt wieder die Vermutung in den Raum gestellt, die Bundesregierung hätte Wahlbetrug begangen; man geht ja mittlerweile inflationär mit derartigen Begriffen um.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Manipulation!)
– Oder Sie sprechen von Manipulation. – Sie sagen, dass vor der Bundestagswahl 2013 der Eindruck erweckt wurde, es gäbe ein konkretes Angebot der USA, über ein sogenanntes No-Spy-Abkommen zu verhandeln. Ich möchte hier ausdrücklich betonen: Es gab ganz konkrete Verhandlungen zwischen der NSA und dem BND auf höchster Ebene zwischen General Alexander und dem BND-Präsidenten Schindler.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht über ein No-Spy-Abkommen!)
Diese Verhandlungen haben sich bis weit in das Jahr 2014 gezogen. Deswegen stimmt das, was Sie behaupten, einfach nicht. Sie versuchen, hier den Eindruck zu vermitteln, als hätte es Wahlmanipulation gegeben und seitens der Bundesregierung, egal von wem, wären hier falsche Aussagen getroffen worden. Das ist schlichtweg unzutreffend.
(Beifall bei der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie doch selber nicht, Herr Mayer!)
Ich habe zwar schon zu Beginn gesagt, dass wir diese Debatten mittlerweile inflationär führen, aber ich habe trotzdem die Hoffnung noch nicht verloren oder aufgegeben, dass derartige Aktuelle Stunden wie die heutige vielleicht mit dazu beitragen, das Bewusstsein sowohl hier im Parlament als auch in der Öffentlichkeit zu schärfen, dass wir eine effektive parlamentarische Kontrolle unserer Nachrichtendienste benötigen, dass es aber auch wichtig ist, dass wir internationale Kooperationen haben, und dass dies im Sinne der Sicherheit Deutschlands und deutscher Bürger im Inland und im Ausland ist. Vielleicht wird dadurch auch ein stärkeres Bewusstsein in der Bevölkerung geschaffen, dass wir effektive und gut aufgestellte Nachrichtendienste benötigen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Dr. André Hahn, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5114851 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 106 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Freigabe der NSA-Selektoren-Liste |