21.05.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 106 / Zusatzpunkt 4

Armin SchusterCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Freigabe der NSA-Selektoren-Liste

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen und die Frage zu beantworten: Nein, ich bin nicht dafür, dass die Selektorenliste gegen den Willen der Amerikaner freigegeben wird.

(Lachen des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Hans- Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie das mit Herrn Gabriel abgesprochen?)

Ich bin nicht dafür, dass sie für die Obleute von wem auch immer freigegeben wird. Ich halte auch das Treptow-Verfahren für ungeeignet.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Schuster, Sie sind ein lustiger Parlamentarier! Das haben Sie auf der Habenseite! Aber dann hört es auch auf! – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Jetzt entspannt sich der von Notz endlich mal!)

– Ich wusste, dass Sie jetzt ein Sauerstoffgerät brauchen, lieber Herr von Notz; aber das wollte ich Ihnen doch noch mitgeben.

Meine Damen und Herren, ich glaube aber – ich bin Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums –,

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Das müssen wir jetzt auch noch einmal überdenken!)

dass es trotzdem möglich ist, sowohl im Untersuchungsausschuss als auch im PKGr die Aufklärung zu betreiben, die notwendig ist; denn dass es zu Fehlern gekommen ist, hat die Regierung konsequent so benannt, hat der BND konsequent so zugegeben.

Nur, lieber Herr Ströbele und liebe Grünen, macht euch doch nicht so klein. Das ist ja fast ein kindliches Jammern nach einer Selektorenliste nach dem Motto „Wenn wir die nicht kriegen, um Gottes willen!“ Das Thema ist verdammt noch mal größer als eine Selektorenliste.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie recht!)

Lassen Sie uns doch das Thema ordentlich bearbeiten.

Sprechen wir einmal über die Fehler, zu denen es tatsächlich gekommen ist: Verstößt der BND gegen deutsches Recht? Nein.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

Der BND darf Telekommunikation überwachen und aufzeichnen. Er darf Daten an ausländische Nachrichtendienste übermitteln.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So redet jemand, der die Selektorenliste nicht gesehen hat!)

Der BND darf und soll mit ausländischen Partnern kooperieren.

(Christian Flisek [SPD]: Denken Sie an den Dreiklang „Aufklären, Bewerten, Konsequenzen“!)

Dabei geht es nie um Kommunikation von Deutschen in Deutschland, nicht um deutsche Staatsangehörige, nicht um deutsche Firmen.

(Beifall des Abg. Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU] – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind ahnungslos, Herr Schuster! Ahnungslos!)

Es geht um Terrorismus. Es geht um Proliferation, Drogenhandel etc.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, es geht auch nicht um unkontrollierte Dienste, nicht um Wirtschaftsspionage

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Doch!)

und ausdrücklich nicht um die Ausspähung deutscher Bürger.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wissen Sie das?)

All das, was der BND macht, wollten wir in diesem ehrenwerten Haus so, weil wir es ins BND-Gesetz geschrieben haben und weil wir es ins G 10-Gesetz geschrieben haben. Genau das wollten wir so. Der BND arbeitet rechtmäßig, schützt dieses Land, schützt zum Beispiel die Bundeswehr tagtäglich durch hervorragende Arbeit. Dass dabei Fehler vorkommen, passiert übrigens auch in Ihrer Fraktion. Darauf will ich nicht weiter eingehen. Daraus machen wir auch keinen Skandal. Man darf in diesem Land Fehler machen. Wir klären sie auf und stellen sie ab.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Bewerbungsrede für den Präsidentenposten, Herr Schuster!)

Zweitens. Meine Damen und Herren, war und ist das Abkommen aus dem Jahr 2002, von Frank-Walter Steinmeier und Joschka Fischer verhandelt, richtig, und handelt der BND nach diesem Abkommen?

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Joschka Fischer hat damit nichts zu tun!)

Es war und ist richtig. Wer will heute bestreiten, dass wir ein Terrorproblem auf der Welt haben? Wer will bestreiten, dass wir OK und Drogenhandel bekämpfen müssen? Meine Damen und Herren, über 3 000 Terrorgefährder exportiert Europa in die Welt. Es war absolut richtig, dass in dem betreffenden Memorandum Europa nicht ausgeschlossen war.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit der Selektorenliste zu tun, Herr Schuster? Thema verfehlt!)

Deswegen ist es ein Skandal, dass Sie so tun, als ob die Existenz europäischer Ziele per se falsch wäre. Nein, 3 600 Terrorgefährder sind ein eindeutiger Beleg dafür, warum Europa in diese Überwachung einbezogen werden muss.

(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum hat der BND die Selektoren herausgenommen?)

Und jetzt noch – ich habe nicht mehr viel Zeit – zur Dimension des Problems, insbesondere für die Damen und Herren, die uns hier zuhören. Weniger als 1 Prozent der Suchbegriffe, die wir heute gesperrt haben, entsprechen potenziell und unter gewissen Umständen nicht dem Abkommen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wissen Sie das?)

– Weil ich rechnen kann, Herr von Notz. Ich hatte Mathematik als Leistungskurs auf dem Wirtschaftsgymnasium in Kehl am Rhein belegt; das ist eine sehr ehrenwerte Schule.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Dr. von Notz, von diesen weniger als 1 Prozent Selektoren wissen wir nicht – weil wir die nachrichtendienstlichen Hintergründe nicht kennen –,

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, weil Sie die Liste nicht gesehen haben! Sie haben die Liste nicht gesehen! Sie sind ahnungslos, Herr Schuster! – Gegenruf des Abg. Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Zügeln Sie sich, Herr von Notz!)

ob sie zu Recht oder zu Unrecht eingestellt werden sollten.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Der BND hat sie aussortiert!)

Ich kann mir eine ganze Reihe von Gründen vorstellen, warum eine europäische Adresse beispielsweise zu Recht auf dieser Liste auftaucht.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum hat der BND sie dann herausgenommen, die Selektoren?)

Wenn wir aber die Amerikaner dazu bewegen wollen, uns zu erklären – das ist der Kern des Themas –, welche nachrichtendienstlichen Hintergründe hinter einem Selektor stehen, dann müssen die Amerikaner die Tresortüren des Allergeheimsten öffnen. Wenn die Amerikaner das tun wollen und sollen, brauchen wir ein Verfahren, von dem die Amerikaner sagen: Dem vertraue ich; da ist Geheimhaltung weiterhin gewährleistet. – Eine öffentliche Freigabe, lieber Herr Ströbele, wissen Sie, was das ist, also wenn das komplett freisteht? Das ist nichts anderes als Boulevardparlamentarismus.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Damit bewegt man keinen Amerikaner dazu, zusammen mit uns das Problem zu lösen. Ich möchte aber das Problem lösen. Deswegen finde ich die Idee eines Beauftragten charmant. Ich bin optimistisch, dass auch die Obama-Administration die Nachrichtendienste reformieren möchte. Da gibt es eine gemeinsame Schnittmenge. Ich glaube ganz sicher, dass wir Geheimhaltung üben können, dass wir trotzdem politisch bewerten können und dass wir dann zu Konsequenzen kommen – diese sehe ich übrigens nicht –, wenn es notwendig ist. Die Idee eines Beauftragten ist sicherlich reizvoll. Informieren Sie sich bei Herrn Montag.

Herr Schuster.

Ich darf den Kollegen Lischka zitieren – er ist nicht mehr anwesend –: „Das hätten wir so gut nicht gekonnt.“ Das sagte er gestern Abend im PKGr. So viel zu der Bedeutung eines solchen Mannes.

Herr Schuster, darf ich Sie nun bitten, endlich zum Schluss zu kommen?

Ich mache nur noch einen christlichen Spruch.

Christlicher Spruch hin oder her, die Redezeit ist deutlich überschritten.

Der Kollege Strobl hat eben darum gebeten, dass der Heilige Geist über Pfingsten über die Opposition kommt. Sorgen Sie doch bitte dafür, dass er auch eine Landefläche erhält, auf der er sich niederlassen kann.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieder Aschermittwoch hier!)

Das war jetzt christlich? – Nächste Rednerin in der Debatte: Susanne Mittag für die SPD.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5114934
Wahlperiode 18
Sitzung 106
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Freigabe der NSA-Selektoren-Liste
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