21.05.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 106 / Zusatzpunkt 4

Andrea LindholzCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Freigabe der NSA-Selektoren-Liste

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Im Untersuchungsausschuss sind wir uns offensichtlich – das hört man hier heute auch – einig, dass die Selektorenliste geprüft werden muss. Einsicht in die Liste ist zur Aufklärung des aktuellen Falls unerlässlich.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

Unsere parlamentarische Kontrolle findet aber nicht im luftleeren Raum statt.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das würden wir nur kurz durchhalten!)

Natürlich muss das Parlament aufklären, und das tun wir auch. Auf der anderen Seite dürfen wir aber auch die Sicherheitsarchitektur unseres Landes nicht vergessen. Die deutschen Nachrichtendienste sind wichtige Garanten für unsere Sicherheit. Damit sie ihre Aufgaben in einer globalisierten und digitalisierten Welt erfüllen können, brauchen sie auch Partner. Wer diese internationale Kooperation grundsätzlich infrage stellt – und das tun Sie –, spielt mit der Sicherheit dieses Landes.

Wir müssen unbedingt die Balance halten zwischen Methodenschutz und Aufklärung. Wenn geheime Informationen, die dem Ausschuss anvertraut wurden, umgehend veröffentlicht werden, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn Partnerdienste am Ende drohen, die Kooperation einzuschränken.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bundesregierung versucht, im laufenden und auch vereinbarten Konsultationsverfahren mit den USA einen Ausgleich zwischen Aufklärung und Methodenschutz zu finden. Wenn das nicht zügig gelingt, müssen wir einen anderen Weg gehen. Das Treptow-Verfahren wäre einer dieser Wege. Der Ausschuss hat aber – in § 10 PUAG gesetzlich verankert – die Möglichkeit, einen Ermittlungsbeauftragten als eigenes Aufklärungsinstrument zu bestimmen. Wenn ich heute immer höre, dass das ein Sonderfall wäre, dann frage ich mich, warum das Gesetz das ausdrücklich vorsieht.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als Unterstützung, nicht als Ersatz!)

Wenn wir wirklich zügig und zeitnah unter Abwägung aller Umstände wissen wollen, was in dieser Selektorenliste steht, dann kann man dieses Instrument nicht von vornherein ablehnen und für nicht zulässig ansehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Man sollte heute auch einmal festhalten, dass der Untersuchungsausschuss bisher in mehr als 200 Sitzungsstunden mit mehr als 50 Zeugen und in über 2 140 Ordnern Beweismaterial keinen Nachweis für eine anlasslose Massenüberwachung durch den BND gefunden hat.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also, dann müssen Sie einmal lesen, Frau Lindholz!)

Der Ausschuss sollte auch Vorschläge zur Verbesserung des Datenschutzes und anderer Regelungen erarbeiten, die wir für erforderlich halten. Diese Aufgabe hat in meinen Augen besondere Relevanz. Vorher müssen wir aber erst einmal alle Vorwürfe aufklären. Mit vorschnellen Behauptungen oder mit Vorverurteilungen von Personen oder Behörden sollte man dabei vorsichtig sein.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben gerade eine Behauptung aufgestellt, Frau Lindholz!)

Diese bringen in der Sache gar nichts.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Parlamentarischen Kontrollgremium haben die vorliegenden Vermerke des BND an das Bundeskanzleramt gezeigt, dass die Vorwürfe gegen den Bundesinnenminister völlig unberechtigt waren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jan Korte [DIE LINKE]: Ich lach mich schlapp! – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Sie waren doch gar nicht dabei! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum dürfen wir ihn morgen dann nicht vernehmen? – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann soll er mal kommen!)

Ich möchte auch an den haltlosen Vorwurf aus dem Jahr 2013 erinnern. Damals wurde behauptet, die NSA würde monatlich 500 Millionen Verbindungen deutscher Bürger überwachen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht, Frau Lindholz!)

Heute wissen wir, dass diese Metadaten nicht aus Deutschland, sondern vor allem aus Afghanistan stammen, wo sie halfen, die Leben unserer Soldaten zu schützen. Dank der internationalen Kooperation des BND konnten in Afghanistan 19 Attentate verhindert werden. Diese Arbeit rettet Leben. In die Schlagzeilen schafft sie es aber leider nur sehr selten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oje!)

Im Übrigen hat der Untersuchungsausschuss schon im Mai 2014 beschlossen, alle relevanten Regierungsvertreter als Zeugen zu laden. Ihre Aussagen machen aber erst dann Sinn, wenn wir vorher den Sachverhalt auf der Arbeitsebene aufklären; das ist noch nicht vollkommen abgeschlossen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben gerade Herrn de Maizière für unschuldig erklärt, Frau Lindholz! – Gegenruf des Abg. Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Es ist jeder unschuldig, bevor nicht das Gegenteil bewiesen ist!)

Für mich gibt es daher auch keinen Grund, plötzlich in Hysterie zu verfallen

(Jan Korte [DIE LINKE]: Plötzlich?)

und von unserem Aufklärungssystem abzurücken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die aktuelle parteitaktische Skandalisierung der Arbeit des Untersuchungsausschusses, so wie wir sie auch heute erleben, gerade durch Sie, Herr Kollege Korte – wobei ich mich frage, wann Sie eigentlich zum Thema dieser Aktuellen Stunde gesprochen haben –,

(Jan Korte [DIE LINKE]: Vor einer Stunde!)

zeugt weder von Sachkenntnis, noch dient sie der Aufklärung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Er ist nie da!)

Anstatt hier im Plenum über ungeklärte Sachverhalte zu spekulieren, sollten wir lieber im Ausschuss unsere Arbeit machen und Fakten erarbeiten. Sie sollten vielleicht einmal anwesend sein, bevor Sie hier reden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Ich bin doch kein Mitglied!)

– Auch wenn Sie kein Mitglied sind – ich habe noch 17 Sekunden Redezeit –, können Sie natürlich beantragen, an den Ausschusssitzungen teilzunehmen, so wie das andere Kollegen auch schon gemacht haben.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber was hat uns Herr Strobl erzählt! Der ist auch kein Mitglied! Oder Stephan Mayer! – Jan Korte [DIE LINKE]: Was ist denn mit der Truppe bei Ihnen?)

Ich frage mich, wann Sie von dieser Möglichkeit bis dato einmal Gebrauch gemacht haben.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5114976
Wahlperiode 18
Sitzung 106
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Freigabe der NSA-Selektoren-Liste
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