02.07.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 115 / Tagesordnungspunkt 5

Lothar RiebsamenCDU/CSU - Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie es bei abschließenden Rednern oft der Fall ist: Zu diesem Gesetzentwurf ist schon vieles gesagt worden. Deswegen möchte ich nur einige wenige Punkte vertiefen und vielleicht das eine oder andere korrigieren, was in den Raum gestellt wurde.

Es ist durchaus richtig, dass der Budgetanteil des Pflegepersonals – noch vor zehn Jahren war er der größte Budgetanteil im Krankenhaus – heute nicht mehr der größte Anteil ist. Es gibt Gründe dafür, warum der ärztliche Bereich heute vor dem Pflegedienst steht. Aber das heißt nicht, dass das, was wir jetzt mit dem Pflegeprogramm machen, nicht zu Verbesserungen führt. Es wird die Probleme nicht lösen, wie es gesagt wurde – das stimmt –, aber es wird sie lindern.

Frau Scharfenberg, die Zahl von 1,5 Stellen pro Krankenhaus, die Sie genannt haben, ist so nicht richtig. Wenn Sie die Summe, die mit diesem Gesetz zur Verfügung gestellt wird, durch die Zahl der Krankenhäuser dividieren – unterstellt 60 000 Euro je Pflegekraft –, dann kommen sie auf 5 500 Stellen. Dabei dürfen wir die psychiatrischen Krankenhäuser nicht mitrechnen; denn es geht ausschließlich um die somatischen Krankenhäuser. Dann kommen Sie auf 3,5 bis 4 Stellen pro Krankenhaus. Das ist mehr als das Doppelte der Zahl, die Sie genannt haben. Ich sage aber noch einmal: Die Probleme werden nicht gelöst, aber sie werden angegangen. Es wird vor allem darauf ankommen, diese 3,5 Stellen bei einem 200-, 300-Betten-Haus vernünftig einzusetzen. Es geht darum, die Attraktivität des Pflegeberufs zu stärken. Das kann man mit diesem Geld machen.

Bei der Erhöhung der Attraktivität des Pflegeberufs geht es insbesondere darum, mehr Stellen für Auszubildende, Krankenpflegeschülerinnen und -schüler und diejenigen zu schaffen, die die Praxisausbildung und -anleitung am Bett durchführen. Es ist einfach notwendig und muss möglich sein, dass die Praxisanleiter die Zeit haben, sich ihren Schülerinnen und Schülern zu widmen, damit diese auf der einen Seite etwas lernen und auf der anderen Seite sehen, dass es sinnvoll ist, was sie da machen, dass sie einen guten und richtigen Beruf gewählt haben und man sie nicht auf die Station schickt, ohne dass sie die nötigen Anleitungen dafür erhalten haben. Ich würde sehr dafür werben, das Geld genau für diese Stellen einzusetzen und es nicht mit der Gießkanne in einem Großkrankenhaus zu verteilen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Edgar Franke [SPD])

Dann käme natürlich nicht allzu viel dabei herum.

Als zweiten Punkt möchte ich das Thema der doppelten Degression ansprechen. Wir alle haben über Jahre hinweg an Podiumsdiskussionen teilgenommen und haben mit den Krankenhausgesellschaften auf Landesebene und Bundesebene über dieses Thema diskutiert – es war das Thema Nummer eins –: Abschaffung der doppelten Degression bei den Krankenhäusern, die keine Mehrmengen erbracht haben. Diese Krankenhäuser mussten bisher akzeptieren, dass der Landesbasisfallwert gesenkt wird, sie in Mithaftung für die Mehrmengen anderer Krankenhäuser genommen werden. Genau dies schaffen wir mit diesem Gesetz ab. Natürlich ist jetzt die Folge, dass diejenigen Krankenhäuser, die Mehrmengen erbringen, alleine dafür geradestehen müssen; das ist richtig. An dieser Stelle muss man sagen: Wenn dort berechtigterweise notwendige Mehrmengen erbracht werden, dann müssen diese Mehrmengen natürlich den Krankenhäusern vergütet werden. Es kann ja nicht sein, dass man in Zukunft Mehrmengen, die notwendig sind, nicht mehr auskömmlich finanziert. Es muss bei den Mehrmengen um die Istfälle gehen und nicht um die hypothetischen Fälle. Da müssen wir in diesem Gesetzgebungsverfahren sicherlich ein Stück weit nacharbeiten.

Einige Sätze zum Thema Strukturen. Jens Spahn hat eindrucksvoll dargelegt, wie die Situation in Deutschland aussieht. Kollege Harald Terpe hat mir gerade am Platz gesagt: Jetzt sei mal mutig und sage auch hier an dieser Stelle, was du sonst in den Podiumsdiskussionen sagst! – Ich will das gerne machen. Wir müssen akzeptieren, dass die Länder nur noch 50 Prozent der Investitionskosten erbringen. Wir müssen hinnehmen – es ist nun mal so –, dass die verbleibenden 50 Prozent aus den laufenden Entgelten entnommen werden. Daran wird sich vermutlich nichts ändern. Wo sollen die Länder das Geld hernehmen? Ich sehe keinen anderen Weg und weiß nicht, woher die Mittel kommen sollen.

(Mechthild Rawert [SPD]: Steuermittel!)

Also nehmen wir die Situation einfach so, wie sie ist, und machen uns darüber Gedanken

(Mechthild Rawert [SPD]: Nein!)

– nicht bei diesem Gesetz, aber vielleicht bei einem Folgegesetz –, wie wir den Status quo legalisieren können. In einem Punkt unterscheiden wir uns vielleicht doch: Wenn wir dies tun, dann kann es natürlich nur um die bedarfsnotwendigen Krankenhäuser gehen – sonst hätte das ja zur Folge, dass wir auch wieder mit der Gießkanne Mittel verteilen und Strukturen zementieren, die wir so nicht haben wollen –, dafür werbe ich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Das wird auch dazu führen, dass die Strukturen in unserem Land verbessert werden. Im Übrigen ist unser Vergütungssystem darauf ausgerichtet, dass wir wirtschaftlicheKrankenhäuser haben, nicht Grund- und Regelversorger, die in 100-Betten-Häusern vor sich hin arbeiten; das gibt das Vergütungssystem überhaupt nicht her. Schon deswegen ist es notwendig, dass wir an dieser Stelle einen deutlichen Schritt weiterkommen.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5349270
Wahlperiode 18
Sitzung 115
Tagesordnungspunkt Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung
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