03.07.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 116 / Tagesordnungspunkt 34

Erich IrlstorferCDU/CSU - Private Kranken- und Pflegeversicherung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bei einer so sonnigen Präsidentin macht es einfach eine Freude, hier zu reden; das muss man einmal ganz klar sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir besprechen heute die beiden Anträge der Fraktion Die Linke „Bürgerinnen- und Bürgerversicherung in der Pflege – Solidarische Pflegeversicherung einführen“ sowie „Private Krankenversicherung als Vollversicherung abschaffen – Hochwertige und effiziente Versorgung für alle“. Das sind schöne Titel; das muss ich zugeben.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Aber das war es dann auch schon.

Frau Rawert, Sie haben mich geradezu förmlich herausgefordert,

(Mechthild Rawert [SPD]: Ja! Super!)

Ihnen hier einen Satz zu sagen: Sie haben viele richtige Dinge gesagt, aber Ihren Standpunkt zur Bürgerversicherung kann ich nicht teilen.

(Mechthild Rawert [SPD]: Ihrer ist nur anders!)

Ich kann nur eins sagen: Etwas, was in meinen Augen völlig falsch ist, wird nicht dadurch besser, dass man es immer wieder vorschlägt. Seien Sie der Union dankbar, dass wir in diesem Punkt so standhaft sind.

(Beifall bei der CDU/CSU – Mechthild Rawert [SPD]: Wir sind stärker!)

Die Aufgabe der Kranken- und Pflegeversicherung ist es, die bestmögliche medizinische und pflegerische Versorgung für die Menschen in unserem Land zu gewährleisten und zugleich die Kosten unseres Gesundheitswesens in irgendeiner Form zu bewältigen. Wir dürfen nicht vergessen: Unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels und des stetigen Fortschritts in der Medizin und Forschung ist das mit Sicherheit keine leichte Aufgabe. Die Bürgerversicherung bietet für diese Herausforderungen einer Krankenversicherung in meinen Augen keine befriedigenden Lösungsansätze. Der bestehende Mix aus PKV und GKV hat sich bestens bewährt und ist als System der Vollversicherung auch tauglich.

Man muss sich vor Augen führen, was sich hinter dem Begriff der Bürgerversicherung verbirgt. Es handelt sich um eine ausnahmslose und umfassende Zwangsmitgliedschaft,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

die mit der Einschränkung der persönlichen Wahlfreiheit verbunden ist, die uns immer wichtig ist. Eine solche Bürgerversicherung würde in der Konsequenz zu weniger Selbstbestimmung für den einzelnen Bürger führen, sie hätte eingeschränkte Leistungen, weniger Wettbewerb im Krankenkassensystem – den wollen wir auch – und damit letztlich auch keine Nachhaltigkeit zur Folge.

Gerne können wir über Parteigrenzen hinweg über notwendige Reformen der gesetzlichen Krankenversicherung diskutieren. Es ist in meinen Augen nicht nur legitim, sondern es ist auch notwendig, dass wir darüber diskutieren. In diesem Zusammenhang jedoch nur auf das Modell einer Bürgerversicherung als Alternative zu verweisen, liebe Linke, zeugt in meinen Augen nicht von einem konstruktiven Beitrag zu einem System, das sich in seinen Grundfesten bewährt hat. Ähnliches gilt auch für die Pflegeversicherung.

Die Bürgerversicherung ist auch aus gesamtvolkswirtschaftlicher Sicht nicht unbedenklich und führt nicht zu mehr sozialer Gerechtigkeit; denn in der Bürgerversicherung fände keine Gleichbehandlung der verschiedenen Einkommensarten statt. Die Einnahmen von Selbstständigen würden um bestimmte Ausgaben verringert. Vollständig erfasst und mit Beiträgen belegt würden in der Bürgerversicherung also weiterhin nur Löhne, Gehälter und Renten. Die Bürgerversicherung würde die Beiträge für Arbeitnehmer und Rentner nicht in nennenswertem Umfang senken. Die Bürgerversicherung würde also vor allem die Bezieher mittlerer Einkommen belasten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Verbesserungen in der sozialen Pflegeversicherung wiederum werden nicht durch eine Zusammenführung mit der privaten Pflegeversicherung erfolgen, sondern nur durch konsequente Reformen, wie sie von der derzeitigen Koalition aus CDU, CSU und SPD angegangen werden.

Durch das Erste Pflegestärkungsgesetz hat die schwarz-rote Koalition bereits zum 1. Januar 2015 die Leistungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen spürbar ausgeweitet. Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz sollen noch in dieser Wahlperiode der neue Bedürftigkeitsbegriff und ein neues Begutachtungsverfahren eingeführt werden. Dadurch werden vor allem Menschen mit psychischen Erkrankungen und Menschen mit der Volkskrankheit Demenz bessergestellt. Weiterhin geht die aktuelle Bundesregierung die längst überfällige Neuordnung des Pflege-TÜV sowie eine Reform der Pflegeberufe an.

Meine verehrten Damen und Herren, ich würde mir von der Opposition einen konstruktiven Beitrag zu dieser größten Reform der sozialen Pflegeversicherung seit ihrer Einführung vor 20 Jahren wünschen statt ideologisch geführter Debatten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Schluss ein Hinweis: Ideologie hilft uns hier nicht weiter,

(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)

wenn es darum geht, Verbesserungen für pflegebedürftige Menschen, deren Angehörige und auch für das Pflegepersonal herbeizuführen und die soziale Pflegeversicherung – das ist sehr wichtig – demografiefest zu machen und somit auch zukunftsfähig.

Ich kann nur sagen: Die Anträge der Fraktion Die Linke sind daher nicht zielführend und aus unserer Sicht abzulehnen.

Ihnen allen wünsche ich einen schönen Sommer, frei nach dem Motto von Karl Valentin: „Gar nicht krank ist auch nicht gesund.“

In diesem Sinne: danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vergelts Gott, Erich Irlstorfer. – Nächste Rednerin: Heike Baehrens für die SPD.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5355504
Wahlperiode 18
Sitzung 116
Tagesordnungspunkt Private Kranken- und Pflegeversicherung
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