Tankred SchipanskiCDU/CSU - Bildung und Forschung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gehring, Ihre Reden waren schon frischer, sie waren ideenreicher, witziger und auch mal besser.
(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Zuschauer sind so langweilig! Da kann niemand was dafür!)
Zudem war es falsch, was Sie erzählt haben. Schauen Sie auf die Geduldeten, die während der Ausbildung eben nicht mehr abgeschoben werden dürfen.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ganz toll, so ein Duldungsstatus!)
Schauen Sie auf die Programme des BMBF wie „Bildung integriert“ und auf die vielen anderen Ansätze, die heute in dieser Debatte gerade auch mit Blick auf die Flüchtlingspolitik vorgetragen wurden.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Waren Sie schon einmal in einer Flüchtlingsunterkunft?)
Lassen Sie mich Ihnen ein paar Fakten vortragen – Albert Rupprecht hat darauf hingewiesen –: Seit 2005 hat sich der Forschungs- und Bildungshaushalt von 7,6 auf jetzt 16,4 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Das ist ein unwahrscheinlicher Aufwuchs allein in diesem Jahr. Im Jahr 2016 steigt er wieder um 7,3 Prozent oder umgerechnet um 1,11 Milliarden Euro. Das ist – insbesondere im Vergleich zum Gesamthaushalt – ein deutlicher Zuwachs.
Bei den Bruttoinlandsausgaben für FuE gab es von 2008 bis 2012 eine Steigerung um 56 Prozent auf 79,1 Milliarden Euro. Die Wirtschaft trägt zwei Drittel dieser Ausgaben. Dazu passt auch, dass von den zehn der forschungsstärksten europäischen Unternehmen fünf aus Deutschland kommen.
92,4 Prozent der internen FuE-Ausgaben der Wirtschaft werden in Westdeutschland eingesetzt. Das ist ein Fakt, der für uns nicht befriedigend ist. Daher legen wir beim Titel „Innovationsförderung in den neuen Ländern“ ein ganzes Stück nach. Wir haben den Haushaltstitel auf 149 Millionen Euro erhöht, um die Innovationskraft und die FuE-Leistungen in den neuen Ländern zu stärken.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ferner bauen wir – es ist angeklungen – unter Wahrung des eigenständigen Profils von Universitäten und Fachhochschulen den Titel „Forschung an Fachhochschulen“ aus. Lag der Etat für die Fachhochschulen im Jahr 2011 noch bei 37 Millionen Euro, liegt er nun bei überwältigenden 48 Millionen Euro. Das ist ein gutes Zeichen.
Auf den Hochschulpakt, die Exzellenzinitiative, den Pakt für Forschung und Innovation möchte ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen; das haben meine Vorredner getan.
Die Zahlen, die wir vorgetragen haben, sind das eine. Kardinal Marx sagte am Dienstagabend dieser Woche auf dem traditionellen St.-Michael-Jahresempfang: Wir brauchen ein umfassenderes Bild von Wachstum, nicht nur nackte Zahlen wie Bruttoinlandsprodukt und Arbeitslosenzahlen. – Blicken wir mit diesen Augen auf die Bildungsrepublik Deutschland, lässt sich dieser Haushalt und unsere Politik als eine Politik der Chancengerechtigkeit beschreiben: weniger Schulabbrecher, viele begleitende Maßnahmen, Rekordniveau bei Studierenden, kontinuierliche Stärkung der dualen Ausbildung; unsere Initiative in Bezug auf das Meister-BAföG sei in diesem Zusammenhang besonders erwähnt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Unsere Politik ist eine Politik nachhaltiger Bildung, Stichwort: kein Abschluss ohne Anschluss. Wir ermöglichen ein durchgängiges System und lebenslanges Lernen; die Nationale Strategie für Alphabetisierung gehört selbstverständlich dazu, liebe Kollegen von den Grünen.
Unsere Politik lässt sich beschreiben als eine Politik, die unsere Wissenschaftler motiviert, ermutigt und wertschätzt, sie als Motor der Innovation begreift. Wir begleiten das durch das Wissenschaftsfreiheitsgesetz. Die Berichte über die GAIN-Tagung zeigen: Viele kluge Köpfe der Welt möchten hier in Deutschland als Wissenschaftler arbeiten. Das spiegelt sich auch in der Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes wider, durch das wir die Einrichtungen regulieren wollen, die sich als schwarze Schafe entpuppt haben und mit ihrem wissenschaftlichen Nachwuchs nicht so umgehen, wie wir uns das vorstellen. – Sie sehen: In der Bildungsrepublik Deutschland stimmen nicht nur die Zahlen, sondern auch der damit verbundene Geist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Trotz der positiven Tatsache, dass sich der Bund in höchstem Maß im Bereich Bildung und Forschung engagiert, fragte mich gestern eine Schülerin einer Besuchergruppe, warum so wenig davon bei ihrer Schule vor Ort ankomme. Ein Student meiner thüringischen Heimatuniversität, der TU Ilmenau, fragte, warum dort gegenwärtig massiv Stellen gestrichen werden? Meine Damen und Herren, was ist da los? Warum kommt das Geld nicht vor Ort an? Dafür gibt es einen einzigen Grund: Manche Bundesländer torpedieren durch ihre Landespolitik die Schwertpunktsetzung des Bundes.
Lieber Herr Heil, da braucht es keine Ausführungen zum Kooperationsverbot. Auch ich freue mich, dass die Bundesratsbank heute für ihre Verhältnisse relativ gut gefüllt ist. Manche Bundesländer nutzen das großartige Engagement des Bundes, um ihre eigenen Mittel in den Bereichen zurückzufahren, in denen sie eigentlich investieren müssten.
(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Unmöglich!)
Manche Bundesländer nehmen ihren Verfassungsauftrag nicht ernst
(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: So ist es!)
und finanzieren trotz primärer Zuständigkeit ihre Bildungseinrichtungen unzureichend.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können in Berlin noch so viel drauflegen, wir können noch so viele Aufwüchse vorsehen, die Bundesländer müssen mitziehen; denn nur so können unsere Impulse in den einzelnen Bundesländern wirken, nur so können bei Studentinnen und Studenten sowie den Schülerinnen und Schülern positive Effekte ankommen. Ich kann den Bundesländern, die so eine Politik betreiben, nur sagen: Sie verspielen damit Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit; Sie betreiben eine falsche Haushaltspolitik.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Hubertus Heil (Peine) [SPD])
Als wir vor circa einem Jahr über den Haushalt 2015 gesprochen haben, kämpfte in Thüringen die Partei Die Linke mit dem Slogan „Wir machen alles besser“ im Landtagswahlkampf. Wir wissen, dass im Freistaat Thüringen dann die erste rot-rot-grüne Koalition entstanden ist unter der Führung eines kommunistischen Ministerpräsidenten,
(Zurufe von der LINKEN: Oh!)
der mit seinen Genossen den Menschen versprochen hat: Wir machen alles besser.
(Caren Lay [DIE LINKE]: So was von gestern!)
Wenn ich die Reden der Linken heute hier im Plenum höre, stelle ich fest: Das ist genau der gleiche Tenor.
(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Wir sind in einer Partei!)
Schauen wir doch einmal auf die Bildungs- und Hochschulpolitik in Thüringen, wo die Linke Verantwortung trägt.
Thüringen war berühmt für seine gute MINT-Ausbildung in den Schulen, für die Erfolge bei „Jugend forscht“, für außerschulisches Bildungsengagement. Der Bund unterstützt dies mit vielen Projekten, obwohl er keine Zuständigkeit für diesen Bereich hat.
(Zurufe von der LINKEN)
Flächendeckend engagieren wir uns über die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“. Allein in diesem Haushaltsjahr sind dafür 10,5 Millionen Euro angesetzt. Thüringen hat in den Haushalten für die Jahre, in denen Sie jetzt in Thüringen regieren, keinen einzigen Euro für außerschulische Bildung eingestellt, obwohl es sehr viele lokale Initiativen gibt, die auf die Unterstützung des Landes warten.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gehen Sie doch zum Landtag Thüringen! Da können Sie über Thüringen jeden Tag reden!)
Das Land ist dafür ausdrücklich zuständig. Doch die Linken geben keinen müden Euro dafür.
Es wird nichts besser, aber vieles schlechter. In meinem Wahlkreis wird höchstwahrscheinlich die Computerschule in Arnstadt geschlossen. Die Ministerin der Linken hatte vor Schuljahresbeginn noch nicht einmal Zeit, sich mit den Verantwortlichen dieser Initiative vor Ort zu treffen. Das finde ich äußerst bitter. Das ist linke Bildungspolitik.
(Zuruf von der LINKEN)
– Das müssen Sie jetzt ertragen. Sie stehen da in Verantwortung.
Heute lese ich in der Zeitung, dass Thüringer Schüler ein ganzes Schuljahr lang keine Klassenfahrten machen können, weil die neue Landesregierung auch diesen Titel zusammengestrichen hat. Das finde ich bemerkenswert. Aber hier regen Sie sich über das Deutschlandstipendium auf, von dem 1 Prozent der Studierenden profitiert. Das ist einfach unredlich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Linke hat 1 000 neue Lehrer versprochen. Nichts ist passiert.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie auch noch zum Bundeshaushalt?)
Stattdessen gibt es Unterrichtsausfall: Ganze Fächer fallen aus. Über die Lehramtsanwärter will ich erst gar nicht sprechen. Sie beklagen hier, dass die Lehrerausbildung nicht klappt. Schauen Sie nach Thüringen: Da läuft überhaupt nichts. Sie haben nicht eines Ihrer Wahlversprechen wahrgemacht.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Ich bin gespannt, ob Sie dem Beispiel Bayerns folgen und jetzt Willkommensklassen einrichten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das wäre ein wichtiger Beitrag, den die Landesregierung mit Blick auf die Flüchtlinge leisten könnte.
Kollege Schipanski?
Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu.
Ist gut.
Wir machen das am Ende.
Am Ende machen wir gar nichts.
Wir haben die Länder in Milliardenhöhe durch eine BAföG-Reform entlastet. Die frei werdenden Mittel sollten an den Hochschulen eingesetzt werden. In Thüringen ging 2015 aber kein einziger Euro davon an die Hochschulen. Skandalös ist das.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind im Bundestag, nicht im Landtag Thüringen! – Swen Schulz (Spandau) [SPD]: Wir warten auf den Monitoringbericht!)
Meine Heimatuniversität in Ilmenau muss ein Drittel ihrer Lehrstühle – noch einmal: ein Drittel ihrer Lehrstühle! – aus Finanznot streichen, weil der Freistaat sie nicht ausreichend finanziert. Der renommierten Universität Jena geht es nicht besser. Das ist die Wahrheit über die linke Hochschulpolitik, die Sie im Land vertreten.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann reden Sie denn wieder zum Bundeshaushalt?)
Was Sie auf Bundesebene fordern, auch in Ihren Reden heute, ist Schall und Rauch. Sie machen nichts besser; sie machen vieles schlechter.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Warum sage ich das an dieser Stelle so ausdrücklich?
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das fragen wir uns auch!)
Weil ich froh bin, dass ich mich als Mandatsträger hier im Bundestag frei äußern darf. Anders ist es unter dem Genossen Ramelow im linken Thüringen,
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)
der am gestrigen Tage den kommunalen Amtsträgern – das sind Bürgermeister und Landräte – in einem Erlass angedroht hat, sie disziplinarrechtlich zu verfolgen, wenn sie seine chaotische Flüchtlingspolitik im Freistaat öffentlich kritisieren.
(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das noch zum Bildungshaushalt! – Zurufe von der LINKEN)
Ein Maulkorberlass, und das im 25. Jahr der deutschen Einheit! Schämen Sie sich!
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)
Das ist skandalös. Wir werden uns von solchen SED-Instrumenten nicht einschüchtern lassen, weder Amtsträger noch Mandatsträger. Wir werden auch weiterhin die Tatsachen der Genossen benennen.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich fordere die Bundesländer auf, durch ihre Haushalte die aktive Politik der Bundesregierung und des Ministeriums für Bildung und Forschung weiter zu unterstützen.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Was sagen Sie denn zu Baden-Württemberg? Schämen sollten Sie sich!)
Wir setzen die richtigen Schwerpunkte, gerade auch mit Blick auf die Digitalisierungspolitik. Das war gestern bei der Rede unserer Kanzlerin Thema Nummer eins. Dies ist ein Haushalt der Ermutigung. Wir haben klare Zuständigkeiten. Ich freue mich auf die Beratungen dieses Haushalts.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Marianne Schieder, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5763875 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 121 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung |