25.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 125 / Tagesordnungspunkt 26

Eckhard PolsCDU/CSU - Kinder- und Jugendrechte

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Jugendliche auf der Tribüne, ich freue mich, dass dieser Debatte auch junge Leute beiwohnen!

Herr Müller hat es schon gesagt: Wir befassen uns heute mit zwei Anträgen der Oppositionsfraktionen, die sich in unterschiedlicher Breite und unterschiedlicher Tiefe der Frage der Kinderrechte widmen. Sie beziehen sich auf Rechte – das haben wir schon gehört –, die in der UN-Kinderrechtskonvention verbrieft sind und damit unmittelbare Geltung in unserem Land haben. Es sind die wichtigen Rechte auf Schutz vor Gewalt und Krieg, auf freie Meinungsäußerung, auf ein gesundes Aufwachsen, aber auch auf Freizeit, Ruhe und Spiel, um nur einige zu nennen.

Ich denke, Kollege Müller, dass wir in einigen Punkten nicht ganz so weit mit den anderen Fraktionen auseinanderliegen, was die Wertschätzung und den Wunsch nach Stärkung der Kinderrechte in Deutschland angeht.

(Norbert Müller (Potsdam) [DIE LINKE]: Bei uns beiden glaube ich das schon!)

Insbesondere in Zeiten von Flüchtlingsströmen und internationalen Krisen ist das Kindeswohl etwas, das unserer besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Vielmehr: Es sind die Kinder, die unseres Schutzes bedürfen. Ich denke hier besonders an die unzähligen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, denen wir schnellstens Obdach, Sicherheit und ein möglichst kindgerechtes Umfeld bieten müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Nicht umsonst ringen wir intensiv um den Gesetzentwurf zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher, über den wir heute Vormittag in diesem Hause debattiert haben.

Bei aller Einigkeit bei der Einstellung zu Kinderrechten gibt es jedoch im Detail einiges, was uns, die Oppositionsfraktionen und die Koalitionsfraktionen, trennt. Das ist vor allem die Frage der praktischen Umsetzung. Welche Wege wollen wir einschlagen, um eine Stärkung der Kinder und ihrer unveräußerlichen Rechte zu erreichen? Im Grunde lässt sich dabei die wiederkehrende Debatte auf zwei zentrale Punkte zuspitzen: Werden Kinderrechte stärker wahrgenommen, wenn sie im Grundgesetz stehen? Werden sie besser geachtet, wenn es einen Bundeskinderbeauftragten bzw. eine -beauftragte in Deutschland gibt?

Gerade in der letzten Zeit – Herr Müller hat es angesprochen – hat der letzte Punkt durch eine Petition des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte ein bisschen Aufwind bekommen. An dieser Stelle möchte ich den Petenten danken, dass sie uns wichtigen und richtigen Input gegeben haben und den Finger auf einen Punkt legen, über den seit vielen Jahren innerhalb und außerhalb der Politik debattiert wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Der Antrag der Linken und in Teilen auch der Antrag der Grünen greift die Forderung der Petenten auf. Sie fügen dem potenziellen Amt aber auch weitere Anforderungen, Aufgaben und Strukturen hinzu. Ich sage auch – es ist ein offenes Geheimnis –, dass ich einer Stärkung der Kinderrechte, in welcher Form auch immer, offen gegenüberstehe.

Dennoch halte ich den Zeitpunkt der Anträge für unglücklich. Denn wie auch Sie, liebe Kollegen der Oppositionsfraktionen, wissen, findet innerhalb der Regierungskoalition eine intensive Diskussion – ich schaue hier besonders meine Kollegin Rüthrich an – über die Petition und die politischen Handlungsmöglichkeiten statt.

(Norbert Müller (Potsdam) [DIE LINKE]: Wir können jetzt nicht mehr abwarten!)

Diese Diskussion ist noch nicht abgeschlossen,

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum müsst ihr es ein bisschen beschleunigen!)

und ich möchte dem Ergebnis an dieser Stelle auch nicht vorgreifen. Für mich ist bei allen Optionen, die wir haben, die derzeit im Raum stehen, entscheidend, dass wir am Ende eine substanzielle Verbesserung für Kinder und deren Interessen erreichen. Das ist genau das, was ich, glaube ich, vor einem Jahr in der Debatte zum 25. Jubiläum der Kinderrechtskonvention hier deutlich gemacht habe.

Es muss die Frage geklärt werden, ob die Einrichtung einer neuen Bundesstelle für die Anliegen von Kindern hilfreich ist oder ob dadurch hinderliche Doppelstrukturen zu bestehenden Institutionen und Organen geschafft würden. Auch muss geklärt werden, ob Verbesserungen bestehender Organisationen nicht sinnvoller sind, um eine Aufwertung der Kinderrechte zu erreichen.

Parallel zur Diskussion der angesprochenen Fragen nehmen wir voraussichtlich schon im Herbst eine wichtige Stärkung von Kinderrechten vor, indem wir die Monitoringstelle für die Umsetzung der Kinderrechtskonvention einsetzen. Sie wird beim Deutschen Institut für Menschenrechte angesiedelt und mit Bundesmitteln gefördert. Daran wird deutlich: In Sachen Kinderrechte ist einiges in Bewegung. Es ist also anders, als die Opposition uns das immer wieder glauben machen will.

An dieser Stelle möchte ich einen Hinweis zum Antrag der Grünen geben – das habe ich in der Ausschussdebatte schon angesprochen; als aktiver Kommunalpolitiker möchte ich das aber wiederholen –: Viele Ihrer Vorschläge zur Beteiligung mögen im ersten Moment sinnvoll und schön klingen, aber leider nur im ersten Moment; denn – das wissen Sie alle – wir haben in der Bundesrepublik Deutschland aus gutem Grund eine föderale Grundordnung. Aus einem ebenso guten Grund werden viele Entscheidungen möglichst nah am Menschen getroffen. Das ist übrigens ein Gütezeichen dieser föderalen Ordnung: geteilte Zuständigkeiten und gemeinsame Aufgaben. Diese Erkenntnis sprechen Sie, werte Kollegen der Grünen, in Ihrem Antrag indirekt selbst an. Sie stellen zu Recht fest, dass eine Beteiligung von Kindern an den Orten am meisten Sinn macht, an denen die Kinder direkt betroffen sind, nämlich in ihrem Lebensumfeld. Umso verwunderlicher ist es für mich, dass Sie dabei nicht feststellen, dass ein Großteil der in Ihrem Antrag formulierten Forderungen nicht in die Zuständigkeit des Bundes fällt, sondern dafür aus guten Gründen die Landesebene oder die Kommunen zuständig sind.

Partizipation von Kindern fängt überall dort an, wo die Lebenswelten von Kindern berührt sind. Das beginnt in der Familie, geht über den Kindergarten und die Schulen bis zum Sportverein, also im direkten örtlichen Umfeld. Es gibt wunderbare Beispiele, wie Kinder und Jugendliche vor Ort eingebunden werden können. Ich denke an die engagierten Schülersprecher, an Vorstandsmitglieder in Vereinen, aber auch die zahlreichen Kinder- und Jugendparlamente, an die Kreisjugendringe, die Jugendgemeinderäte oder die Kinder- und Jugendbeauftragten. Sie leisten eine hervorragende Arbeit im Lebensumfeld der Kinder, und damit unmittelbar erlebbar für die Kinder.

Die engagierten Jugendlichen, aber auch die Mandatsträger vor Ort können sich der Unterstützung des Bundes sicher sein, sei es über Fördermittel aus dem Fonds „Demokratie leben!“, die gezielt für die Bildung von Jugendforen und Jugendfonds zur Verfügung stehen, über spezielle Förderinstrumente des Innovationsfonds des Kinder- und Jugendplans des Bundes oder durch praktische Tipps in der Broschüre „Qualitätsstandards für Beteiligung von Kindern und Jugendlichen“ des Bundesministeriums.

Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Viele Kommunen gehen bereits neue und auch innovative Wege in Sachen Kinder- und Familienfreundlichkeit, schlicht und ergreifend, weil sie es müssen. Offenheit für die Belange der Kinder und die besonderen Bedürfnisse von Familien ist ein Standortvorteil, den ein Lokalpolitiker natürlich gerne für sich nutzt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Sönke Rix [SPD])

Dieses Engagement und den Ideenreichtum kleinzureden, liebe Kolleginnen und Kollegen, empfinde ich ein bisschen als Missachtung des Engagements der Menschen vor Ort. Anträge, die von einer solchen Einstellung getragen werden, Herr Müller, kann und will ich nicht unterstützen.

Lassen Sie uns den Menschen und den Strukturen vor Ort vertrauen. Bringen wir ihnen Vertrauen entgegen; denn die Menschen vor Ort wissen, wo Hilfe dringend nötig ist. Unsere Aufgabe besteht zum großen Teil darin, die dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Ich glaube, wir sind da auf dem richtigen Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Als nächste Rednerin spricht Beate Walter-Rosenheimer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5854948
Wahlperiode 18
Sitzung 125
Tagesordnungspunkt Kinder- und Jugendrechte
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine