05.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 133 / Tagesordnungspunkt 13

Thorsten FreiCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Südsudan (UNMISS)

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Schmidt, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie in Ihrem Beitrag noch einmal explizit darauf eingegangen sind, dass das, was wir im Südsudan machen, eine Friedensmission ist und dass Gott sei Dank in diesem Haus eine sehr breite Übereinstimmung darüber besteht, dass dieser Einsatz fortgesetzt werden muss.

Die Rahmenbedingungen sind eindrücklich und vielfach beschrieben worden. Obwohl der Südsudan an sich ein Land mit besten Voraussetzungen und umfangreichen Ölvorkommen ist, ist er auch ein Land, in dem 50 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben, es 4,7 Millionen Menschen an Lebensmitteln mangelt und 30 000 Menschen unmittelbar vor dem Hungertod stehen. Auch die Situation der Flüchtlinge, die ein Fünftel der Bevölkerung im Südsudan ausmachen, ist eindrücklich beschrieben worden.

Es ist eigentlich nicht hinzunehmen, dass der Südsudan nicht nur das jüngste Land der Erde ist, sondern darüber hinaus auch eines der ärmsten. An dieser Stelle muss man ansetzen, zumal völlig klar ist, dass die humanitäre Nothilfe aus Sicherheitsgründen kaum möglich ist. Zum Beispiel beschreiben das World Food Programme der UN oder auch UNICEF, dass viele Hilfsmaßnahmen letztlich aufgrund der mangelnden Sicherheit im Land nicht möglich sind. Hier muss Abhilfe geschaffen werden.

Die beiden Kontrahenten, die sich hier gegeneinander positionieren, Präsident Kiir und der Oppositions- und Rebellenführer Machar, kämpfen einen ganz persönlichen Kampf. Es ist ein Kampf entlang ethnischer Linien – auch darüber haben wir in diesem Haus bereits gesprochen –, zwischen Dinka und Nuer. Es ist im Südsudan ganz offensichtlich, dass Fluchtursachen auch durch Klimaveränderungen entstehen, die unmittelbar Auswirkungen auf Gewaltkonflikte haben. Man kann im Südsudan sehen, dass die Dürreperiode im Sommer dazu geführt hat, dass die ohnehin schon spärlichen Ernten noch weiter gemindert worden sind. All das ist ein Kompott, das letztendlich dazu führt, dass Fluchtursachen entstehen.

Wenn man sich den Südsudan anschaut, kann man eine Bevölkerung sehen, die zu 65 Prozent jünger als 25 Jahre ist, man sieht ein Land, in dem eine Geburtenrate von 4 Prozent zu der am schnellsten wachsenden Bevölkerung in der Welt führt, ein Land, wo die Situation der mangelnden Sicherheit und der mangelnden ökonomischen Entwicklung dazu führt, dass die Menschen keine Chance und keine Perspektive für sich und ihre Familien sehen. Das sind genau die Gründe, die zu Flucht und Vertreibung führen. Ich glaube, dass es richtig ist, an dieser Stelle anzusetzen und dafür zu sorgen, dass wir den Menschen Perspektiven in ihren Herkunftsländern eröffnen.

Herr Staatsminister Roth, Sie sind darauf eingegangen: Das, was die Bundesregierung, die Bundesrepublik Deutschland auch im europäischen Konzert tut, ist sehr vielfältig. Denken Sie beispielsweise an die Sonderinitiative „Fluchtursachen bekämpfen – Flüchtlinge reintegrieren“. Dabei geht es darum, mit 47 Millionen Euro in der Region etwas zu tun. Mit diesen 47 Millionen Euro hat man etwa 2 Millionen Flüchtlinge des Südsudans in der Region erreicht. Denken Sie an die 5,3 Millionen Euro aus dem Topf des Energie- und Klimafonds oder an die unmittelbare humanitäre Hilfe, die allein in diesem und im vergangenen Jahr 46 Millionen Euro betragen hat. Oder denken Sie an die Entwicklungszusammenarbeit, die auf eine langfristige Verbesserung der Situation vor Ort hinausläuft.

Wenn man damit die 1,5 Millionen Euro vergleicht, die uns UNMISS im kommenden Jahr kosten wird, dann wird doch ganz klar und deutlich, dass wir versuchen, in einem vernetzten Ansatz auf die unterschiedlichen Bedürfnisse einzugehen. Ich will auch darauf hinweisen, dass die Verlängerung des UNMISS-Mandats nicht nur den Einsatz von Soldaten umfasst, sondern ausdrücklich auch von Polizisten der Bundes- und der Länderpolizeien. Diese werden insbesondere dazu eingesetzt, zu verhindern, dass weiterhin massiv Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, insbesondere gegen Frauen und Kinder, verübt wird. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz, bei dem wir nicht über ein Weniger, sondern über ein Mehr an deutscher Verantwortung unmittelbar vor Ort sprechen sollten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will zuletzt auf einen Punkt hinweisen, der mir wichtig ist und den der Kollege Jüttner in der vorausgegangenen Aussprache angesprochen hat: „More for more“. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir Hilfe letztlich auch an nachprüfbare Forderungen knüpfen. Es kann nicht sein, dass Kredite in China aufgenommen werden, um Waffen zu beziehen, und dass die Versorgung der gesamten Bevölkerung der internationalen Staatengemeinschaft überlassen bleibt. Ich glaube, wir müssen sehr viel stärker die politische Elite vor Ort in Haftung nehmen. Da geht es um ein Waffenembargo; Sie haben es angesprochen. Da geht es um das Einfrieren von Konten. Da geht es um Reisebeschränkungen. Da geht es darum, zu sagen: So geht es nicht.

Es geht nicht, dass man zwei Drittel des Staatshaushaltes für Sicherheit und Verteidigung einsetzt, nur 11 Prozent für Gesundheit, Bildung und Erziehung und nur 4 Prozent für Infrastruktur. Das darf man auch den Machthabern dort nicht durchgehen lassen. Herr Dr. Schmidt, Sie haben etwas zu den Konsequenzen gesagt. Dem kann man eigentlich nicht widersprechen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Da der Kollege Frithjof Schmidt den Staatsminister Roth direkt angesprochen hat, erteile ich dem Staatsminister jetzt nach § 30 der Geschäftsordnung kurz das Wort zu einer Erwiderung. Der Kollege Schmidt darf dann darauf ebenfalls erwidern.

Bitte, Herr Kollege Roth.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6102415
Wahlperiode 18
Sitzung 133
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Südsudan (UNMISS)
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta