11.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 135 / Tagesordnungspunkt 3

Armin SchusterCDU/CSU - Einsetzung des 3. Untersuchungsausschusses

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich war Mitglied des Untersuchungsausschusses in seiner ersten Auflage. Ich bin zurzeit noch Mitglied im zweiten Untersuchungsausschuss dieser Periode, zu Edathy. Wenn ich das vergleiche, muss ich sagen: Der Untersuchungsausschuss, der gerade läuft, ist für mich reine Pflichterfüllung. Der, der vor uns steht, ist mir – das sage ich mit der Erfahrung aus der ersten Auflage – eine Herzensangelegenheit. Ich bin Innenpolitiker mit Leib und Seele. Aufzuklären, was den NSU-Terror ausmacht, das muss uns sehr wichtig sein – warum? –, weil Rechtsterror heute vielleicht wieder das Thema sein könnte. Ich habe schon im ersten Untersuchungsausschuss dazu immer wieder die Strukturen hinterfragt und damit manchen Kollegen, vor allem aber die Medien gelangweilt: Stimmt die Sicherheitsarchitektur in Deutschland? Sind wir da fit genug? – Jetzt kommt ein dritter Aspekt hinzu: Ich finde es unglaublich interessant, in diesem Untersuchungsausschuss auch evaluieren zu können, wie die Maßnahmen zur Umsetzung unserer Empfehlungen wirken. Das ist zwar nicht der Untersuchungsauftrag, aber wir werden nicht umhinkommen, das immer wieder zu beleuchten. Für mich ist das insgesamt ein ganz wichtiger Ausschuss, und ich musste nicht lange überlegen, mitzumachen.

An die Kollegin Mihalic adressiert, möchte ich sagen: Die Dramaturgie zwischen Opposition und Regierung war leider schon am Anfang weg. Was wir zu meinem Leidwesen nicht geschafft haben, war, dem Antrag von Herrn Ströbele und Herrn Wieland nachzukommen – der Kollege Ströbele ist zum Glück noch da, Herr Wieland nicht mehr –, die Sitzungen deutlich vor Mitternacht zu beenden.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Wenn Sie den Ströbele-Antrag wieder formulieren, bin ich diesmal auf Ihrer Seite. Auch das werden wir hinbekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

An die neuen Mitglieder: Bitte nicht erschrecken! Aber so war es.

Warum brauchen wir eigentlich eine zweite Auflage? Weil es nicht nur ein Trio war, sondern mehr Täter, weil wir den Kopf des Trios gar nicht kennen – die perfide Genialität dieser Verbrechensserien passt nicht zu den Psychogrammen der drei Täter, die wir kennen; immerhin haben sie den Föderalismus an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit und darüber hinaus gebracht –, weil der Selbstmord in Eisenach kein verabredeter Mord war, weil die Wohnung in der Frühlingsstraße gar nicht so in die Luft geflogen ist, wie wir es bisher glaubten, weil das Unterstützernetzwerk größer war, weil die V-Leute-Szene das doch wusste und weil Kiesewetter von mehr als zwei Tätern umgebracht wurde. – Sie wundern sich jetzt. Ich kann das auch nicht beweisen, aber wir alle auch nicht das Gegenteil.

(Dr. Eva Högl [SPD]: Genau!)

Solange diese Fragezeichen bestehen, dürfen wir nicht der gleichen Gefahr unterliegen wie damals die Sicherheitsbehörden, die lange an einer Hypothese festgehalten haben; Sie erinnern sich: die Organisationstheorie. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht denselben Fehler machen. Deswegen: Solange diese Fragen gestellt werden können, ohne dass irgendeiner der Fachleute mir jetzt widerspricht, ist dieser Ausschuss erforderlich.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir sind nicht die besseren Ermittler; das will ich ausdrücklich sagen, vor allem, weil viele Polizisten dabei sein werden. Aber ich glaube, dass die Bundesrepublik Deutschland in allen Ländern und im Bund die Lessons Learnt dieser Terrorserie für ihre Sicherheitsarchitektur noch lange nicht abgeschlossen hat. Da steckt noch eine Menge drin.

Worum geht es mir nicht, Frau Mihalic? Es geht mir nicht darum, das x-te Behördenversagen ohne einen weiteren Erkenntniswert zu zelebrieren.

(Beifall der Abg. Dr. Eva Högl [SPD] und Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es geht mir nicht darum, speziell eine Behörde unter Dauerbeschuss zu nehmen. Es geht mir um Balance. Jetzt zitiere ich mich selber aus dem September 2013

(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Immer gut!)

– immer gut –: Es war nicht ein Versagen der Sicherheitsbehörden, es war ein kompletter Systemausfall.

(Beifall im ganzen Hause)

Wer mich dazu zwingt, den werde ich auch nötigen, dass wir dann über das Versagen der deutschen Parlamente genauso hart urteilen. Wir sprechen über Wasserhähne des BND, aber haben nie über diese Mordserie gesprochen. Wer mich dazu zwingt, den nötige ich auch, über alle Regierungschefs zu sprechen – es waren alle beteiligt –, die es nicht geschafft haben, das zur Chefsache zu machen. – Lassen Sie es uns so machen wie beim letzten Mal. Balance bedeutet: Es war ein kompletter Systemausfall. Schießen Sie also bitte nicht einen einzigen Bereich sturmreif, weil es vielleicht medial gut ankommt. Das ist mein Wunsch.

Der Bund hat mit dem ersten Untersuchungsausschuss sehr schnell reagiert. Er war Trendsetter für viele Länder. Manche mussten nahezu genötigt werden; denken wir zum Beispiel an Baden-Württemberg. Es gab viele Informationen aus den Landtagsausschüssen und viele Informationen aus den Medien. Ich finde die Terminfindung – Bernhard Kaster, du warst dabei –, dass wir den Untersuchungsausschuss heute einsetzen, fast genial. Dieser Untersuchungsausschuss wird wieder einen Trend setzen, weil wir die Chance haben, all diese Informationen jetzt im Netzwerk zu verbinden und vielleicht zu einem Abschluss zu kommen. Dann wäre der Bund stark gestartet und wird auch stark enden. Das ist ein starkes Zeichen in der richtigen Zeit.

Danke schön.

(Beifall im ganzen Hause)

Vielen Dank. – Als Nächstes hat der Kollege Uli Grötsch, SPD-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6137272
Wahlperiode 18
Sitzung 135
Tagesordnungspunkt Einsetzung des 3. Untersuchungsausschusses
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